著者
武田 智孝
出版者
広島独文学会
雑誌
広島ドイツ文学
巻号頁・発行日
no.31, pp.15-30, 2019-02-20

Schnitzlers Roman Der Weg ins Freie behandelt eine ungewollte Schwangerschaft – ungewollt wenigstens aus der Sicht der männlichen Hauptfigur Georg. Auf die Frage seines Bruders, ob er seine Beziehungen nicht zu legitimieren denkt, erwidert er: „Vorläufig nein". Er fügt aber zugleich hinzu, dass er nicht so unaufrichtig sei, Anna im Stich zu lassen. Er erläutert Annas Mutter die Umstände und den Plan für die folgenden Monate :Um nicht Aufmerksamkeit zu erregen, reise Anna mit ihm nach Italien ab, wo kein Mensch sie kenne. Dann solle in der Umgebung von Wien ein Landhaus zur Niederkunft gemietet werden, und das Kind wohl in der Nähe der Stadt in Pflege gegeben werden… „Nicht so sehr das, was sie(Annas Mutter) erfahren hatte, drückte auf sie, als vielmehr die Vorstellung, dass sie es so wehrlos über sich ergehen lassen musste, eine arme Mutter, in kleinbürgerlichen Verhältnissen, die dem vornehmen Verführer machtlos gegenübersaß."Hier merkt man deutlich den Standesunterschied. Georg ist von Adel und Anna ist „a lower-middle-class girl". Sie ist aber nicht „ein süßes Mädel". Dem Dr. Stauber aus der Vätergeneration habe es „einen leisen Ruck gegeben", als sie, ein anständiges Mädchen „aus guter Familie", ihm „die Sache erzählt hat". Anna aber hat sich dem geliebten Georg hingegeben „mit dem festen Entschluss, alle Seligkeit und alles Leid hinzunehmen, das ihr bevorstehen mochte." Gemessen an den Verhältnissen zu Anfang des 20. Jahrhunderts war sie eine neue Frau. Aber als sie ledig schwanger wird, fühlt sie sich unruhig, dass sie keine Ahnung hat, wo das Haus steht, in dem das Kind zur Welt kommen wird: eine Identitätsunsicherheit.Georg schwankt, ob er sie heiraten soll? Als Anna die Freude auf das Kind nicht verbergen kann und sagt, dass sie es nicht zu fremden Leuten geben möchte, fährt es ihm durch den Sinn: „--- wär es nicht sogar das bequemste, wenn ich sie heiratete? ... Aber irgend etwas hielt ihn zurück, es auszusprechen."Was ist das „irgend etwas"? Ihm gefällt es nicht besonders, dass er sich mit ihren Eltern und ihrem Bruder verschwägern würde, obwohl es doch „gütige, sanfte, kluge" Anna ist, die seine Frau sein würde. Außerdem gibt es auch einen egozentrischen Grund des müßigen schönen Barons. Es ist ihm nämlich unerträglich, in so jungen Jahren solche ernsten Verpflichtungen einzugehen wie Vater zu werden und sich so früh schon für alle Zeit fest an ein weibliches Wesen zu binden.Andererseits fühlt er dunkel, dass es nötig ist, auf eine arbeitsscheue Adelslebensart zu verzichten. Als Komponist wird er an dem Dilettantentum kritisiert. Außer seinem Bruder, der ihn aber auch „verflucht faul" beschimpft, bekümmert sich um ihn nur Anna, die zu Gott darum betet, dass aus ihm „was sehr Bedeutendes, ein wirklicher, ein großer Künstler" wird, indem er noch fleißiger, noch konzentrierter arbeitet. In der Vermählung mit ihr sieht er eine Möglichkeit zum neuen Leben. Seine halbbewusste Hoffnung ist gescheitert jedoch , als das Kind tot geboren wird. Der verworrene Nabelstrang, der den Jungen erwürgt hat, ist auch ein Symbol für Georgs ewige Wirrungen und Unentschlossenheiten, die seine eigene neue Geburt vereitelt haben.
著者
武田 智孝
出版者
広島独文学会
雑誌
広島ドイツ文学
巻号頁・発行日
no.26, pp.17-34, 2012-07-31

1859 besiegte Norditalien den Vielvölkerstaat Österreich im Unabhängigkeitskrieg. In der Schlacht bei Solferino, die den Ausgang des Krieges entschied und zum ersten Mal den Untergang des Reichs ahnen ließ, rettete Leutnant Trotta dem Kaiser das Leben. Es war die Ironie des Schicksals, dass Trotta am historischen Wendepunkt von der angeschlagenen Monarchie in den Adelsstand erhoben wurde, was für seine Familie bedeutete, dass sie von slowenischen Grenzbauern zu Österreichern wurden. Sie mussten das düstere Schicksal des Habsburgerstaates teilen, indem sie als loyale Untertanen gegen die erwachenden nationalistischen und demokratischen Kräfte kämpften.Eine bittere Ironie des Autors kann man auch darin sehen, dass er für den Titel der Verfallsgeschichte des Habsburgerreichs und der Trottas seit Solferino ein Werk der Militärmusik zitiert, den >Radetzkymarsch<, mit dem ursprünglich der Sieg des österreichischen Feldmarschalls Radetzky gefeiert wurde, der 1848, elf Jahre vor Solferino, im ersten norditalienischen Freiheitskrieg die nationalistischen Aufständischen niedergeschlagen hatte. Der Marsch ihm zu Ehren wurde noch im selben Jahr von Johann Strauß Ι. komponiert.Die Familiengeschichte der Trottas spiegelt exakt die Probleme des sterbenden Kaiserreichs. Zu beachten ist, dass der Autor Roth, ein Demokrat, die soziale Ungerechtigkeit und Ungleichheit scharf kritisiert, während er als jüdischer Kosmopolit—er gehörte nicht zu den Zionisten—gegen die nationalistischen Bewegungen war, die die übernationale Monarchie, die ihm ein Asyl gewährte, zerstörten. Er war für die Demokratie, aber gegen die Gleichberechtigung der Nationen.In seinem Roman werden einerseits Fragwürdigkeiten der Ständegesellschaft einer Unter- suchung unterzogen. Warum ist z.B. der Bezirkshauptmann dem Gendarmeriewachtmeister Slama gegenüber so kalt, dessen Frau von Karl Joseph schwanger wurde und an der schweren Geburt starb? Aus welch einem geringfügigen Anlaß duellieren sich die beiden Offiziere, um dann ihrer strengen Standesehre zum Opfer zu fallen. Mit welch grotesker Besessenheit kämpft der Vater, der Bezirkshauptmann, um die Ehre seines Sohnes, des Leutnants, und der Familie Trotta zu retten, die durch die nicht zurückzahlbaren Schulden gefährdet ist. Alle diese Episoden weisen auf Fluch und Bann hin, die auf dem satisfaktionsfähigen Adelsstand lasten.In der Verfallsgeschichte der Militärmusik >Radetzkymarsch<, die zugleich die der Trottas und des Habsburgreichs ist, spiegelt sich jedoch die Wehmut des jedem Nationalismus abholden Weltbürgers Roth. Der spielte zuerst unter dem Balkon des Bezirkshauptmanns und ließ Karl Joseph für den kosmopolitischen Vielvölkerstaat glühen, dann aber wurde im Bordell auf dem Klavier geklimpert, um die Offiziere zu den weißen Hennen marschieren zu lassen, und in der nächsten Szene sind deren erste Trommeltakte, die in die hintere Küche der Kneipe vom vorderen Musikapparat her erklangen, durch heisere Nebengeräusche entstellt, und zulezt muss der Enkel des „Helden von Solferino" mit dem im Ohr ertönenden Radetzkymarsch-Phantom den einfachen Tod finden.