著者
荒又 雄介
出版者
日本オーストリア文学会
雑誌
オーストリア文学 (ISSN:09123539)
巻号頁・発行日
no.20, pp.9-17, 2004-03-31

In seinem als Fragment hinterlassenen Roman Andreas entwirft Hofmannsthal eine Folge von Abenteuern eines jungen osterreichischen Adligen auf dessen Bildungsreise nach Venedig. Was im Vordergrund der fertig geschriebenen Textteile steht, sind jedoch keine aufregenden Reiseerlebnisse der Hauptfigur Andreas, sondern seine eher dusteren Erinnerungen an die Kindheit. Der Leser, der eine wilhelmmeisterliche "Bildung" eines naiven jungen Mannes erwartet haben mag, folgt unversehens einem nervosen Einzelkind auf dessen introspektivem Weg in die Vergangenheit. Es sieht sogar so aus, als ware der von seiner Vergangenheit gebannte Held nicht mehr dazu in der Lage, sich unterwegs weiterzuentwickeln, was ja damals zu den Hauptzielen von Auslandreisen junger Adeliger gehorte. Im Roman fragment sind Andreas' Erinnerungsbilder ineinander geschachtelt. Da gibt es zunachst sein gutes Gedachtnis. Dann kehren zwanghaft verdrangte Szenen wieder. Zu denen gehort das gesamte Karnten-Kapitel, wo Andreas wieder an die versiegelte Geschichte seiner Familie gemahnt wird. Hinzu kommen Tra'ume und Halluzinationen. So werden mil den Erinnerungsbildern immer tiefere Schichten seines Innern ausgegraben, bis er, auf dem Grab des Hofhundes seines Gastgebers liegend, dunkel eine "andere Wirklichkeit" ahnt. Was ahnt er da und was bedeutet seine merkwurdige Reaktion? Andreas fuhlt sich so fremd, daB es ihm vorkommt, als ob er von oben auf seinen Leib herabsahe und nicht mehr zuruck konnte. Um unsere Frage beantworten zu konnen, mussen wir auf die beiden Traume achten, zwischen denen die Grabszene liegt. Im ersten Traum folgt Andreas Romana, der Tochter seines Gastgebers, in jene Gasse in Wien, wo sein Elternhaus steht. Die Szenerie deutet Andreas' vergeblichen Versuch an, zwischen Romana, seiner ersten Liebe, und seinen Eltern eine Beziehung herzustellen. Aufgrund der Bekanntschaft mit Romana und ihrer Familie kamen bei Andreas Bedenken gegen den wienerischen "bagatelladligen" Lebensstil auf, die sich zu einer dump fen Kritik an der Doppelmoral der Eltern verscharften. Andererseits hat er aber keine Lust, auf die angenehme Stellung als einziger Sohn zu verzichten. Bemerkenswert ist hier nicht nur, daB ein herangewachsener Sohn in der Stellung des Kindes verharrt, sondern auch, daB ihn die Vorstellung sterbender Hunde verfolgt. Im ersten Traum liegt zwischen ihm und Romana als Hindernis ein Unhold mit einem Hundegesicht, der sich mit gebrochenem Kreuz wie eine Schlange windet. Am nachsten Tag erinnert sich Andreas an einen kleinen Hund, dem er als Kind auf das Kreuz getreten ist. Der Geste des Sich-Windens, die sich dabei wiederholt, begegnet man auch bei der Hauptfigur, als sie sich im Traum in alten Kleidern der Eltern "winden" muB. Wie Waltraut Wietholter gezeigt hat, erinnert das gebrochene Kreuz, hier mit dem Namen Andreas verbunden, an das Andreas-Kreuz. Dem am Kreuz gefolterten heiligen Andreas wurden alle Gelenke gebrochen. Tiere haben durch die Gewalttat der Hauptfigur todliche Verletzungen erhalten. Aber wer ist fur die Verletzung der Hauptfigur verantwortlich? Eine mogliche Antwort enthalt eines der Erinnerungsbilder. Der GroBvater der Hauptfigur, auf den die ganze Familie stolz ist, hieB auch Andreas. Aber man sagt, der Enkelsohn habe von ihm nicht viel geerbt, eher von einem Onkel, der als Schandfleck der Familie gait. "Onkel Leopold schlage ihm ins Genick." Dieses bose Wort verrat den Ursprung der Kette von Verletzungen, die Andreas auf dem Hundegrab nur ahnt. Er reagierte sein MiBvergniigen gewalttatig an kleinen Tieren ab. Aber diese sind, als todlich verletzt im Bild prasent, nichts als Spiegelbilder seiner selbst. Der Belastung durch diese Vorahnung halt Andreas nicht stand. Mit der Verdoppelung des Subjekts verdeckt er alle verwickelten Faden seiner Kindheit, ohne sie gelost zu haben, und gerade damit bleibt er ans Kinderzimmer gebannt. Der Beistand seines Mentors Sacramozzo hilft ihm da auch nicht weiter. Ganz anders sieht der zweite Traum aus. Alle Momente, die mit der Kindheit zu tun haben, sind hier von der Szene gewischt. Dabei spielt m.E. der ihm selbst unbewuBte Akt des Verdeckens seiner Erinnerung auf dem Hundegrab eine entscheidende Rolle. Was darunter begraben liegt, namlich das, was Andreas standig behindert, bevor er Romana und damit eines der Ziele seiner "Reise" erreicht hat, ist eben diese unerloste Kindheit.

言及状況

Twitter (1 users, 1 posts, 0 favorites)

こんな論文どうですか? 犬の墓に何が埋められているのか : ホーフマンスタールの小説断片『アンドレーアス』に描かれる記憶像と成長物語の行方(荒又 雄介),2004 https://t.co/tQS1uHRcKc

収集済み URL リスト