著者
柳井 尚子
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.63, pp.43-51, 1979-10-01 (Released:2008-03-28)

In einem kleinen Beitrag ("Klingsor im, Wartburgkrieg‘“) für die "Annual Reports“ (vol. 4, 1979) der International Christian University habe ich vor kurzem die Gestalt Klingsors mit der des Clinschor im "Parzival“ verglichen. Da der Text des "Wartburgkrieges“ bei uns in Japan bisher so gut wie unzugänglich ist, habe ich einige Strophen des zweiten Tells vorgestellt, in denen Klingsor als sprechende Person auftritt. Der vorliegende Aufsatz ist ein Versuch, diese Dichtung im Zusammenhang mit Klingsor und seinem Gegenbild Wolfram zu untersuchen.Klingsor wird eigenartigerweise 1. im "Parzival“ als heidnischer Zauberer, 2. im "Wartburgkrieg“ als Wolframs gelehrter Widersacher und 3. in der neueren Literatur als belehrender Dichter dargestellt. Der Name Klingsor, der uns besonders aus der neueren Literatur bekannt ist, stammt zwar aus dem "Parzival“, aber die Gestalt des Klingsor wird erst im "Wartburgkrieg“ ganz klar umrissen gezeichnet. Hier habe ich hauptsächlich diese letztere, in Japan bisher von der Forschung noch nicht beachtete Dichtung vorzustellen versucht.Der Titel "Wartburgkrieg“ ist in den Handschriften nicht enthalten, sondern was uns überliefert ist, sind die in zwei verschiedenen "Tönen“, im "Thüringer Fürsten-Ton“ und im "Schwarzen Ton“, geschriebenen Strophengruppen, aus denen der Meistersang entstanden ist. Es ist bisher noch nicht gelungen, aus der gesamten Überlieferung eine Dichtung "Wartburgkrieg“ zu rekonstruieren. Im Hinblick auf dieses Problem stimme ich allerdings der Meinung Wachingers zu: "Das historisch Bedeutsame am, Wartburgkrieg‘ scheint mir nicht irgendein nie mit Sicherheit rekonstruierbares, Original‘ zu sein, sondern die Tatsache, daß von diesem Thema mehr als zwei Jahrhunderte lang eine Faszination ausging, die Erweiterungen, Umformungen und Neudichtungen veranlaßte, in denen sich Kontinuität und Wandel des literarischen Selbstbewußtseins der, meister‘ spiegelt.“ Der "Wartburgkrieg“, wie wir ihn nennen, besteht aus zwei Teilen. Im zweiten Teil, dem "Rätselspiel“, führt Klingsor einen Dialog mit Wolfram. Klingsor stellt die Rätsel, während Wolfram die Aufgabe ihrer Lösung zufällt. Bei einem Überblick über alle Strophengruppen, denen die Situation eines Rätseldialogs zugrunde liegt, können wir erkennen, daß Klingsors Heimat Ungarn ist, daß er in der islamischen Welt gewesen ist, daß seine Gelehrsamkeit sich nicht allein auf die Kenntnis christlicher Wissenstradition beschränkt, sondern daß er auch in die Geheimnisse der Magie eingeweiht ist, daß er die Geister der Hölle beschwören kann und über die Kunst, in den Sternen zu lesen, verfügt. Klingsors Wissen besteht aus heidnisch-jüdischer Wissenspraxis und theologischer Gelehrsamkeit. Es bleibt aber eine ungelöste Frage, ob er eine historische Gestalt ist, ein Dichter, der im "Schwarzen Ton“ schuf, oder nur eine Gestalt der Dichtung.Klingsor ist als polemisch akzentuiertes Abbild eines "meisterpfaffen“ gekennzeichnet, der sich auf dem hohen Niveau der theoretischen Beherrschung theologischer Inhalte bewegt, wodurch er sich von den weniger theoretisch geschulten Geistlichen unterscheidet, während Wolfram als Idealtypus eines "leien“ dargestellt ist, der die wahre Einfalt reprasentiert. Wolfram verrät durch die Lösung der Rätsel, bei denen es sich urn christliche Allegorien handelt, die Einweihung in nicht christliche Wissenspraktiken.