著者
孟 真理
出版者
神戸女学院大学
雑誌
論集 (ISSN:03891658)
巻号頁・発行日
vol.51, no.3, pp.9-25, 2005-03-20

Die 1995 veroffentlichten autobiographischen Erinnerungen von B. Wilkomirski haben als authentischer Bericht einer Kindheit im KZ und als Text mit hoher literarischer Qualitat Anerkennung gefunden. 3 Jahre spater ist jedoch dieses Buch als Fiktion entlarvt worden, so dass es zu einem medialen und literarischen Skandal gekommen ist: es hat sich namlich herausgestellt, dass der Autor seine eigenen traumatischen Kindheitserlebnisse, die eigentlich mit dem Holocaust nichts zu tun batten, mit Hilfe der Psychotheapie auf die bekannteste Leidensgeschichte der Zeitgeschichte projiziert hatte. Wie kam der Schweizer dazu, sich als jiidischer KZ-Uberlebender auszugeben? Warum hat das Publikum trotz aller Ungereimtheiten seine Erinnerungen geglaubt? Woran lag die emotionale und empfindliche Rezeption bzw. Reaktion der Medien und der Leserschaft bei der Veoffentlichung sowie nach der Entlarvung? Aus welchem Grund wurde das Buch nach der Entlarvung nicht nur moralisch verurteilt, sondern auch ihm die bisherige literarische Wertung aberkannt? In diesem Aufsatz wurde versucht, nden Fall Wilkomirski"-bei der Entstehung, Publikation und Rezeption des Textes sowie bei der spateren Enthiillung als Erfindung-zu interpretieren, und zwar in Hinblick auf Wechselbeziehungen zwischen individuellem Erinnern und kollektivem Gedachtnis an den Holocaust in der europaischen Gedenkkultur der 90er Jahre. Dabei kommt es darauf an, den Text Wilkomirskis im Vergleich zum allgemeinen Erwartungshorizont des Publikums an die Holocaust-Literatur zu analysieren, womit man hoffen kann, klarzumachen, welche Eigenschaften des Textes und welche Rezeptionsmechanismen des Publikums dazu beigetragen haben, dass das am Anfang als Meisterwerk der Erinnerungsliteratur geschatzte Buch letztlich zum Kitsch entwertet worden ist.