著者
伊藤 白
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.158, pp.60-76, 2018 (Released:2020-03-15)

Lange diskutierten Kritiker von Bernhard Schlinks Weltbestseller Der Vorleser (1995), inwieweit der Autor in diesem Roman eine revisionistische Vision verfolge: Als Höhepunkt des Romans stellt die Protagonistin Hanna Schmitz, in die sich der Protagonist Michael Berg als Schüler verliebte und die er später im Gerichtssaal als Analphabetin und frühere SS-Aufseherin eines Konzentrationslagers bei Krakau wiedersieht, an den Richter die Frage: „Was hätten Sie denn gemacht?“ Manche Kritiker deuteten den Roman als revisionistisch, da er betone, dass Hanna keine andere Wahl hatte, als in die SS einzutreten, und dass sie nicht Täterin, sondern eher Opfer sei. Auch glaubte man, die Behauptung des Autors aufgedeckt zu haben, dass die Hauptfigur Michael Berg auch Opfer sei, der durch seine Liebe zu Hanna in die Vergangenheitsschuld verstrickt wurde. Dagegen wurde vor der einfachen Identifizierung der Meinung des Autors mit der des Protagonisten gewarnt. Jedenfalls sind viele Fragen im Roman offen geblieben. Zur weiteren Verdeutlichung der Einstellung des Autors, der auch Jurist und Professor für Öffentliches Recht ist, geht es darum, nicht nur seine belletristischen Werke, sondern auch seine juristischen Aufsätze und Essays zu lesen. In seinem Buch Vergangenheitsschuld und gegenwärtiges Recht (2002) kritisiert Schlink wiederholt die Radbruchsche Formel, nach der das Recht im Dritten Reich, das die Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt und die Gleichheit, den Kern der Gerechtigkeit, verleugnet habe, überhaupt der Rechtsnatur entbehre, weil sie den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland ermöglicht habe, die Taten im Dritten Reich rückwirkend zu verurteilen. Auch erhebt er einen Einwand gegen die nach einer heftigen Diskussion 1979 beschlossene Aufhebung der Verjährungsfrist bei Mord in der Bundesrepublik Deutschland. „Nulla poena, nullum crimen sine lege“ sei das rechtsstaatliche Proprium des Strafrechts, wenn auch bei NS-Verbrechen 6,000,000 Menschen umgebracht worden sind. Damit wird seine juristische Überzeugung deutlich, dass keine Taten im Dritten Reich nachträglich verurteilt werden sollten, ganz zu schweigen von den Taten Hannas, die nur Befehlen gefolgt habe. In diesem Buch geht er sogar so weit, zu behaupten, dass die Opfer, die Juden, für die NS-Verbrechen selbst verantwortlich wären, da sie, nach Schlink, Widerstand und Widerspruch nicht geleistet hätten. Das ist aber falsch, da es in der NS-Zeit tatsächlich viele Fälle jüdischen Widerstandes gab, und Schlinks Äußerung übersieht, dass sich die Juden damals in einer völlig hilflosen Situation befanden. Zwar sind Beispiele der jüdischen Beihilfe zu Verbrechen bekannt, aber Schlink verallgemeinert dies. Dagegen sind für Schlink die Deutschen seiner Generation Opfer, da sie wegen der Beziehung zur Elterngeneration unter Identitätsproblem gelitten hätten. Wer sind dafür die Schuldigen? Für Schlink sind es Kritiker der NS-Verbrechen einschließlich Juden, die, wie in der Erzählung „Die Beschneidung“ (2000), die Vergangenheitsschuld der Deutschen erwähnen und die Deutschen attackieren. Thematisierung der Vergangenheitsschuld ist für Schlink schon eine Belästigung. (View PDF for the rest of the abstract.)

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