- 著者
-
寺田 龍男
- 出版者
- ノルデン刊行会
- 雑誌
- ノルデン (ISSN:03883140)
- 巻号頁・発行日
- vol.29, pp.1-23, 1992-11-15
Dietrich von Bern war im ganzen Mittelalter einer der beliebtesten Helden der deutschen Literatur. Es gibt aber einen merkwürdigen Zug in den spätmittelalterlichen Textrealisierungen der aventiurehaften Dietrichepik: Dietrich speit Feuer und versetzt so seinem Feind einen entscheidenden Schlag. („Eckenlied“, „jüngerer Sigenot“, „Laurin“, „Rosengarten“, „Wunderer“ usw.) Der auffallende Feueratem wird forschungsgeschichtlich mit dem Fegefeuer verbunden, dem Theoderich, arianischer Ketzerkönig und Dietrichs historisches Vorbild, bis zum jüngsten Tag ausgesetzt werden soll. Der Kirchenlehre nach findet Theoderich nämlich ein dämonisches Ende und stürzt in den Vulkan. Aber diese Dämonisierung rief dann eine Gegenreaktion hervor. Wir wissen schon, daß man im interpolierten „Wartburgkrieg“-Teil der Kolmarer Liederhandschrift dieses Ende ins Gegenteil verkehrte: Dietrich soll danach nicht in alle Ewigkeit bestraft werden, sondern er gewinnt ein tausendjähriges Leben. Derartige Umstände lassen sich auch bei der Entdämonisierung seines Feueratems vermuten, der ebenso auf Dietrichs dämonisierte Geburt hinweist. Geklärt ist aber noch nicht, wie sich dieses Motiv gerade im Spätmittelalter so weit verbreitete.
Dazu läßt sich einiges sagen. Die Abenteuer von Dietrich wurden damals noch im Alltagsleben weiter besungen. Auch die Kirchenlehre konnte das nicht ändern. Vielmehr sprechen bittere Erwähnungen zu Dietrich in den,autoritären’ Schriften sogar für seine allgemeine Popularität. Das Spätmittelalter war außerdem ein Zeitalter, in dem eine neue Schriftkultur in Gang kam. Papier und Druckwesen förderten die Entwicklung des Handelsverkehrs, Großstädte entstanden und wurden dann zum Buchmarkt. Parallel dazu begann das Analphabetentum langsam abzunehmen. Mit den Stoffen um Dietrich konnte man also Erfolg auf dem Markt erwarten und fand ihn auch: Das neue Publikum hatte großes Interesse an Dietrichs Abenteuern als ,Vorzeitkunde' und erwartete immer wieder eine neue Geschichte. Dazu kam noch ein gewisser Sammeleifer unter den Lesern und Zuhörern. Dies alles veranlaßte die Verfasser und/ oder Bearbeiter dazu, recht unterschiedliche Stoffe zu integrieren und so neue Handlungen zu gestalten. Im Zug dieser Entwicklung wurde das von der Kirche propagierte dämonische Bild Dietrichs mit seinem positiven Gegenbild zusammen verarbeitet und dann zur Figur mit Feueratem als starker Waffe verschmolzen.
Für die schriftliche Überlieferung und Verbreitung der Stoffe um Dietrich spielte es vielleicht auch eine indirekte Rolle, daß dabei die Formeln der mündlich tradierten Dichtung als Stilmittel Verwendung fanden. Die Drucker frühneuhochdeutscher Zeit etwa mußten die Texte höfischer Romane mit dem für sie schwierigen Stil entziffern und konnten vieles oft doch nicht verstehen und balhornisierten so den Text. Die Drucke höfischer Romane („Parzival“, „Jüngerer Titurel“ usw.) hatten keinen Erfolg, während die Dietrichepen von hoher Formeldichte überall weitergedruckt wurden.