- 著者
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田中 健二
- 出版者
- 大阪大学
- 雑誌
- 大阪大學文學部紀要 (ISSN:04721373)
- 巻号頁・発行日
- vol.13, pp.1-192, 1966-01-30
Ich glaube sagen zu konnen, ein Volk offenbare in seiner Dichtung die Ganzheit seines Wesens, folglich sei die Dichtung oft der kurzeste Weg zu der uns zunachst verschlossenen Wesensart eines fremden Volkes. Man verweist heute den Literaturforscher, der mit weltanschaulichen Fragen an die Dichtung herantritt, nicht mehr auf die Zustandigkeit des Philosophen, sondern man weiβ schon, daβ Dichter und Denker, wenn auch auf verschiedenen Wegen und mit andren Mitteln, demselben Ziele, d.h. dem der Lebensdeutung zustreben. Im allgemeinen spricht der Dichter als Gestalter friiher das im Bilde aus, was der Denker dann auf abgezogene Begriife bringt. Das gilt vor allem fur das deutsche Geistesleben, wo oft der Dichter zugleich auch ein Denker ist, und fur die deutsche Dichtung, die oft auch weltanschaulichen, metaphysischen Gehalt besitzt. Wenn wir die Wesensart der deutschen Dichtung erkennen wollen, so miissen wir zu verstehen suchen, welche Denkarten fur sie bestimmend sind, und dabei die deutsche Art, die Welt und das Leben anzusehen, aus sich selbst verstehen und an dem messen, was sie selbst sich zum Ziele setzt. Die meisten Eigentiimlichkeiten des deutschen Volkes riihren von der Lage seines Lebensraums her. Deutschland ist ein Land der Mitte zwischen Ost und West, auf keiner Seite durch naturliche Grenzen geschiitzt und seit Jahrhunderten fast auf alien Seiten von Feinden umgeben. Vergleicht man mit Deutschlands Lage die vollige Abgeschlossenheit des insularen Englands, die starken natiirlichen Grenzen Frankreichs und Italiens und die ungeheuren, schwach besiedelten Steppen Ruβlands, so kann man sagen, daβ kaum ein andres Volk Europas einen derart ungiinstigen Lebensraum besitzt wie das deutsche. Solche Lage Deutschlands war seinem Wachstum zum Einheitsstaat so hinderlich, daβ es stets unter innerem Zwist gelitten hat. Geschichtlich betrachtet kann man also das deutsche bezeichnende Merkmal als ^Zerrissenheit" ansehen, woraus eine dynamische Welt- oder Lebensauffassung und darum notwendig der Zug nach einer Einheitsschau entspringt. Das der deutschen Dichtung Eigentiimlichste liegt denn auch, wie das der deutschen Philosophic, in dem Streben, jene Zweiheit, in welche die Lebenswirklichkeit immer wieder auseinanderzufallen droht, immer wieder in eins zusammenzuzwingen. Um auch nur etwas von solcher deutschen Denkart zu erschlieβen und damit das deutsche Wesen zu kennzeichnen, nehme ich in der vorliegenden Abhandlung folgende Weltanschauungen als beispielhafte fur die deutsche Wesensart auf: die organologische, die idealistische und die existentialistische, die jede ein Kapitel bilden. Und jedes Kapitel ist in zwei Teile geteilt. Erstes Kapitel: 1. Verschiedene Phasen der organischen Weltanschauung in der deutschen Literatur. 2. Organologische Erkenntniskunde bei J.G. Herder. Zweites Kapitel: 1. Idealismus als deutscher Geist. 2. Menschenbilder des deutschen Idealismus bei Kant, Fichte und Schiller. Drittes Kapitel: 1. Kampf zwischen der tragischen Weltanschauung und der theoretischen bei Nietzsche. 2. Religiositat bei Holderlin und Problem des Nihilismus bei Nietzsche. Zum Schluβ fuge ich hinzu: was mich zu dieser Abhandlung veranlafit, ist mein Herz, das mit Liebe zum deutschen Volke und mit Hoffnung auf seine Zukunft erfullt ist.