著者
大川 勇
出版者
日本オーストリア文学会
雑誌
オーストリア文学 (ISSN:09123539)
巻号頁・発行日
no.20, pp.1-8, 2004-03-31

Der Nachsommer (1857) ist ein langweiliger Roman, wie Friedrich Hebbel bereits vor etwa 150 Jahren behauptet hat. Er ist es deshalb, weil der Roman eine sehr einfache Handlung ohne jegliches Bose hat. Heinrich Drendorf, der formale Held des Nachsommers, ist ein junger Herr, der in einer wohlhabenden kaufmannischen Familie in Wien gut erzogen und spater im "Rosenhaus" vom Freiherrn von Risach zur kunftigen Braut Natalie geleitet wird. Bis zum Ende begegnet er keinen bosen Menschen, sondern nur gutigen gebildeten Leuten. Es stellt sich die Frage, warum denn dieser langweilige Roman ohne Boses bis zur Gegenwart gelesen wurde und auch heute noch gelesen wird? In Der Nachsommer tritt noch etwas nicht auf: Dummheit. In Chr. M. Wielands Roman Geschichte der Abderiten, der auch fast nichts enthalt, was man das Bose nennen darf, treten viele dumme Menschen auf, die man als Urbild der "Massen" in Jose Ortega y Gassets Der Aufstand der Massen betrachten kann. Diese "dumme" Bourgeoisie wie den Erbadel bezeichne ich als "die auslachenden Massen". Wahrend Geschichte der Abderiten zum Roman der "auslachenden Massen" wird, ist Der Nachsommer der Roman der "hochachtenden Burger". In der Tat bringen fast alle Personen in Der Nachsommer den anderen groBe Achtung entgegen. Heinrich wird von Natalie hochgeachtet, weil er die in diesem Roman am meisten entwickelte Fahigkeit zum Hochachten hat. Denn in eben dieser Fahigkeit liegt "die Anlage zu dem Hoheren und GroBeren", die der Kern des Bildungsideals vom "Rosenhaus" ist. Diese Fahigkeit des Hochachtens wurde Heinrich von seinen Elternhaus mitgegeben und im "Rosenhaus" dann weiter entwickelt. Es ist der "Geist der Ordnung und Reinheit", der die beiden Hauser gleichsam beherrscht. Durch die Heirat Heinrichs mit Natalie entsteht die Bildungsutopie als ideale gebildete Gemeinschaft, die aus dem Haus Drendorf und dem "Rosenhaus" besteht. Diese Utopie war aber mitnichten ein Spiegelbild der Wirklichkeit in Osterreich der Mitte des 19. Jahrhunderts! Nach der Marzrevolution wurde der Schulinspektor Stifter wegen seiner liberalen Haltung bitter verfolgt. In seiner Bildungsutopie hat Stifter eine Moglichkeit gesucht, die von Ubel und Dummheit erfullte Wirklichkeit zu rranszendieren. Dass er die Handlung des Romans in die zwanziger Jahre zuruckverlegt, bedeutet nicht, dass er in der vorindustriellen Gesellschaft eine nostalgische Utopie, die sich auf das Wertesystem des damaligen Biirgertums stutzt, sehen wollte. Der Beweis dafur sind die Worte des Vaters. Als alle Leute ihm vorwerfen, dass sein Sohn Heinrich zum "Wissenschaftler im Allgemeinen" werde, erwidert er, dass es bedeutender sei, ein "edler" Mensch, als ein nutzlicher Mensch zu sein. Damit behauptet er entschieden das Ubergewicht des Bildungswerts liber die Nutzlichkeit als Normalwert. Darin kann man ein utopisches Moment finden, die Wirklichkeit der zwanziger Jahre transzendieren zu wollen. In einer Zeit des Zerfalls der Bildung wird Der Nachsommer, in dem Stifter gegen den Zeitgeist der Nutzlichkeit eine das "Hohere" anstrebende Utopie konzipiert hat, von den Nachkommen der "hochachtenden Burger" weiter gelesen werden.

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