- 著者
-
坂 昌樹
- 出版者
- 桃山学院大学
- 雑誌
- 国際文化論集 (ISSN:09170219)
- 巻号頁・発行日
- vol.21, pp.189-267, 2000-03-31
Die deutschen Geschichtsschreiber des 18. Jhs. bezeichneten ihre Geschichtsschreibung als "pragmatisch". Spater, in der ersten Halfte des 19. Jh.s bezeichnete sie beispielsweise W. T. Krug (1770-1842), der Nachfolger Kants in Konigsberg auch im Substantiv, namlich als den deutschen "Pragmatismus." Ein Zeitgenosse Krugs wie Hegel sah aber vom Standpunkt des Historismus die "pragmatische" Geschichtsschreibung als negativ an, weil sie die Vergangenheit nicht "an sich", sondern nur "fur sich" darstelle, d. h. den gegenwartigen Interessen des Geschichtsschreibers dienstbar macht. Daruber hinaus betrachtete auch Kant die "pragmatische" Art der Gelehrsamkeit kritisch, soweit sie die "Nutzlichkeit" der Kenntnisse wichtiger als die Wahrheit nehme. Die vom deutschen Idealismus an dem Pragmatismus geubte Kritik laβt uns deshalb vermuten, daβ die "pragmatische" Art der Gelehrtheit im 18. Jh. verbreitet und anerkannt war, sich aber an der Wende zum 19. Jh. nicht mehr rechtfertigen konnte. Dies zu bestatigen ist die Aufgabe meiner Arbeit, und dabei mochte ich das "pragmatische" Denken nicht nur in der Geschichtsschreibung, sondern auch in der damaligen Politik behandeln. Kurz gesagt, in diesem aus sechs Kapiteln bestehenden Aufsatz wird der "pragmatische" Charakter der deutschen Aufklarung in drei verschiedenen Auspragungen beleuchtet: politische Reform, Geschichtsschreibung und Staatswissenschaft. In Kapitel II beginne ich meine Untersuchung mit Kant, weil Kant selber seine "Anthropologie in pragmatischer Hinsicht" geschrieben hat, und z. B. noch C. S. Peirce (1839-1914) seinen Begriff "Pragmatism" von Kant entlehnt hat. Hier mochte ich zuerst die konkreten Verwendungen, die das Wort "pragmatisch" in den Schriften Kants gefunden hat, untersuchen, um dann als das "Pragmatische" die am "Gemeinnutz" orientierte "Anlage" der menschlichen Tugend und die alltagliche "nutzliche" Erkenntnis naher zu betrachten. Indem Kant das "Pragmatische" in Bezug auf die "angewandte Philosophie der Sitten" wurdigte, waren sie unentbehrlich fur sein Verstandnis der Menschen. Der "angewandten" stellte er aber die "metaphysiche Philosophic der Sitten" als die endgultige gegenuber und trat so den Vertretern der popularen Moralphilosophie, wie sie beispielsweise J. G. H. Feder (1740-1821) in Gottingen lehrte, gegenuber. Aus der deutschen Geschichte fuhrte Kant noch weitere Beispiele des "Pragmatischen" an, namlich "Sanktionen" und "Geschichte" im Sinne einer bestimmten Form von Geschichtsschreibung. In beiden Fallen kann die Welt "ihren Vorteil besser, oder wenigstens eben so gut als die Vorwelt besorgen" (Anm. III-1). Aufgrund dieser Beispiele behandle ich die "Sanktionen" in Kapitel III und die "Geschichtsschreibung" in Kapitel IV. In Kapitel III lenke ich die Aufmerksamkeit zunachst auf die "Pragmatische Sanktion" von 1713, durch die Kaiser Karl VI. die habsburgischen Lander fur unteilbar und untrennbar erklart hat. Wie J. J. Moser (1701-85), ein damals bekannter Reichspublizist meinte, gehore diese Art von Gesetzgebung in den Aufgabenbereich der furstlichen Hoheit. Auf diesem Wege konnten die Fursten ihre "Vorsorge" um die gesellschaftliche Wohlfahrt beweisen. Wenn der Ubergang des Absolutismus von der "hofischen" zu seiner "aufgeklarten" Form, wie es W. Roscher typologisch dargestellt hat (1874), auf die sogenannte "Sattelzeit" (Koselleck) der deutschen Geschichte zu datieren ist, dann figurieren in ihr die Sanktionen oder Polizeiordnungen als Hebel zur aufgeklarten Reformpolitik. Diese Reformpolitik wird hauptsachlich von den praktisch ausgebildeten Beamten vertreten. Erst durch ihre Tatigkeit konnte die Landespolitik von dem willkurlichen Despotismus der "hofischen Gesellschaft" befreit werden. Hier besteht der deutsche Pragmatismus also vor allem in der Polizei des "Bevormundungsstaates". Im nachsten Kapitel behandele ich als ein pragnantes Beispiel der damaligen Geschichtsschreibung J. C. Gatterer (1727-99), den Begrunder des ersten "Historischen Instituts" in Deutschland an der Universitat Gottingen. Seine "pragmatische" Charakteristik findet sich besonders in der Methodologie seiner Geschichtsforschung, die er hauptsachlich in Aufsatzen fur eine von ihm selber herausgegebene Zeitschrift formuliert hat. In der Geschichte fand er das "System der Ereignisse" und er erkennt in diesem "System" den kausalen Zusammenhang als das historische "Triebwerk". Kraft seiner "Einbildungskraft" soll der Geschichtsschreiber sich das geheime "Triebwerk" der Geschichte als "ideelle Gegenwart" vorstellen. Dann kann er durch die "Dichtungskraft" diese "ideelle Gegenwart" wie ein Theaterstuck darstellen, um dadurch das Publikum historisch aufzuklaren. Indem der Leser auf diese Weise "Exempel" der guten oder schlechten Begebenheiten prasentiert bekommt-ahnlich wie z. B. auf der Schaubuhne Schillers-kann er lernen und daraus "Belehrung" fur sein Leben gewinnen. So wird er "klug" und "pragmatisch" in Kantischem Sinne. In Kapitel V erweitere ich den Begriff "pragmatisch" von der Musteranfuhrung Kants zu der "Staatsgelahrtheit" A. L. v. Schlozers (1735-1809). Schlozer, zu seiner Zeit einer der bekanntesten deutschen Publizisten, war Professor in Gottingen und stellte diese "Gelahrtheit" in demjenigen "System" dar, wo man sowohl die "politische Geschichte" als auch die "politische Philosophic" nebeneinander findet. Jener Teil enthalt noch die statistische "Staatskunde" als "stillstehende Staatsgeschichte" und eigentliche "Staatsgeschichte", dieser dagegen "Metapolitik", "Staatsrecht" und "Lehre von der Staatsverfassung". Im Vergleich zu Gatterer fallt bei Schlozer der normative Ansatz auf, wie er ihn z. B. in der Naturrechtslehre seiner "Metapolitik" entwickelt hat. Denn er deduziert seine Beurteilungskriterien aus den politischen Normen seiner Gegenwart. Die Vergangenheit wird so durch die Beurteilung des Historikers fur die gegenwartige oder zukunftige Politik "nutzlich" gemacht. In diesem historischen "Engagement" des Historikers sah Hegel gerade die von ihm kritisierte negative Art der "pragmatischen" Geschichtsschreibung. Schlozer aber bezweckt mit seiner normativen Auffassung von der Politik und seiner exemplarischen Interpretation der Geschichte die Beamten staatswissenschaftlich auszubilden. Einerseits fordert er dazu auf, durch die Reform des burokratischen Polizeistaats die unumschrankte Herrschaft des hofischen Absolutismus zu beseitigen. Andererseits mochte er dem ungebildeten Volk eine Teilnahme an der Politik verweigern. In dieser "pragamatischen" Art sind Geschichte und Politik miteinander verbunden. Im 18. Jh. konnte der Pragmatismus die polizeiliche Bevormundung des aufgeklarten Absoltismus rechtfertigen, insofern die Polizei zum "Gemeinnutz" der Untertanen beitrug. Mit dem Ausbruch der Franzosischen Revolution und der Napoleonischen Kriege avancierten aber Liberalismus und Nationalismus zu den beherrschenden Ideen der Zeit. Damit verloren der bevormundende Polizeistaat und die nicht volkstumliche Geschichtsanschauung des deutschen Pragmatismus drastisch an Legitimation. Wahrend die pragmatische Sozialphilosophie durch die Kritik des Historismus als vorwissenschaftlich abgelehnt wurde, erhielt aber die Reformpolitik des Pragmatismus noch im 19. Jh. eine Fortsetzung. Dieser "Reformabsolutismus", der auch als "defensive Modernisierung" (Wehler) bezeichnet wird, wurde besonders von denjenigen Beamten vertreten, die etwa zwischen 1750-70 geboren und an Universitaten wie Gottingen ausgebildet worden waren. In der Vorstellungswelt dieser burokratischen Tragerschicht lebte der Pragmatismus wie ihn etwa Gottinger Gelehrte vertreten hatten, auch im 19. Jahrhundert weiter.