- 著者
-
冨重 純子
- 出版者
- 日本オーストリア文学会
- 雑誌
- オーストリア文学 (ISSN:09123539)
- 巻号頁・発行日
- vol.28, pp.1-11, 2012-03-31 (Released:2017-03-31)
Erzahlt wird in dem Roman "Nachts unter der steinemen Brucke", der aus 14 Novellen und einem Epilog besteht, von der unmoglichen und verbotenen Liebe zwischen Kaiser Rudolf und der schonen Judin Esther. Der Rabbi Low, von Rudolf mit der Vertreibung der Juden Prags und Bohmens bedroht, pflanzt einen Rosenstrauch und einen Rosmarin am Ufer der Moldau unter der steinernen Brucke, nun treffen sich die Seele des Kaisers und der Judin in den Bluten. Von diesem thematischen Kern ausgehend entfaltet Perutz in den Einzelnovellen dann weitere Strange. Vor allem hat die exzeptionelle Komposition dieses Romans die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gezogen. Die einzelnen Novellen stehen nicht in chronologischer Reihenfolge, einige Novellen sind an gemeinsamen Handlungen beteiligt, die anderen sind hochstens im unterschiedlichen Grad durch Motive oder Personen verknupft. Dann gibt es zwei Rahmenerzahlungen. Am Ende der vier Novellen wird angefugt, wie sich der Erzahler der Novellen, Jakob Meisl, uber das gerade Erzahlte aussert. Am Romanende, im Epilog, tritt das diesen Roman aufschreibende "Ich" auf und berichtet von seinem letzten Besuch bei Jakob Meisl vor einem halben Jahrhundert. Die inhaltliche und gedankliche Fulle dieses Romans wurde zwar bewundert, manche Themen auch untersucht, aber der Hauptmotivenkomplex im Zusammenhang mit der Gesamtkonstruktion ist bisher nicht genugend besprochen worden, was hier geschehen soil. Der Roman konstruiert sich auf drei unaquivalenten Gegensatzen: Zyklus gegen Angrenzung in den Novellen, Erzahlungen gegen Bemerkungen und <Wirklichkeit> gegen <Traum>. Der Erzahlstrang, dessen Ende in der ersten, dessen Mittelstuck in der siebten und dessen Anfang in der vierzehnten Novelle angesetzt sind und der die Handlung von der Stiftung der Traumliebe bis zu ihrer Aufhebung enthalt, zeigt eine Welt mit der religiosen Wirklichkeitskonzeption, in der gottliche Wirkungskrafte eingreifen und magische Ereignisse geschehen. Rose und Rosmarin unter der Brucke sind Kaiser und die Judin, das magische Eingreifen des Rabbi bewirkt die Storung in der oberen Sphare, es ist eine zyklusartige, geschlossene Welt, in der verschiedene Ebenen paradigmenhaft verbunden sind und von der aus kein Entkommen moglich ist. Ein anderer Strang erzahlt in drei Novellen in chronologischer Reihenfolge von der Beziehung zwischen dem Kaiser und dem reichen Juden Meisl, zwischen Macht und Geld. Meisl gehort nicht zur Zyklus-Welt, in der alles auf transzendenter Ordnung basiert. Er sucht Erklarung fur den Tod seiner Frau Esther nicht beim Rabbi, er geht uber die Brucke zum angrenzenden Bereich der Christen, sieht den Kaiser mit eigenen Augen und entschliesst sich zur Rache. Seine Geschichte, die sich auf der syntagmatischen Achse entwickelt, steuert auf die kapitalistische Zukunft zu und fliesst in die Wirklichkeit vom Erzahler und Horer "Ich" zu, in den Epilog. In der ersten Rahmenerzahlung macht der Novellenerzahler Bemerkungen uber die eben erzahlte Novelle, wobei er seine an die Geschichte anknupfende Fantasie demonstriert. Aber indem er die wissenschaftliche Geschichtsschreibung erwahnt, ruckt er die Novellenwelt ins Licht der neuzeitlichen Wirklichkeitskonzeption und hebt ihr den Anker. Schliesslich tritt der Epilog einerseits als der Schlussteil der Geschichte von Meisl hervor, andererseits als die gegenwartige geschichtliche Wirklichkeit schlechthin. Die Geschichte der Liebe unter der steinernen Brucke bleibt im Epilog unerwahnt. Letzterer nimmt die Stelle des Erwachens aus der Erzahlung und dem Traum, der Geschichte von Esther, wird nun der Nicht-Wirklichkeitsstatus zugewiesen. Was bedeutet aber der Begriffsgegensatz Wirklichkeit/Nicht-Wirklichkeit den literarischen Texten, die per definitionem uber die Unterscheidung zwischen Realem und Imaginarem, zwischen Wirklichem und Unwirklichem hinausgeht? <Wirklichkeit> und <Traum>,(View PDF for the rest of the abstract.)