- 著者
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三上 雅子
- 出版者
- Japanische Gesellschaft für Germanistik
- 雑誌
- ドイツ文學 (ISSN:03872831)
- 巻号頁・発行日
- vol.91, pp.46-57, 1993-10-01 (Released:2008-03-28)
Die Berliner Inszenierung von "Pioniere in Ingolstadt“ im Jahre 1929 war einer der größten Theaterskandale in der Weimarer Zeit. Der Skandal, der durch Brechts Regieanweisung verursacht wurde, lenkte das öffentliche Interesse auf die achtundzwanzigjährige Marieluise Fleißer. Damit war die Autorin aber zugleich auch der Kritik ausgesetzt. Dieses traumatische Erlebnis führte zum Bruch mit Brecht. 1935 heiratete sie den Tabakhändler Bepp Haindl. Die politische veränderte Situation durch den Nationalsozialismus, aber auch persönliche Probleme in ihrer Ehe nahmen ihr die Kraft zum Schreiben. In ihrer "Ingolstädter Vorhölle“ lebte sie isoliert und literarisch völlig vergessen.Mit dem Jahre 1968, nach fast vierzigjährigem Vergessen, setzte ihre Wiederentdeckung ein. Junge Dramatiker-besonders seien hier Franz Xaver Kroetz, Rainer Werner Faßbinder und Martin Sperr erwähntstellten sich bewußt in ihre Nachfolgen: Ihr Werk nehme das "Neue Volksstück“ vorweg, indem es die Unterdrückungsmechanismen in der Provinz sowie die sprachliche Verarmung der dort Lebenden bloßlege. Sie allein auf these Vorwegnahme zu reduzieren, bedeutet allerdings, andere Dimensionen ihres Werks auszublenden.Das Stück "Pioniere“, das Brecht als eine wesentliche Stufe in der Entwicklung zum epischen Theater ansah und die jungen Dramatiker am meisten beeindruckte, war für die Autorin vor allem "ein Stück zwischen Soldaten und Dienstmädchen“.Über ihr eigenes literarisches Anliegen sagt Fleißer: "Ich könnte immer nur etwas zwischen Mann und Frau machen.“ Damit benennt sie das zentrale Thema ihres künstlerischen Schaffens.Das Schreiben über "etwas zwischen Mann und Frau“ ist nicht nur literarisch, sondern auch biographisch motiviert. Die Suche nach und zugleich die Flucht vor männlicher Autorität ist prägend für Fleißers Lebensgeschichte und ihre literarischen Gestalten. Zutritt zur literarischen Öffentlichkeit vermittelten ihr stets Männer. Als schreibende Frau uwollte sie mehrfach Grenzen, so die zwischen Mann und Frau, Provinz und Großstadt, überschreiten. Aber vor dem entscheidenden letzten Schritt schreckte sie immer zurück. Ihr Selbstverständnis war dabei nicht frei von traditionellen Rollenmustern. Sie war der Ansicht, daß Theorielosigkeit und Unbewußtheit Wesensmerkmale weiblichen Schreibens seien. Nur mit männlicher Hilfe meinte sie die formale Ausgestaltung meistern zu können.Das ist aber nicht so zu verstehen, als babe sie durch die Orienticrung an "männlicher“ Schreibweise auf eigenen Stil sowie eigene Formgestaltung verzichtet. Ihr literarisches Ich ist weitaus kühner und eigenständiger als ihre Selbstaussage. Schreibend nimmt sie Abstand vom Selbsterfahrenen und verwandelt es ins Exemplarische.Ihre Ausdrucksweise ist naiv; aber das ist die Naivität des "Hochstaplers“, denn mit dieser Sprache legt Fleißer die Ausbeutung der Frau in der patriarchalischen Gesellschaft offen, nicht ohne auch die Frauen-sich selbst eingeschlossen-dabei mit zu kritisieren, lassen sie doch eine solche Ausbeutung zu.Sprache ist in "Fegefeuer in Ingolstadt“ kein Mittel der Kommunikation, sondern Waffe, ja Marterinstrument, um damit gegen Außenseiter vorzugehen. Der zum Scheitern verurteilte Dialog gilt Fleißer als Beweis für die Inhumanität der Welt.