著者
森口 大地
出版者
京都大学大学院独文研究室研究報告刊行会
雑誌
研究報告
巻号頁・発行日
no.32, pp.1-21, 2019-01

Sind Vampire normalerweise weiblich oder männlich? Diese Frage ist schwer zu beantworten. Weibliche Vampire, sozusagen Urvampirinnen, finden sich bereits im griechischen Mythos oder in der Bibel, z. B. Lamia, Empusa oder Lilith, aber auch in der neuzeitlichen Literatur treten Vampirinnen auf, etwa Goethes Braut van Korinth oder Southeys Thalaba the Destroyer. Andererseits scheinen männliche Vampire wie Lord Ruthven und Count Dracula bis heute auf der Bühne, in der Literatur oder im Film usw. für das Genre bestimmend zu sein. In seinem Aufsatz über die Braut van Korinth schrieb Hans Esselbom, dass das 19. Jahrhundert die Zeit der weiblichen Vampire gewesen sei. Aber um seine Behauptung zu beweisen, sind noch detailliertere und sorgfältigere Analysen der zeitgenössischen Vampirliteratur notwendig. Zumindest bislang lässt sich kaum etwas dagegen einwenden, dass es nicht weniger weibliche Vampirgestalten als männliche gibt. Rauschniks Totenbraut ist die erste heute noch existierende deutschsprachige Vampirprosa, in der eine Vampirin auftritt. Diese Vampirin, die Marchese von Val Umbrosa, trägt die seit Lord Ruthven typischen vampirischen Merkmale, während sie zugleich den Figurentyp der ›Fatal Woman‹ repräsentiert, die Mario Praz in seinem prominenten Werk The Romantic Agony behandelt hat. In der Geschichte begegnet auch ein Domherr, der die Marchese verfolgt und sie am Ende vemichtet, wodurch er zum ersten Vampirjäger in der Literatur wird. Er erinnert nicht nur an Apollonius in John Keats Lamia, sondem auch an den Typ des ›Outlaw‹ bzw. ›Fatal Man‹, dernach Praz im deutschsprachigen Räuberroman wie in der Gothic Novel beheimatet ist und sich in der englischen Romantik des 19. Jahrhunderts in den ›Byronic Hero‹ verwandelt. In der Totenbraut gibt es also sowohl ›The Fatal Woman‹ als auch ›The Fatal Man‹, so dass dieses Werk eine Verbindung zwischen der Vampirliteratur und der Gothic Novel herstellt.
著者
森口 大地
出版者
京都大学大学院独文研究室研究報告刊行会
雑誌
研究報告
巻号頁・発行日
no.33, pp.1-23, 2020-01

Unmittelbar nachdem John William Polidoris Novelle The Vampyre am 1. April 1819 im New Monthly Magazine erschienen war, erregte sie eine riesige Sensation. Allerdings wurde die Autorschaft in dieser Zeit George Gordon Byron zugeschrieben, teils wegen der Verlagsstrategie von Henry Colburn, dem Besitzer des Magazins, teils wegen des Charakters der Hauptfigur, des Vampirs Lord Ruthven. Auch Johann Wolfgang von Goethe, der die Schauernovelle sehr schätzte, hielt Byron noch für ihren Verfasser. Goethes Wertschätzung der Novelle hing vielleicht mit seiner Beurteilung des englischen Dichters zusammen: in Gespräche mit Eckermann erwähnt Goethe das Dämonische in Byron. Lord Ruthven, der oft mit Byron identifiziert wurde, erscheint nicht nur als eine dämonische Figur, weil er ein Vampir ist, sondern auch, weil er an keine menschlichen Wertsysteme oder Beziehungen gebunden ist. Urplötzlich taucht er in den gesellschaftlichen Zirkeln Londons auf, hat keine Angehörigen und unterwirft sich keinerlei moralischen Normen. Er ist frei von allen Bindungen. In den späteren Bühnenadaptionen von The Vampyre wird Ruthven dagegen als einfacher Bösewicht dargestellt, weil die Gattung des Melodramas am Geschmack der breiten Masse orientiert war und deshalb auf einfache Verständlichkeit und Deutlichkeit abzielte. Als erster adaptierte der Franzose Charles Nodier die Novelle Polidoris für das Theater und führte Le Vampire am 13. Juni 1820 im Théâtre de la Porte Saint-Martin auf. Sein Stück war sehr populär und wurde 1822 von Heinrich Ludwig Ritter für deutsche Bühnen übersetzt. Auf diese Übersetzung folgten Wilhelm August Wohlbrücks Opernfassung, die am 29. März 1828 in Leipzig uraufgeführt wurde und heute meist mit dem Namen des Komponisten Heinrich Marschner verbunden wird, sowie Cäsar Max Heigels Opernfassung, deren Uraufführung am 2. September 1828 in Stuttgart erfolgte. In den Adaptionen Nodiers, Wohlbrücks und Heigels ist Ruthven im Gegensatz zu seiner dämonisch-solitären Darstellung bei Polidori immer in Beziehungen zu anderen eingebunden. In Nodiers Stück sucht er über die Hochzeit mit der weiblichen Heldin die Zugehörigkeit zur Gesellschaft, in Wohlbrücks Oper schließt er einen Pakt mit dem höllischen Vampyrmeister und in der Oper Heigels verwandelt Ruthven sich in einen Teufel namens Attramidur, dessen Verhalten in seinem Kampf mit Gott begründet ist. Diese Veränderungen reflektieren sowohl die Gestaltungsmuster der Gattung als auch die Verhältnisse der damaligen Gesellschaft. Nodier zufolge sollte das Melodrama der moralischen Erziehung des Volkes dienen, dessen Lesefähigkeit nicht sehr hoch war und das sich nach der Französischen Revolution zunehmend vom christlichen Glauben abwandte. Unter dem Einfluss der Revolution war die adlige Vornehmheit des Vampirs für das Volk ein passendes und jedem begreifliches Symbol des Bösen. Diese Wandlung des einzelgängerischen Dämons zu einem einfach zu verstehenden Bösewicht ermöglichte mit Hilfe des optischen Mediums der Bühne eine breitere Rezeption des Vampir-Motivs, die letztlich zum Massenphänomen des Vampirs in der heutigen Popkultur führte.