著者
二藤 拓人
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.160, pp.45-61, 2020 (Released:2021-06-04)

Die von Friedrich Schlegel konzipierte Gattung „Fragment“ gehört zu einem modernen Kulturphänomen, dem im Prozess der medienhistorischen Leserevolution seit Mitte des 18. Jahrhunderts (Polenz 1994) die literaturprogrammatische Funktion der Mitteilung zugewiesen wurde. Sie wandte sich ausschließlich an das in eine „geniale“ Intelligenz eingeweihte Lesepublikum. Aus dieser medialen Intention der neuartigen Gattung ergab sich die Trennung zwischen einem kleinen intimen Kreis genialer Künstler und dem allgemeinen Publikum. Dies obwohl das frühromantische Konzept der „neuen Mythologie“ auf die Vereinheitlichung von Esoterik und Exoterik abzielte, die in einem breiteren Kreis die Zugänglichkeit der „Poesie“ ermöglichen sollte. Diese Ambivalenz kennzeichnet nicht nur die Romantik, sondern sie gehört vielmehr zur allgemeinen Tendenz des Zeitalters im Zerfall der Einheit der in Habermas’ Strukturwandel der Öffentlichkeit (1962) herausgearbeiteten bürgerlich-literarischen Öffentlichkeit, deren kritische Betrachtung aus sozialgeschichtlicher Perspektive auch im von Christa und Peter Bürger sowie Jochen Schulte-Sasse herausgegebenen Sammelband Aufklärung und literarischen Öffentlichkeit (1980) zusammengestellt ist. Im Blick auf diese nicht nur in sozial-, sondern auch in mediengeschichtlicher Hinsicht zu betrachtende Problematik soll beim vorliegenden Beitrag die Situation der Schreib- und Lesepraxis der zeitgenössischen Publikationskultur anhand von frühesten Texten (1792–1797) Friedrich Schlegels genauer unter die Lupe genommen werden. Erst auf diesem Weg können die bisher kaum beachteten Entstehungsprozesse und -bedingungen des „Fragments“ in Bezug auf den Wandel der literarischen Öffentlichkeit erläutert werden. Der komplexe Gebrauch des Wortes „Fragment“ lässt sich in drei verschiedenen Erscheinungsformen feststellen: als in Briefen mitgeschickten Aufzeichnungen, die im Kreis der Frühromantik zirkulierten, als Formulierungen in Überschriften bzw. Titeln und als antike Quellenmaterialien der von Schlegel durchgeführten Forschung. Im Briefwechsel zwischen Friedrich Schlegel und seinem älteren Bruder August Wilhelm werden „Fragmente aus Hamlet und Romeo“ (KA 23, 138) oder „Fragmente aus Sh[akespeare]“ (ebd., 266) erwähnt, die sich beide offensichtlich auf August Wilhelms Übersetzungsarbeit beziehen. Da diese fragmentarischen Manuskripte durchaus nicht in die Brieftexte eingebettet, sondern ihnen beigefügt wurden, ist jeder Briefleser bzw. -empfänger berechtigt, dieses Fragment ohne Rücksicht auf die Intention des Autors bzw. Absenders frei und sachlich zu kritisieren. Diese Abtrennung des dem Brief beigefügten Fragments vom Brieftext selbst läuft der im 18. Jahrhundert zu beobachtenden Tendenz des bürgerlichen Lesepublikums zuwider, auf die Habermas (1962) bereits hinweist. Er konstatiert dabei, dass sowohl der intime Briefwechsel als auch die Lektüre einer daraus entwickelten Romanliteratur auf der bürgerlichen Basis der „literaturfähigen und publizitätsbezogenen Subjektivität“ zustande komme. Diese Feststellung unterstreicht im Grunde selbst der Habermas kritisierende Kittler (1980), mit dessen Begriff „Phantasma der Autorschaft“ die Einbildung des Lesers bezeichnet wird, der ein Buch allein und still liest, als wäre es ein an ihn persönlich adressierter Brief. Ein Paradebeispiel dafür ist Goethes Werther-Roman, in dessen Protagonisten sich nicht wenige Leser damals einfühlten. (View PDF for the rest of the abstract.)