- 著者
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針貝 真理子
- 出版者
- 日本独文学会
- 雑誌
- ドイツ文学 (ISSN:24331511)
- 巻号頁・発行日
- vol.156, pp.192-207, 2018 (Released:2019-03-31)
René Pollesch, einer der brisantesten Regisseure und Dramatiker im deutschen Gegenwartstheater, ist seit 2001 vor allem an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz tätig. Er bemüht sich um theatrale »Widerstandspraktiken« in der postfordistischen Kontrollgesellschaft. Denn es waren eben Künstler, die einen postfordistischen Arbeitsstil vorwegnahmen. Dieser Aufsatz behandelt Polleschs Stück »Stadt als Beute« (2001) in der »Prater Trilogie«, das sowohl als Theatertext als auch Inszenierung hochgeschätzt wurde.
Polleschs Theaterarbeiten gelten als zentral für die Praxis des postdramatischen Theaters, dessen Konzept der Theaterwissenschaftler Hans-Thies Lehmann anhand von Heiner Müller entwickelt hat. Um die Arbeit Polleschs in der Theater- und Literaturgeschichte zu verorten, verdeutlicht dieser Aufsatz zunächst mit einem Vergleich zwischen Müllers »Die Hamletmaschine« und Polleschs »Stadt als Beute« die Einflüsse von Müllers Arbeit auf Polleschs Textstil. Das wichtigste Merkmal, das beide Theatertexte teilen, ist die Einflechtung des Körpers der Schauspieler in die schriftlichen Texte. Die spielenden Körper tauchen in beiden Theatertexten als Lücken auf: Ohne den Auftritt der spielenden Körper entwickeln die Texte nicht ihre Wirkung.
In einem zweiten Schritt wird die Aufführung von »Stadt als Beute« analysiert. Die Wohnung, die der Bühnenbildner Bert Neumann auf der Bühne errichtet hat, wird als Nicht-Ort im Sinn von Marc Augé konzipiert. An jenem Nicht-Ort wird gezeigt, wie die Körper und der Ort der Bewohner durch globales Marketing ausgebeutet werden. So werden sie zu einem Teil der globalen Ökonomie. Pollesch ist sich dabei völlig bewusst, dass auch das Theater selbst nicht außerhalb der globalen Ökonomie existieren kann. Er stellt sich somit die Aufgabe, das Theater nicht mehr als Forum oder Spiegel der Außenwelt fungieren zu lassen, sondern das Theater zu einem Ort zu machen, »an dem die Wirklichkeit anders vorkommt«. Auf diese Weise versucht er, »Kunst zu politisieren, und damit das Publikum«. Lehmann zufolge will das postdramatische Theater seine politische Praxis nicht durch die Repräsentation bereits gegebener politischer Ereignisse, Meinungen oder Ideologien durchführen, die zumeist nur als »Bestätigungsritual schon Überzeugter« fungieren können. Das Politische des postdramatischen Theaters kann seine künstlerische Qualität nur dann entfalten, wenn es durch das »Aussetzen« bzw. Unterbrechen »der normierten, rechtlichen, politischen Verhaltensweisen selbst« die im Alltag unsichtbare Regel sichtbar macht.
Um den Ort, an dem die Wirklichkeit anders vorkommt, und das Politische des postdramatischen Theaters von Pollesch zu beleuchten, ist es unentbehrlich, nach den Orten der darstellenden Körper zu fragen. Obwohl die Darstellenden auf ihre Orte während des Spiels mit »hier« oder »da« verweisen, werden ihre Körper beständig vermarktet und an Nicht-Orte geliefert. Die Amorphie ihrer Orte ist im Wort »Gas« ausgedrückt. »Gas« ist auch der Begriff, den Deleuze wählt um die neue Form der Kontrolle in der »Kontrollgesellschaft« zu beschreiben, eben jene »Unternehmen«, die anders als Fabriken oder Gefängnisse keine Körper mehr einschließen. Die Schauspieler bei Pollesch, die sich in ihrer Bühnenarbeit tatsächlich postfordistisch verkaufen, werden nicht einseitig kontrolliert, sondern sie benehmen sich gleichzeitig selbst wie »Unternehmen«. Ihr kontrollierendes »Gas« sind hierbei die eigenen Stimmen der Darsteller, die sie sowohl rezipieren, als auch hervorbringen.
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