- 著者
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前田 良三
- 出版者
- Japanische Gesellschaft für Germanistik
- 雑誌
- ドイツ文學 (ISSN:03872831)
- 巻号頁・発行日
- vol.93, pp.23-34, 1994-10-01 (Released:2008-03-28)
Zur "Subversion“ des Subjekts als Substanz innerhalb der westlichen Diskurse über Literatur und Philosophie gehört auch die kritische Thematisierung der modernen Autorschaft, wie sie Michel Foucault in "Was ist ein Autor?“ ansatzweise unternommen hat. Bekanntlich war für Foucault ein Autor, der einen Text produziert und für die Sinneinheit des Produzierten einsteht, keine übergeschichtliche Konstante der literarischen Diskurse mehr, sondern-genauso wie der Begriff "Mensch“-vielmehr der Name einer Funktion, die erst um 1800, mit der Institutionalisierung moderner Humanwissenschaften, in den Diskursen über Literatur eingeschrieben wurde und seit Mallarmé mehr oder weniger an Bedeutung verloren hat. Foucault suchte die Funktion Autorschaft in der Moderne vor allem darin, daß sie gewisse Textcorpora unter dem Namen Literatur von den anderen trennt. Um 1800 ist demnach die Zeit gekommen, in der ein Text nur mit einem Autornamen als literarischer gelesen wird, während im Mittelalter ein literarischer Text durch die Anonymität des Autors charakterisiert war.Einem solchen Wechsel der Funktion Autoschaft entspricht, wie Foucault meint, die Entstehung der modernen Leserschaft, die ihrerseits von der modernen Individualität und Subjektivität untrennbar war. Friedrich A. Kittler geht ein Stück weiter: seine Diskursanalyse sieht eines ihrer Ziele darin, "materielle“ Bedingungen dieses Wechsels, die zugleich die Entste-hungsbedingungen der modernen, hinter dem Text einen einheitlichen Sinn suchenden Hermeneutik sind, zu untersuchen. Für Kittler ist die moderne Individualität und Subjektivität auf die neue Mutter-Kind-Beziehung innerhalb der in der Mitte des 18. Jahrhunderts entstandenen Kernfamilie zurückzuführen. Und das Entstehen der modernen Leserschaft, in der das autonome Subjekt namens Autor mit seiner Innerlichkeit und Individualität als letzte Instanz für das Sinnverstehen gesucht wird, führt Kittler auf die Tatsache zurück, daß bei der neuen Institutionalisierung des Lesens und Schreibens beide innerhalb eines jeden Individuums verbunden wurden: "das eigene Lesen schreiben“ nämlich. Bei dieser neuen Verbindung des Schreibens und Lesens gait das Buch als einzige Form des Mediums für das Wissen. Die Unterschrift des Dichters und das Entstehungsdatum von Goethes "Wandrers Nachtlied. Ein Gleichnis“ z.B. markierten eine solche moderne Autorschaft und spielten zugleich musterhaft die Rolle eines "Schlüsselwortes“ für die hermeneutische Lektüre eines "individuellen Allgemeinen“, das in einem privaten Erlebnis zum Ausdruck kommt. Paul Celan hat in seinen Gedichten, in denen Daten und Namen auf das Versagen der institutionalisierten Hermeneutik verweisen, ein solches "individuelles Allgemeine“ kritisch in Frage gestellt.Um 1900 wurde, so Kittler, das Buch als einzige Form des literarischen und wissenschaftlichen Diskurses durch technische Innovationen wie Film und Grammophon (und, in gewisser Weise, auch durch Schreibmaschine) bedroht. Kittler sieht in der Dichtung Mallarmés (Un coup de dés) eine neue Praxis des literarischen Diskurses, in der das Schreiben nicht mehr durch die Voraussetzung eines autonomen Subjekts fixiert, sondern vor allem durch die Materialität der Buchstaben bedingt ist. Daß Foucault hingegen zwar das Interesse der traditionellen Hermeneutik, in der Lyrik Mallarmés immer noch ein ästhetisches "Nichts“, als ein Autorsubjekt, zu suchen, scharf kritisiert, dennoch selber keine Frage nach den materiellen Gründen für diesen zweiten Wechsel des Diskurses stellt, könnte auf die Grenze der Diskurstheorie Foucaults hindeuten.