- 著者
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桂 芳樹
- 出版者
- 日本独文学会
- 雑誌
- ドイツ文学 (ISSN:03872831)
- 巻号頁・発行日
- vol.50, pp.16-26, 1973
E.R. Curtius hat von der klassischen Philologie den Begriff des Topos entliehen und ihm eine neue Bedeutung gegeben, indem er ihn als Träger des Gedankenschemas faßte, um die <sub>"</sub>geistige Konstanz“ der europäischen Sinneseinheit nachzuweisen. Dieser Topos-Begriff ist aber eine Vermischung von einigen grundverschiedenen Begriffen, die voneinander getrennt und einzeln geprüft werden müssen. Er nennt drei Arten von Topoi, nämlich; den rhetorischen, den poetischen und den historischen. Der letztere bildet einen Teil des poetischen Topos, taucht unerwartet zu Beginn der Spätantike auf und seine Erscheinung bezeugt das Zeichen eines veränderten Geisteszustandes zu jener Zeit. Der poetische Topos entstammt den dichterischen Werken des Altertums und geht später in die Topoi-Sammlung auf dem Gebiet der Rhetorik über. Der rhetorische Topos ist meistenteils als Ausdrucksformel gebraucht und aus der Topik des antiken Systems der Rhetorik eingeführt worden. Der poetische und historische Topos entstammt, nach Curtius Definition, unmittelbar dem Urzustand der Menschheit und ist daher nicht zeit- und ortsbedingt, sondern allgemein, seine Ausdrucksform ist aber bestimmt durch die geschichtlichen Voraussetzungen; diese Ausdrucksform ist nach Curtius als eine Tradition von Generation zu Generation überliefert worden.<br>Es sind gegen diese Definition die folgenden Einwände hervorzuheben: Erstens; der Topos, der als Träger der <sub>"</sub>geistigen Konstanz“ in der europäischen Geistesgeschichte einen gewissen Geistesinhalt erhalten soll, hat keinen Sinn, wenn seine Beziehung zum Sinneskomplex und seine geistige Stellung innerhalb dessen-nämlich: Europa als Sinneseinheit-nicht erklärt und bestimmt werden können. Meistens sind aber diese Topoi zu trivial (z.B. Topos als Bescheidenheitsformel, Schlußtopik) und werden ohne irgendeine Bedeutungsbestimmung gebraucht. Zweitens; in der Definition des poetischen Topos ist die Vermischung von zwei voneinander verschiedenen Begriffen zu erkennen. Der Topos, der unmittelbar aus dem Urzustand der Menschheit auftaucht, erscheint und verschwindet, unabhängig von den geschichtlichen Bedingungen, zu allen Zeiten der Geschichte; seine Überlieferung beruht auf dem Prinzip der unterbrochenen Sukzession. Wenn ein Topos dagegen als eine Tradition überliefert wird, so werden sein Inhalt und seine Bedeutung immer vergrößert und umgedeutet. Seine Überlieferung beruht auf dem Prinzip der ununterbrochenen Aufnahme und Umdeutung; jedes Moment dieser geschichtlichen Entwicklung kann und muß erforscht werden.<br>Curtius hat aber diese zwei verschiedenen Prinzipien vermischt und damit das Wichtigste-das geschichtliche Moment und den geschichtlichen Prozeß, durch die die geistige Einheit des Abendlandes geformt und als Tradition überliefert wird, -nicht erklären können. Dies geschieht ursprünglich durch seine Geschichtsanschauung, daß die geistige Tradition unabhänging von den geschichtlichen Bedingungen in gewissen Abständen Verfall und Erneuerung wiederhole. Wir können eine solche Anschauung wegen ihrer Ungeschichtlichkeit nicht aufnehmen. Sein Versuch, sein Ehrgeiz, mittels einer philologischen Forschungsmethode (und nicht mit einer geistesgeschichtlichen) die europäische geistige Einheit und die geistige Konstanz direkt zu beweisen, endete mit einem Mißerfolg. Seine Topos-Lehre bildet einen schroffen Gegensatz zu seiner genauen, eingehenden Geschichtsbeschreibung des lateinischen Mittelalters.<br>Es ist also nötig, seine Topik vom obenerwähnten Standpunkt aus zu prüfen und wieder in Ordnung zu bringen, wenn man seine ungewöhnliche Sammlung benutzen will. Aber Curtius hat außer seiner Topik dem lateinischen Mittelalter ein geistesgeschichtliches Studium gewidmet, und man kann daraus