1 0 0 0 OA リルケと現代

著者
星野 慎一
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.43, pp.75-83, 1969-11-15 (Released:2009-01-30)
参考文献数
12

Rilke war Dichter, auch wenn er sich nur die Hände wusch, sagt Rudolf Kassner von ihm. Er stand als Einzelner und Einsamer abseits aller Bewegungen. Trotzdem hat er doch die Atmosphäre seiner Zeit intensiv erlitten, und sie ist als Strom und Gegenstrom in sein Werk eingegangen. In welchem Sinne ist Rilke für unsere Zeit von Bedeutung? Danach habe ich mich gefragt und von diesem Punkte her gesehen habe ich das Thema behandelt.In den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde er geboren, erlebte den ersten Weltkrieg und starb 1926. Um seine bedeutendsten Werke “Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge”, “Duineser Elegien” und “Die Sonette an Orpheus” etc. richtig zu verstehen, ist es nötig, den Hintergrund zu Rainer Maria Rilkes Leben zu schildern.Die Zeit vor dem ersten Weltkrieg war eine wunderliche Zeit. Der Krieg war in ihr, bevor er noch äußere Anzeichen davon zeigte. Sie hatte trotz ihrer großen wissenschaftlichen Fortschritte etwas erschreckend Gespenstisches. Sie hatte bei allem Genuß keine rechte Freude an sich, keine innere Zufriedenheit, und in der Jugend wuchs etwas wie eine Sehnsucht nach einer heiligen Not. Es mußte zu einer Katastrophe kommen. In dieser Zeit wuchs Rilke heran und trat als Schriftsteller und Dichter auf. Schon in seinem bedeutendsten Prosawerk vor dem Kriege “Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge” fragt er unermüdlich nach dem Dasein des Menschen. In diesem Werk handelt es sich um die Auferstehung des Menschentums.Nach dem Ende des ersten Weltkrieges traten die starken Einflüsse Amerikas immer mehr in den Vordergrund. Die amerikanische Massenproduktion drängte sich nach Deutschland und brachte das geistige Leben des deutschen Volkes ins Wanken. Rilke ahnte die Gefahr, daß die Maschine über die Menschheit herrschen könne, und warnte davor. Rilke war der Dichter des Menschen. In dieser Zeit fragte er aufs neue nach dem Sinn des Menschendaseins. Nachdem alle früheren Auffassungen vom Menschen fragwürdig geworden waren, versuchte er neue Möglichkeiten der Deutung ans Licht zu heben. Das ist die Dimension, in der wir überhaupt erst seine Dichtung richtig verstehen. Noch niemals hat ein Dichter so sehr in neue Deutungen des Seins einzudringen vermocht wie er. Wir können Rilkes Dichtung nicht verstehen, ohne an gedankliche Motive zu denken. Aber er war kein Philosoph. Wie er selbst mehrfach betont, ist die Philosophie ihm lebenslänglich fremd geblieben. Rilke kann außerhalb seiner Dichtung gar nicht denken. Wo Rilke denkt, da denkt er in der dichterischen Gestaltung des Gedankens. Und wenn wir dem Inhalt seiner Dichtung nachgehen, so begegnen wir der geistigen Welt der existenzphilosophischen Bewegung.Wir verstehen die geistesgeschichtliche Stellung Rilkes am besten, wenn wir ihn in den Umkreis der Existenzphilosophie einordnen. Das soll aber nicht bedeuten, daß er dieser allgemein existenzphilosophischen Bewegung angehört. Denn die Anschauungen, die auf verschiedenen Gebieten unabhängig voneinander entstanden, haben sich zu einem Ganzen zusammengeschlossen. Angelloz berichtet, daß Heidegger selber einmal gesagt hat, seine Philosophie sei nichts anderes als die denkerische Entfaltung dessen, was in Rilke ausgesprochen sei. In der Gegenwart hat der Zusammenhang zwischen Geistes- und Naturwissenschaft immer mehr an Gleichgewicht verloren. Und wovor Rilke warnte, ist Wirklichkeit geworden.Zum Schlulß habe ich den Einfluß von Rilkes “Neue Gedichte” auf die expressionistische Lyrik erwähnt, besonders auf deren drei bedeutendste Vertreter Ernst Stadler, Georg Heym, Georg Trakl.Rilke war von Rodin tief beeindruckt, und hat “eine lyrische Oberflächlichkeit und ein billiges A peu près” überwunden
著者
古屋 裕一
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.87, pp.96-107, 1991-10-01 (Released:2008-03-28)

Benjamins Übersetzungstheorie in dem Aufsatz "Die Aufgabe des Übersetzers“ beruht auf seiner Konzeption einer "reinen Sprache“. "Die reine Sprache“ ist, mit Benjamin zu sprechen, "eins und zwar dasselbe, das nur der Allheit von den einander ergänzenden Intentionen aller Sprachen erreichbar ist“. Er meint, zwischen allen Sprachen bestehe eine apriorische überhistorische Verwandtschaft, und sie hätten deshalb die Intention, , ein und dieselbe Sprache‘ zu werden, indem sie einander ergänzen und integrieren, und er nennt diese Sprache "die reine Sprache“. Der wichtigste Punkt der Übersetzungstheorie Benjamins liegt darin, daß eine Erscheinung dieser "reinen Sprache“ in jedem Kunstwerke verborgen liegt und ihre Darstellung das Geschäft der Übersetzung ist. In diesem Sinne fällt eine solche Übersetzungstheorie mit dem Grundriß von Benjamins allgemeinem Denken zusammen, das durch den Begriff des "Mediums“ charakterisiert werden kann. "Medium“ heißt ein Bewegungskörper, der die Subjekt-und Objekt-Korrelation abschaffende monistische Energie-die man "Entwickelbarkeit“ nennen sollte-bedeutet, und der von seinem eigenen unentwickelten potentiellen Gebiet zu dem entwickelten aktualen Gebiet stufenweise selbst übergeht und seinen vollentwickelten Grenzwert als sein stets unerreichbar bleibendes Ziel hat. Benjamins Übersetzungstheorie will das Kunstwerk für ein Medium halten und in ihm ein Selbst-entwicklungsgebiet der "Übersetzbarkeit“ erkennen und am Grenzwert dieser Entwicklung "die reine Sprache“ erschließen. Die Übersetzung erhält die Funktion, diese Entwicklung des Mediums zu fördern.Wie kann man sich diese "reine Sprache“ vorstellen? Sie wird gewöhnlich im Zusammenhang mit dem Begriff des "Namens“ erfaßt, der erstmals in der 1916 von Benjamin geschriebenen frühen Sprachtheorie "Über Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen“ erscheint. "Der Name“ bedeutet ein Medium, in dem sich die Entwickelbarkeit des Menschen mit der der Dinge untrennbar vereinigt, und er wird an seinem medialen Grenzwert zur "vollkommen erkennenden Sprache“, wie in "der paradiesischen Sprache“ Adams, die dem Menschen durch die nur einmalige Benennung die vollkommene Erkenntnis der Dinge ermöglicht. "Die reine Sprache“ als, ein und dieselbe Sprache‘, die die Vielheit aller Sprachen aufhebt, ist also mit dieser "vollkommen erkennenden Sprache“ am Grenzwert des "Namens“ vergleichbar. Sie ist wohl eine feste Gliederungsstruktur, die die absoluten Entsprechungen zwischen den Wörtern und den Dingen ermöglicht und nur mit dem Wort "Logos“ erfaßbar ist.Dagegen ist eine andere Interpretation der "reinen Sprache“ von Jacques Derrida in seinem Aufsatz "Der Turm zu Babel“ versucht worden. Derrida erkennt in der "reinen Sprache“ die auch in dem Wort "Babel“ zu erkennende "Unentscheidbarkeit“, die jede Sprache notwendig dekonstruiert. Er hält "die refine Sprache“ für einen Topos des Spiels, in dem alle Sprachen miteinander zusammenhängen, sich verschränken und sich ergänzen. Er ist einmal von Derrida mit den Wörtern: "Differenz“, "Spur“ und "Spiel der Ur-Schrift“ usu. dargestellt worden. Die Übersetzung wird dort als ein Prozeß erfaßt,
著者
若槻 敬佐
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.75, pp.87-96, 1985-10-01 (Released:2008-03-28)

Als die Bewegung des Expressionismus auch in den Bereich der Literatur einzudringen anfing, hatte Thomas Mann, seiner kritischen Lage in der ganzen Situation der deutschen Literatur bewußt, nach einem Ausbruch gesucht. Gerade damals, , nach der Zurücklegung von "Königliche Hoheit“‘, begann Thomas Mann die "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ zu schreiben, indem er diesen Plan allen anderen vorzog, was übri-gens andeutet, wieviel Gewicht er auf diesen Entwurf gelegt hatte. Er mußte die Arbeit jedoch schon gleich nach dem Beginn des öfteren unter-brechen. Die längste Unterbrechungszeit geht sogar über die beiden Weltkriege hinaus, und erst nach fast vierzig Jahren hat Thomas Mann das Fragment wieder aufgenommen, es aber nicht vollendet, sondern nur erweitert.In der Fortsetzung des Fragments ist zwar in Bezug auf die Handlung noch eine Kontinuität gewahrt. Aber man könnte kaum sagen, es gäbe hier, wie erwartet werden sollte, eine konsequent durchgeführte Gesamt-konzeption. Eher fällt uns eine Art Diskontinuität auf, und zwar in dem anscheinend wesentlichen Punkt des eigentlichen Entwurfs, eben in der Existenzform unseres Helden Felix Krull, oder in seiner Beziehung zur Wirklichen Welt.Bei dem, sonderbaren Entwurf‘, auf den Thomas Mann durch die Lektüre der Memoiren Manolescu's gebracht worden war, habe es sich um eine, neue Wendung des Kunst- und Künstlermotivs‘, um die, Psychologie der unwirklich-illusionären Existenzform‘ gehandelt. Jedenfalls ist Krull kein einfacher Hochstapler, sondern ein durch die Sprache sorgfältig gestaltetes Gebilde, das man verschieden deuten könnte. Hans Mayer z.B. spricht von der, ästhetischen Existent‘ und sieht darin die Verkörperung der Schillerschen Utopie von der Erkenntnis des Wirklichen durch den Schein; für V. Lange ist Krull, im Unterschied zum Künstler, der die Welt in ein Bild verwandelt, eher ein Zauberer, der durch die Manipulation der Formen dem Bild Wirklichkeit verschafft; Hermsdorf will da hauptsächlich nach den Eigenschaften des Schelmenromans suchen; und B. v. Wiese sieht eine utopische Existenzform, bei der sich die Realität in Illusion verwandelt hat; usw.Aber trotz mancher konsequenten Deutungen scheint uns die Diskontinuität wichtiger, zumal wenn wir an eine merkwürdig bewußte Gleichgültigkeit denken, mit der sich die deutschen Schriftsteller der Gegenwart diesem, Repräsentanten‘ der bürgerlichen Bildung gegenüber verhalten.Für den Krull im "Fragment“ vor dem 1. Weltkrieg gibt es keine feste Grenze zwischen dem Wirklichen und dem Illusionären. Auch seine positive Weltanschauung, die auf der Überzeugung beruht, daß er ein Sonntagskind sei, berührt eigentlich, beinahe in fließendem Übergang, Leiden und Qual seines wirklichen Lebens. In dieser doppeldeutigen, im Grunde negativen Beziehung zur Wirklichkeit, wie bei einem Bajazzo, geht er mit der Welt um, was ihn, aufgrund seiner Einsicht, daß die Existenzweise eines Individuums davon abhängig ist, ob es die Welt klein sehe oder groß, zu ihrer Wahrheit führen soll.In der "Fortsetzung“ nach dem 2. Weltkrieg dagegen befindet er sich nicht mehr in der Spannung der Doppeldeutigkeit, sondern in der Welt des reinen Scheins, die der wirklichen scharf gegenübersteht, und aus der alles Reale abgestrichen ist. Der Grund, warum wir these Veränderung inkonsequent finden, liegt vielleicht darin, daß sie von dem gründlichen Wandel des Gesichtspunktes des Erzählers herrührt. Denn der erzählende, bekennende Krull läßt uns schon am Anfang erwarten, daß er das Ganze aus ennem einheitlichen Gesichtspunkt erzählen würde,
著者
石井 正人
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.88, pp.124-134, 1992-03-01 (Released:2008-03-28)

Ausgehend von der Fragestellung und Diskussion H. Herzmanns (1975) und basierend auf dem kritischen Überblick über die Forschungsgeschichte W. Haugs (1985) wird im vorliegenden Aufsatz die Liebesthematik im "Tristan“ Gottfrieds von Straßburg untersucht.Mit einer auf den ersten Blick primitiven Fragestellung: Warum verlassen Tristan und Isolde die Minnehöhle? behauptet Herzmann, vom erzähltechnischen Standpunkt her überzeugend, daß die Rückkehr des Liebespaares aus der Minnegrotte in die Hofwelt zwar kein positives Zugeständnis an die höfischen und christlichen Werte sein sollte, aber als ein Abfall von der idealen Welt, als ein Versagen des Liebespaares durch ihre Unreife zu verstehen ist. Bei Gottfried werden die Zentralbegriffe des höfischen Denkens wie minne, fröude, tugent, êre in doppeldeutiger Weise verwendet, wodurch eben die unangemessen polarisierten Ansichten, die Haug kritisch zusammenfassend "sexuellen Sündenfall oder erotische Utopie“ nennt, in der Forschungsgeschichte entstanden sind. Um diese Unzugänglichkeit des Romans zu überwinden, gibt die mystische Thematik der ewigen minne nach dem Tod eine glückliche Interpretationsmöglichkeit, aber diese Deutungsrichtung braucht dabei gerade die Voraussetzung, daß die Liebe von Tristan und Isolde an sich nicht unmittelbar als die wahre Liebe verstanden werden sollte, wie Herzmann in der Minnegrotte-Szene untersucht hat.Im vorliegenden Aufsatz wird diese Problematik in der Liebesthematik über den Anfang der Liebe von Tristan und Isolde untersucht. Ihre Liebe besteht im Konflikt zwischen der vom Minnetrank verursachten absoluten erotischen Verbindung, also einem möglichen Weg zu der wahren Liebe in der wirklichen Welt einerseits und ihrer Unreife andererseits, die das Liebespaar bei dem Versuch der wahren Liebe versagen läßt. Schon aus der Vorgeschichte ihrer Liebe zu entnehmen ist diese Unreife bzw. die Unzulänglichkeit, die das Verlassen der Minnegrotte, den inneren Zerfall des Liebesparadieses vorbereitet.Aber die Unmöglichkeit der wahren Liebe in dieser Welt selbst ist nicht Gottfrieds Motiv, sondern seine Liebesthematik wendet sich vielmehr an die unreifen Menschen, die sich nach der absoluten Verwirklichung der wahren Liebe sehnend in der wirklichen unvollkommenen Liebe irren. Den Realitäten dieser Menschen entspricht die Doppeldeutigkeit der Begriffe Gottfrieds, und deswegen ist größeres Augenmerk zu lenken auf den irrenden Weg zur Katastrophe als auf den inneren Zerfall des Liebesparadieses selbst, um den Roman Gottfrieds produktiver interpretieren zu koönnen.

1 0 0 0 OA 歴史の両義性

著者
平山 令二
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.62, pp.12-21, 1979-03-31 (Released:2009-02-20)
参考文献数
18

Am 6. -7. Juli 1780 besuchte Lessing Fritz Jacobi und diskutierte mit ihm, angeregt durch Goethes Gedicht “Prometheus”, über Spinoza. Lessing stimmte der Philosophie Spinozas zu, deren Standort als “_??_ν και παν” bezeichnet wird. Entgegen der Meinung Jacobis, der Spinozismus sei Fatalismus, sagte Lessing ausdrücklich: “Ich begehre keinen freien Willen.” Man sagt gewöhnlich, daß die Aufklärung einseitig die Vernunft und das Denken hochschätzte. Aber der Aufklärer Lessing kritisierte in dieser Diskussion das Denken, das sich als Höchstes setzt, und bemühte sich, sein Leben der “hoheren Kraft”, (keinem persönlichen Gott, ) anzupassen. Anders gesagt, Lessing relativierte die Vernunft, weil er sich stark ihrer Grenze bewußt war.In seiner Dramaturgie lehnte Lessing das formale Gesetz der französischen Klassik ab und versuchte, zurückkehrend zu Aristoteles, das Wesentliche aufzustellen. Aber der Hintergrund seines Bemühens war nicht so einfach. Lessing dachte gar nicht, daß das Natürliche, das sein Gesetz im Theater fordert, mit der wirklichen Natur übereinstimme. Im 70. Stück der “Hamburgischen Dramaturgie” behauptete Lessing, unter der Voraussetzung, daß in der Natur alles mit allem verbunden sei, gebe es den scharfen Gegensatz zwischen der unendlich mannigfaltigen Natur und dem endlichen Geist des Menschen. Die Natur, nach Lessings Einsicht, bedrohe den Geist des Menschen. Oder man kann sagen, Lessing glaubte, daß der Geist des Menschen durch die Natur relativiert werde.Was ist nun Lessings Geschichtsauffassung? Lessing schrieb in “Leibniz von den ewigen Strafen” (1773), daß “... in der Natur nichts insuliret' nichts ohne Folgen, nichts ohne ewige Folgen ist.” Lessing erkannte, um es kurz zu sagen, in der Geschichte die ewige Kette der Kausalität. Jedoch bezweifelte er, ob diese ewige Kausalität dem endlichen Geist des Menschen ganz klar werden könne.Später (“Über den Beweis des Geistes und der Kraft” 1777) entdeckte Lessing die negative Seite der Geschichte, indem er schrieb, die Wunder der Zeit Christi seien im 18. Jahrhundert nicht mehr möglich. Überdies, wenn die Wunder, z. B. die Auferstehung Christi, auch geschichtlich wahr sind, sind sie doch nur “zufällige Geschichtswahrheiten” und können daher nie “der Beweis von notwendigen Vernunftswahrheiten” werden. Also kann die Geschichte nicht das Mittel zur Forschung nach der Vernunftswahrheit sein, sondern sie spielt eher eine Rolle, die die Vernunft stört; Lessing muß folglich vor dem “garstigen breiten Graben” stehenbleiben, der zwischen der Geschichte und der Vernunft liegt. Aber Lessing wendet sich plötzlich ab und beginnt von “den Früchten”, die vor ihm reifen, zu reden. Ob die Sage der Bibel auch falsch oder wahr sei, die Tatsache, daß “die Früchte”, die Christus gesät hat, jetzt trefflich sind, ist doch nichts als der Beweis der Richtigkeit seiner Lehre. Die Samen brauchen natürlich Zeit, um reif zu werden. In diesem Sinne hat die Geschichte eine positive Beziehung zur Vernunftswahrheit. In der Ring-Parabel (“Nathan der Weise” 1779) spielt die Geschichte die Rolle des Richters, der entscheidet, welcher Ring von den dreien wahr ist: die Geschichte verifiziert oder falsifiziert einen Gedanken also, indem sie ihn in ihrem Schoße langsam ausbrütet. So hat die Geschichte sowohl eine negative als auch eine positive Beziehung zur Vernunft. Auch in “Eine Parabel” (1778) symbolisiert der Kontrast zwischen dem Palast selbst und dessen Grundriß die zwei Funktionen der Geschichte
著者
鈴木 隆雄 丸山 匠
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.68, pp.1-15, 1982-03-31 (Released:2008-03-28)

Soll man bei unserem Versuch auch mit der wiederholten Sphinx-Frage beginnen, ob es eigentlich eine "österreichische“ Literatur gibt oder ob die deutschsprachige Literatur in Österreich wirklich die österreichische ist? Wenn ja, dann stellt sich sofort die Frage, was sie denn von der nichtöster-reichischen, insbesondere der übrigen deutschsprachigen unterscheidet.Bei jeder Gelegenheit, bei der von der österreichischen Literatur die Rede ist, wird diese Frage nach wie vor gestellt und die Antwort ist durch ver-schiedene historische Interessen bedingt. Die Bemühungen um die Beant-wortung der schwer zu lösenden Frage müssen auch in Betracht gezogen werden, bevor man ein Bild von dieser Literatur entwirft.Man hat nun zwar eine Fülle von objektiven Auffassungen von der Be-deutung des Wortes "österreichisch“ bzw. vom Begriff der österreichischen Literatur, die manchmal von den subjektiven Beobachtungen der österreichischen Schriftsteller selbst weiter ergänzt, bereichert oder berichtigt werden. Doch herrscht dabei eine große Vielfältigkeit, ja oft sogar Gegensätzlichkeit der Auffassungen, wobei nicht selten vorwissenschaftliche Gesichtspunkte unser Österreich-Verständnis stark beeinflussen.Um die Eigentümlichkeit und Eigenständigkeit der österreichischen Literatur zu erweisen, hat man meistens mit der Determinierung des Begriffs "österreichisch“ begonnen. Dabei wurde als wichtiges Argument für die literarische Eigenart Österreichs zu oft die Tatsache herangezogen, daß trotz der sprachlichen Gemeinsamkeit ein Unterschied in der historischen Entwicklung zwischen Österreich und Deutschland bestehe.Wenn man sich aber auch schon positivistisch auf historische Tatsachen beruft, besteht die Gefahr, den Begriff "österreichisch“ zu historisieren, d.h. die Eigentümlichkeit am "Österreichischen“ auf das zurückzuführen, was man als Eigenart in der Vergangenheit Österreichs erkennt und dann als zeitlos typisch besiegelt. Dann bleibt einem aktuellen Verständnis von Österreicr bzw. der österreichischen Literatur nur die Wahl, "ins als zeitlos hingestellte, doch eigentlich historische Kostüm zu schlüpfen oder dagegen zu opponieren“ (N. Griesmayer).Oder die Beschäftigung mit der Determinierung des "Österreichischen“ führt wie beim Essay von Hans Weigel durch Spielen mit reizenden blen-denden Paradoxen des Sinngefüges des Wortes "österreichisch“ schließlich zur emotionalen Subjektivierung des Gegenstandes und sogar auch bei der objektiven wissenschaftlichen Arbeit oft Hand in Hand mit dem dichterischen Österreich-Bekenntnis zur "apologetischen Verklärung des Österreichischen“ (W. Weiss), deren Gipfel in den sechziger Jahren erreicht wurde.Denn dabei geschieht eine Ideologisierung, so daß der Begriff "österreichisch“ als umfassende, absolute Kategorie erscheint, d. h. es wird Positives an ihm einseitig hervorgehoben, während Negatives zurückgedrängt wird.Der Versuch, das "Österreichische“ zu begreifen, ob es wissenschaftlich erörtert oder essayistisch dargestellt wurde, war unvermeidlich ans österreichische Bewußtsein gefesselt und man konnte es nicht objektivieren, bis es C. Magris als "habsburgischen Mythos“ kritisch analysiert hat. Bis dahin war alles am Österreich-Begriff aus diesem Bewußtsein, das das selbstverständliche Vorhandensein des "Österreichischen“ verlangt, abzuleiten und darauf hinzuleiten.
著者
中込 啓子
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.67, pp.93-103, 1981-10-01 (Released:2008-03-28)

In Bezug auf den zwei Novellen enthaltenden Band "Vereinigungen“ spricht Musil in seinen Briefentwürfen von einem neuartigen Gebrauch der Bilder als Bedeutungsträger. Das Bild sei nicht symbolisch, sondern distinkt, kategorisch, d.h., aussagend und erzählend. Musil überträgt hier den Bildern die Funktion der Sprache, um wegen der Knappheit der Novelle Raumverschwendung zu vermeiden. Es kommt ihm bei der neuen Erzähltechnik auf das Prinzip der "motivierten Schritte“ und auf die "Aneinanderreihung“ der mit mathematischem Wagemut kombinierten Bedeutungszusammenhänge seelischer Elemente an. Diese Erzählhaltung rührt her von seiner Abneigung gegen die Scheinkausalität und Scheinpsychologie nach "Törleß“. In dieser Arbeit werden die Bilder in "Versuchung der stillen Veronika“, einer der zwei Novellen, analysiert, um die Gründe für die Erschwerung der Lektüre der Novelle darzustellen.Für die Bildersprache der Novelle ist charakteristisch, daß Musil eine Quasi-Wirklichkeit der möglichen Wirklichkeit zu vergegenwärtigen versucht, indem er erstens sichtbare, räumliche Bilder für das Unfaßbare einsetzt; zweitens wird auf das Unfaßbare durch das Prinzip hingewiesen, daß bei dualistischer Kombination eines zugleich das andere aufruft. Doch ein solcher imaginärer Aufbau durch Bilder ist nicht immer sinnfällig. Drittens wird durch die Gestörtheit der Veronika die ein drittes Lebendiges hervorrufende Funktion der polare Begriffe vereinigenden Sprache verstärkt. Veronikas enge, gegen das Gewöhnliche etwas verschobene Perspektive vergegenwärtigt die eigentümlichen Räume mit Bildern. Ihre Blicke werden immer eher mit Sehnsucht auf die belle Weite der erfüllten, traumhaften "Ferne“, auf das "Nochnichtbegangene“ gerichtet als auf die "Nähe“ der Wirklichkeit, die eng, dunkel, leer, wach und regellos aussieht. Im Gegensatz zu dem sinkenden Leben stellt das Verb "wölben“ jeweils erhöhtes Gefühl als den Grenzbereich in der Ahnung des Liebesvollzugs mit Begleitbildern wie "Licht“, "Klang der Töne“ oder "Linen“ dar. Der Grenzwert ist ein "Punkt“. Über die oben angeführten Bilder kann man verhältnismäßig kategorisch urteilen.In Veronikas traumwachen, gespannten Gedanken ereignet sich "eine geheimnisvolle geistige Vereinigung“ als Scheinkulmination mit "Ichsinnlichkeit“ in einem Schwebezustand; einerseits ist da ihre Vermutung, Johannes sei tot, andererseits der Gedanke, daß er nicht tot ist. Die Geschehnisse vor der Abreise des "wirklichen“ Johannes wiederholen sich in Veronikas Gedanken bildhaft in der Paar-Konstruktion als Schein der Wirklichkeit. Der durch die Technik des Hellsehens entpersönlichte Zustand ohne Unterschiede zwischen dem Selbst und dem Andern ist dem mystischen Zustand bei der begrifflicheren Fernliebe Ulrichs zu der Frau Major ähnlich. Veronikas isolierte, autonome Selbstliebe bzw. Fernliebe neigt zu einer ziellosen Sehnsucht, die in sich ebenfalls mystische Elemente hat.Aus der Tatsache, daß Musil eine Passage ("Es duckte sich. …Dornenhecke“) aus der Szene der sodomitischen Liebe zwischen Viktoria und Demeter Nagy gegen Ende der vollendeten Vorstufe (das "Verzauberte Haus“), in die Liebesszene der vierzehnjährigen Veronika und eines Bernhardiners eingeführt hat, ist zu schließen, daß Musil die beiden Szenen analogsetzt. Zugleich hat Musil sowohl den Dialog der Liebenden um Gott als auch die tier- und gottbezogen gedachten Bilder,
著者
識名 章喜
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.83, pp.75-84, 1989-10-01 (Released:2008-03-28)

Dem Roman "Der Tunnel“ (1913) von Bernhard Kellermann begegneten zunächst die zeitgenössische Kritik und die Literaturwissenschaft wegen seines legendären Welterfolgs nicht freundlich. Weil das Werk hohe Auflagen erzielte, erkannten sie in ihm nur einen >Unterhaltungsroman<, den durchschnittliche Zeitungsleser sensationssüchtig verschlangen. Die Rehabilitierung des Werks wurde erst dadurch ermöglicht, daß der angloamerikanische Begriff >Science Fiction< im deutschsprachigen Raum seinen angemessenen Platz fand. Aber noch aufschlußreicher ist es für die Forschung, von dem von Habermas formulierten Hinweis auszugehen, daß die Erkenntnisse der Wissenschaft nur "auf dem Umwege über die praktischen Folgen des technischen Fortschritts“ in das literarische Bewußtsein eindringen können. Gerade im Blick auf diese Problematik ist das Thema >Technik und Literatur< produktiv aufzugreifen, von dessen Standpunkt aus wir uns mit dem "Tunnel“;-Roman kritisch auseinandersetzen können.Was an dem Roman das Publikum anzieht und zugleich überrascht, ist nicht der außergewöhnliche transatlantische Tunnelbau, der Europa zum "Vorort Amerikas“ macht, sondern die plötzliche Veränderung des lyrischbegabten Autors, dessen Stil durch eine impressionistische Sentimentalität geprägt war. Aber er weiß sehr gut, sich der zeitgenössischen Mode anzupassen. Als er den Roman schrieb, war bereits das Ende der großen Eisenbahnbauzeit gekommen, waren die neuen Maschinen, die Autos, Luftschiffe und Flugzeuge, bereits vorhanden, hatte sich die Tragödie der >Titanic< im Jahre 1912 überall herumgesprochen. Aus diesen Gründen mußte sich der vielgereiste Autor dem Tempo des modernen Lebens anpassen, um die zur Mode gewordene Amerika-Euphorie zu singen. Aber nicht die idyllische >Neue Welt< Amerika, sondern das "kochende, schlaflose“ New York wird hier demonstriert.Mac Allan, der vom Bergarbeiter zum Elite-Ingenieur aufsteigt, ist zielstrebig und hart genug, sein Tunnel-Projekt durchzusetzen. Er verpflichtet sich, im Zeitraum von fünfzehn Jahren einen submarinen Tunnel zu bauen, der Amerika und Europa verbinden soll. Allan ist eine Verkörperung des Ingenieur-Ideals und spielt nur eine funktionierende Rolle. Er hat eine kalte, entschiedene >Stahlnatur<, die von der Jugend bis ins Alter keine Veränderung, keine menschliche Entwicklung erfährt. In dieser Figur ist der >Tatmensch<, der für die Technik nutzbare Ingenieur-Typ, vorweggenommen.Das Tunnel-Projekt unterstützen die großen Finanzmächte, vor allem deren Vertreter Lloyd, in dem die Logik des Kapitalismus: Kostenprinzip und Spekulationslust, konkretisiert werden. Der Amerika-Roman kann deshalb als literarisierte Wirtschaftslehre verstanden werden, in der der Autor seine stereotype Auffassung von der wirtschaftlich manipulierten Gesellschaft in lebendigem Reporterstil mitteilt. Durch Zeitungsberichte ist es ihm gelungen, von der geschlossenen Gefühlswelt der Einzelnen in die Massengesellschaft einzudringen. Er konnte sogar die Technik-Euphorie mit seiner Sprache verstärken, deren Bildhaftigkeit und Analogiehaftigkeit sich der futuristischen Wortkunst anschließen. Aber es fehlt Kellermann noch an einer Ausdruckskraft, die die ungeheueren Massenphänomene wieder ins Individuum zergliedern kann. In diesem Roman werden Arbeitergruppen und viele Unbekannte nur als Material zum Tunnel-Werk dargestellt.So gesehen, geht es im Roman nicht nur um die technisch-erreichbare Zukunft, sondern um das Zeit-Bild, in dem sich Technik und Wirtschaft untrennbar verflechten und in dem die Massenmedien unbedenklich rezipiert wuerden.
著者
柳井 尚子
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.63, pp.43-51, 1979-10-01 (Released:2008-03-28)

In einem kleinen Beitrag ("Klingsor im, Wartburgkrieg‘“) für die "Annual Reports“ (vol. 4, 1979) der International Christian University habe ich vor kurzem die Gestalt Klingsors mit der des Clinschor im "Parzival“ verglichen. Da der Text des "Wartburgkrieges“ bei uns in Japan bisher so gut wie unzugänglich ist, habe ich einige Strophen des zweiten Tells vorgestellt, in denen Klingsor als sprechende Person auftritt. Der vorliegende Aufsatz ist ein Versuch, diese Dichtung im Zusammenhang mit Klingsor und seinem Gegenbild Wolfram zu untersuchen.Klingsor wird eigenartigerweise 1. im "Parzival“ als heidnischer Zauberer, 2. im "Wartburgkrieg“ als Wolframs gelehrter Widersacher und 3. in der neueren Literatur als belehrender Dichter dargestellt. Der Name Klingsor, der uns besonders aus der neueren Literatur bekannt ist, stammt zwar aus dem "Parzival“, aber die Gestalt des Klingsor wird erst im "Wartburgkrieg“ ganz klar umrissen gezeichnet. Hier habe ich hauptsächlich diese letztere, in Japan bisher von der Forschung noch nicht beachtete Dichtung vorzustellen versucht.Der Titel "Wartburgkrieg“ ist in den Handschriften nicht enthalten, sondern was uns überliefert ist, sind die in zwei verschiedenen "Tönen“, im "Thüringer Fürsten-Ton“ und im "Schwarzen Ton“, geschriebenen Strophengruppen, aus denen der Meistersang entstanden ist. Es ist bisher noch nicht gelungen, aus der gesamten Überlieferung eine Dichtung "Wartburgkrieg“ zu rekonstruieren. Im Hinblick auf dieses Problem stimme ich allerdings der Meinung Wachingers zu: "Das historisch Bedeutsame am, Wartburgkrieg‘ scheint mir nicht irgendein nie mit Sicherheit rekonstruierbares, Original‘ zu sein, sondern die Tatsache, daß von diesem Thema mehr als zwei Jahrhunderte lang eine Faszination ausging, die Erweiterungen, Umformungen und Neudichtungen veranlaßte, in denen sich Kontinuität und Wandel des literarischen Selbstbewußtseins der, meister‘ spiegelt.“ Der "Wartburgkrieg“, wie wir ihn nennen, besteht aus zwei Teilen. Im zweiten Teil, dem "Rätselspiel“, führt Klingsor einen Dialog mit Wolfram. Klingsor stellt die Rätsel, während Wolfram die Aufgabe ihrer Lösung zufällt. Bei einem Überblick über alle Strophengruppen, denen die Situation eines Rätseldialogs zugrunde liegt, können wir erkennen, daß Klingsors Heimat Ungarn ist, daß er in der islamischen Welt gewesen ist, daß seine Gelehrsamkeit sich nicht allein auf die Kenntnis christlicher Wissenstradition beschränkt, sondern daß er auch in die Geheimnisse der Magie eingeweiht ist, daß er die Geister der Hölle beschwören kann und über die Kunst, in den Sternen zu lesen, verfügt. Klingsors Wissen besteht aus heidnisch-jüdischer Wissenspraxis und theologischer Gelehrsamkeit. Es bleibt aber eine ungelöste Frage, ob er eine historische Gestalt ist, ein Dichter, der im "Schwarzen Ton“ schuf, oder nur eine Gestalt der Dichtung.Klingsor ist als polemisch akzentuiertes Abbild eines "meisterpfaffen“ gekennzeichnet, der sich auf dem hohen Niveau der theoretischen Beherrschung theologischer Inhalte bewegt, wodurch er sich von den weniger theoretisch geschulten Geistlichen unterscheidet, während Wolfram als Idealtypus eines "leien“ dargestellt ist, der die wahre Einfalt reprasentiert. Wolfram verrät durch die Lösung der Rätsel, bei denen es sich urn christliche Allegorien handelt, die Einweihung in nicht christliche Wissenspraktiken.
著者
飯豊 道男
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.86, pp.1-11, 1991-03-01 (Released:2008-03-28)

Es ist sehr schwierig, daß wir heute irgendwo im deutschsprachigen Raum mit Gewährsleuten der Voklserzählungen Kontakte aufnehmen, weil Radio, Fernsehen und Veränderungen der Sozialstruktur solche überlieferten Schätze verdrängten. Seit 1974 versuchte ich hauptsächlich in Schwertberg, einer Marktgemeinde im Oberösterreich in Österreich zu leben, intermittierend auch im Jahre 1977, 1985 und 1989-so lange wie möglich, um einige Erzählerinnen dort zu besuchen und zugleich den Alltag in der Gemeinde mitzuerleben. Die alten Erzähler und Erzählerinnen, die ich 1974/75 und 1977 in Oberösterreich und Burgenland persönlich kennenlernte, leben fast alle leider nicht mehr.Johann Haunschmidt in Tragwein in OÖ. erzählte 1954 Prof. Karl Haiding drei Schwänke. Kurz vor seinem Tode (1979) brachte Johann Haunschmidt einen jener Schwänke zu Papier, die er im Jahre 1954 Dr. Haiding erzählt hatte. Diese Fassung übergab er dem an Volksüberlie-ferung interessierten Schwertberger Schuldirektor Josef Puchner, der mir im Jahre 1985 das Manuskript freundlicherweise übergab. Es zeigt wohl gleichsam symbolisch die gesunkene Bedeutung mündlicher Erzählüberlieferung auf: die meisten Gewährsleute fanden in ihren späteren Lebensjahren kaum mehr Zuhörer; die "Erzählgemeinschaft“-"Auditorium“-hatte so gut wie zu bestehen aufgehört-auf Grund des allgemein eingetretenen gesellschaftlichen Strukturwandels. -Auch Frau Katharina Schwarz in Schwertberg hinterließ mehrere Hefte mit handschriftlichen Aufzeichnungen gleicher Geschichten. Der Beweggrund hiefür scheint bei Frau Schwarz ein anderer gewesen zu sein als bei Herrn Haunschmidt:Frau Schwarz schrieb allem Anschein nach ihre Erzählungen für ihre Familie nieder bzw. für Leute aus ihrer engeren Umgebung. Sie setzt nämlich die Kenntnis lokaler Gegebenheiten voraus. Sie verzichtet voll-ständig auf "Erklärungen“. Ihr Schreibstil ist weder in den früheren noch späteren Aufzeichnungen qualitativ unterschiedlich, die Sprache holperig! Ich konnte Vergleiche anstellen, da ich ein Heft mit Aufzeichnungen im Jahre 1974 von Frau Schwarz persönlich erhielt und nach ihrem Tode ein zweites aus ihrer Hinterlassenschaft an den Sohn. Auch vom Inhalt her sind die Unterschiede unwesentlich.Anders hingegen bei Herrn Haunschmidt: bei ihm gibt es auffallende Unterschiede zwischen der "früheren und späteren“ gleichen Geschichte. So ist der Name des "Helden“ anders: dieser heißt "Peter“. (Ursprünglich stand im Mittelpunkt der Erzählung sein Großvater.)-Auch wird die Geschichte nicht mehr im Dialekt wiedergegeben, sondern in der Schriftsprache. Dazu gibt der Schreiber auffallend viele Erklärungen für den Leser. -Es scheint, daß der Schreiber (Erzähler) grundsätztlich nicht mehr den Leuten seines unmittelbaren Bekanntkreises "erzählen“ will, weil er sich dessen bewußt ist, daß er da kaum mehr Gehör finden wird. Er wendet sich daher bewußt an jemanden von "außen“. der noch dafür Interesse zeigt-wie der zitierte Schuldirektor!Früher spielten die Erzähler eine wichtige und geschätzte Rolle im Gemeinschaftsleben und die Volkserzählungen wurzelten in einer traditionsreichen Überlieferung. Doch die großen Veränderungen im soziologischen Bereich haben ihnen gleichsam die Grundlage für ihre Funktion entzogen. Was wir heute beobachten können, ist sozusagen der "Selbst-Verfall“ der Volkserzählungen. Sie verschwinden mehr und mehr aus dem Gesichtsfeld, werden wohl in Büchern und Bibliotheken
著者
金森 誠也
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.44, pp.48-58, 1970-03-31 (Released:2009-01-30)
参考文献数
12

Nachdem Wagner 1854 auf Empfehlung seines Dichterfreundes Georg Herwegh, Schopenhauers Hauptwerk “Die Welt als Wille und Vorstellung” gelesen hatte, begeisterte er sich für die Philosophie des Pessimismus bis zum seinem Lebensende und bemühte sich, in seinen späteren musikalischen Dramen die Grundidee dieser Philosophie auszüdrücken. Aber der “Lehrer” Schopenhauer war gegen seinen musikalischen Schöler sehr kalt geblieben. Als Wagner ihm die Dichtung seines “Ring des Nibelungen” mit der handschriftlichen Widmung “Aus Verehrung” überbringen ließ, stellte er nur fest, jener habe mehr Zeug zum Dichter als zum Musiker.Nach Schopenhauers Theorie nimmt die Musik unter allen Künsten eine durchaus unvergleichliche Stellung ein. Er hat festgestellt, daß die Musik keineswegs gleich den anderen Künsten das Abbild der Ideen, sondern Abbild des Weltwillens ist, dessen Objektivität auch die Ideen sind: deshalb eben ist die Wirkung der Musik sehr viel mächtiger und eindringlicher, als die der anderen Künste; denn diese reden nur vom Schatten, sie aber vom Wesen.Die Oper schätzte Schopenhauer nicht sehr hoch. Er meinte die Oper, und besonders die Große Oper, sei eigentlich keine Erzeugnis des reinen Kunstsinnes, vielmehr die des etwas barbarischen Begriffs von Erhöhung des ästhetischen Genußes mittels Anhäufung gekünstelter, nicht musikalischer Mittel.Auch Wagners musikalische Dramen verwarf er nach Anhören des “Fliegenden Holländers” gänzlich und teilte einem seiner Freunde mit, “Wagner wisse nicht was Musik sei.” Dagegen war Wagner seinem Lehrer treu ergeben und zunächst begeistert für Schopenhauers Grundgedanken, der darin besteht, daß der einzige Weg nach Erlösung derjenige der konsequenten Verneinung des Willens zum Leben ist.In der Selbstbiographie “Mein Leben” und in einem Brief an Franz Liszt von 1854 schildert Wagner in anschaulicher Weise die Wucht der ersten aus Schopenhauers Gedankenwelt gewonnenen Eindrücke, vor denen die letzten Reste des zeitweilig durch die Jungdeutschen und Ludwig Feuerbach genährten Optimismus und revolutionären Sozialismus sich schnell verflüchtigten.Ferner schätzte Wagner Schopenhauers musikalische Theorie, die der Musik unter allen Künsten eine so hervorragende Stellung einräumt, obwohl er in seiner früheren Schriften der Oper vorwirft, sie mache das Mittel des Ausdrucks (die Musik) zum Zweck, der Zweck des Ausdrucks (das Drama) aber zum Mittel des Kunstwerks und bis zu seinem Ende an dieser Behauptung im wesentlichen festhielt.Wagners musikalische Dramen, die unter Schopenhauers starkem Einfluß geschaffen wurden, sind der “Ring, ” “Tristan” und “Parsifal.”Besonders im “Ring” wird unter Schopenhauers Einfluß die Wendung von der Aktion zur Passion vollzogen.Im “Ring” hört Siegfried auf, ein Revolutionär oder auch Befreier durch die Tat zu sein. Das erlösende Wissen taugt ihnen allen, Wotan, Siegfried wie Brünhilde, nur noch dazu, das Ende zu wissen und zu wollen. Hier wandelt sich das tragische Schauspiel zum Passionsspiel.In der Schlußszene der “Götterdämmerung, ” die unter Schopenhauers Einfluß dreimal abgeändert wurde, singt Brünhilde unverkennbare pessimistische Strophen, die Schopenhauers Philosophie verraten.Ferner zeigt sich in Tristans und Isoldes Liebestod die Lehre der Verneinung des Willens zum Leben.Das Versinken in Bewußtlosigkeit, das die Vereinigung der Liebenden eben dadurch herbeiführt, daß sie das Einzeltum, die Individualität auslöscht, enthält viel von Schopenhauers Weltansicht
著者
山田 泰完
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.86, pp.12-23, 1991-03-01 (Released:2008-03-28)

Die Geschichten vom Gral, die anscheinend völlig unerwartet zwischen dem Ende des 12. Jahrhunderts und dem Anfang des 13. Jahrhunderts entstanden, weisen eindeutig änigmatische Züge auf. Es fehlen Dokumente und Belege, die den Hintergrund und die Umstände der Überlieferung näher beleuchten. Viele Belege gingen auch durch die mündliche Überlieferung der Geschichten verloren. Sollte es diesbezüglich Dokumente gegeben haben, so sind sie zurückgehalten, verfälscht oder vernichtet worden.In der Ziet um die Jahrhundertwende, die nicht mehr durch eine Atmosphäre der Aufgeschlossenheit, sondern durch eine der religiös-gesellschaftlichen und kulturell-geistigen Unterdrückung gekennzeichnet war, wurde die "Geschichte vom Gral“ nur als mythologisierte überliefert. Mit der Zeit wurde aus dem Mhytos vom "Gral“ ein Märchen, und er wurde nur noch zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Er war lange nicht mehr ein mythisches Moment, ein Symbol des Idealen, geschweige denn ein Gegenstand wirklicher Suche.Das Fieber hinsichtlich der Gralssuche in der Gegenwart kann durchaus als ein neues Mythologisierungsphänomen bezeichnet werden; es ist ein Beweis dafür, daß, was gegenwärtig geschieht, unmittelbar mythenbildend sein kann. Dieses Referat betrifft also den Gegenstand mediävistischer Forschung nur am Rande, ich hoffe aber, daß das Verständnis gegenwärtiger Mythologisierungsphänome auch zu einem besseren Verständnis solcher Erscheinungen im Mittelalter ein wenig beitragen kann.Wolfram von Eschenbach denkt bei seiner Darstellung des Grals an einen tatsächlich existierenden Kelch, und aufgrund konkreter Hinweise lassen sich Vermutungen hinsichtlich seines Aufbewahrungsortes anstellen. Die Legende um diesen Kelch ist mit der um Glastonbury vergleichbar. Wolfram hat dies aber aus nicht bekannten Gründen verschwiegen. Obwohl er betont, daß der Gral trotz größter Anstrengung unerreichbar ist und an einem unauffindbaren Ort verborgen, ist deutet er selbst auf diesen Ort hin. Dies kann als ein Ablenkungsmanöver angesehen werden, da er seine tatsächliche Absicht zu verschleiern versucht. Auch die Frage hinsichtlich der Vorlage könnte damit in Verbindung stehen. Die Tatsache, daß Wolfram über so viele Kenntnisse verfügt, weist darauf hin, daß ihm außer Chréstiens Werk weitere Quellen zur Verfügung standen. Daß wir keine entsprechenden Belege, ja nicht einmial Spuren davon auffinden können, liegt wahrscheinlich daran, daß die Überlieferung des Wissens mündlich erfolgte. Gerade die mündliche Überlieferung des esoterischen Wissens erfolgte möglicherweise in weit größerem Ausmaß als wir es uns bisher vorgestellt haben.Die gnostisch-esoterische Interpretation wie bei Rudolf Steiner, die den Gral als Symbol des gnostischen Wissens ansieht, wird hier nicht ausführlich erörtert, obwohl sie sich heutzutage mehr und mehr durch-setzt. In diesem Fall wird der Gral nur als Symbol des Gesuchten und nicht als Gegenstand der wirklichen Suche an sich betrachtet. Freilich nimmt er als deren Gegenstand in manchen Fällen auch solch esoterische Züge an. Seit Otto Rahn das moderne Mythologisierungsphänomen wieder aufgegriffen hat, scheint das Languedoc das Zentrum der Gralsu-chenden von heute geworden zu sein. Wie in der damaligen Übergangszeit, so scheint auch heutzutage eine neue Sage zu entstehen, die wohl ebenfalls nur als Mythos überleben kann. Das Wort San Graal im Okzitanischen wird als Anagramm Sang Raal (königliches Blut) wiedergegeben und im Sinne einer "Blutlinie“ von David über Salomon, Jesus und die weiteren Nachfahren interpretiert.
著者
新本 史斉
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.91, pp.126-136, 1993-10-01 (Released:2008-03-28)

Robert Walser schreibt Prosastücke über die sogenannten "unglücklichen Dichter“ wie Heinrich von Kleist, Georg Büchner usw. Diese Prosastücke wurden in der bisherigen Forschung vorwiegend als Beweis für Walsers seelische Verwandtschaft zu diesen Autoren betrachtet. Walsers ambivalente Beziehung zu ihnen ist jedoch, wenn man die für den Anfang des 20. Jh.s typischen Wiederentdeckungen der verkannten Dichter in Betracht zieht, eher als eine methodische Distanzierung und Differenzierung von der damaligen Dichterrezeption zu verstehen. In seiner Berliner Zeit erlebte Walser, wie Kleist und Büchner plötzlich in Mode kamen und dann zu mythologisierten Vorbildern wurden. Kleists 100. Todesjahr (1911) und Büchners 100. Geburtsjahr (1913) wurden hintereinander gefeiert. Angesichts der bis zur völligen Identifikation gesteigerten Verehrung durch die Expressionisten und der romantischen, massenhaften Konsumierung der "unglücklichen Dichter“ durch das Lese- und Theaterpublikum findet Walser es unmöglich, diesen verbreiteten Topos durch einen frühen Tod zu wiederholen. In seinem »Geburtstagsprosastück« (1927) ironisiert Walser sich selber, der nichts anderes kann, als über das Todesalter seiner Vorgänger hinaus weiter zu leben.Walsers Dichterporträt ist vieldeutig: Zurn einen gibt es ironisch das damals verbreitete romantische Dichterbild wieder. Zum anderen stellt es wie Büchners »Lenz« auch sein Selbstbildnis dar. Besonders aus Kleist und Büchner macht Walser glückliche Dichter, die sich beweglich der Identifizierung mit dem Unglück entziehen.In »Dornröschen« ist Walsers dichterische Krise um 1920 zu erkennen, der gerade den Tod seiner Vorgänger überlebte. "Der Fremde“, der das Schloß vom hundertjährigen Schlaf befreit, wird aufgefordert, er solle seine Gegenwart ordentlich legitimieren. Dabei läßt ihn Walser nicht die Legitimierungssprache sprechen, sondern zwei zitathafte Erkenntnisse, die den Begriff der Legitimation selbst in Frage stellen.Erstens erinnert die plözliche Rede des "Fremden“, "Ist Wirkliches nicht auch ein Traum…“, an eine Rede Robespierres in Büchners »Dantons Tod« (Akt I. 6). Dort bringt Dantons Metatheater-Kritik Robespierres Identität als freies Subjekt ins Wanken. In »Dornröschen« beschreibt der "Fremde“ die Struktur der illusionären Selbständigkeit des modernen Subjekts, das sich immer einer unsichtbaren höheren Instant unterwirft. "Wirklichkeit als Trau“ bzw. "die Welt als Theater“ ist zwar seit der barocken Zeit kein seltener literarischer Topos, aber Walser scheint ihn dock von Büchner übernommen zu haben, weil bei beiden Autoren kein Gott mehr hinter den Kulissen steht.Zweitens zitiert er aus Kleists Essay »Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden« den Satz: "L'appétit vient en mangeant“, um hinter dem scheinbaren Happy-End auf seine Utopie der Sprache anzuspielen: "L'idée vient en parlant“, die Sprache, die nicht mehr dem Denken, also auch keinem Zweck, untergeordnet ist. Das Drama endet mit dem glücklichen Geschwätz.Am dramaturgischen Wendepunkt, nach dem Dornröschen die Gegenwart des "Fremden“ ohne seine Legitimation bejaht, berichtet der "Fremde“ über das "Glück im Tod“ seiner Vorgänger, die vor ihm Dornröschen zu erreichen versucht haben. Darauf antwortet Dornröschen, sie werde immer an die erfolglos Gestorbenen denken. Da geniert sich der Fremde, daß er erfolgreich vor ihr steht.
著者
好村 冨士彦
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.42, pp.79-90, 1969-03-31 (Released:2008-03-28)

"Geist der Utopie“, geschrieben von Ernst Bloch während des ersten Weltkriegs und auch nach dem Krieg, d.h. nach dem Scheitern. der deutschen proletarischen Revolution, war und ist ein problematisches Buch. Man findet darin eine seltsame Mischung von radikal revolutionärem Pathos und ebenso radikal idealistischer Kontemplation, von kühner Denkungsart und frommer Heilssehnsucht. Die innere Spannung des jungen Bloch gewinnt hier einen gewaltigen Ausdruck, der philosophisch von jüdischer Mystik und vom Marximus, künstlerisch vom Expressionismus genährt ist.Die utopische Funktion konzentriert sich zunächst intensiv nach innen, tief bis zur Selbstbegegnung, welche Bloch in der gotischen, barocken und expressionistischen Kunst und vor allem in der Magie der Musik zu finden glaubt. Dann wendet sich der utopisierende Blick horizontal nach außen und erhält nun eine kosmische Weite. Der sozialistische Gedanke von Marx und der gnostische Glaube an die Seelenwanderung bilden eine utopische Synthese, die einen faszinierenden Wachtraum durch den irdischen und überirdischen Raum hinwachsen läßt.Indem Bloch hier tief ins Dunkel, in die okkulte Unterwelt der Seele hineintaucht, deren Untersuchung bisher ausschließlich Mystikern, Romantikern oder Tiefenpsychologen überlassen war, so gelingt dem Propheten mit Marx- und Engelszungen, wie ihn Martin Walser mit Recht genannt hat, aus der Finsternis heraus das Licht zu erzeugen, welches uns die utopische Perspektive in die Zukunft verschafft, die weder erstarren noch verbleichen, sondern immer neu und ewig lebendig bleiben wird.
著者
谷本 慎介
出版者
Japanische Gesellschaft für Germanistik
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.85, pp.130-141, 1990-10-01 (Released:2008-03-28)

Der 342. Aphorismus der "Fröhlichen Wissenschaft“ hat den Titel "Incipit tragoedia“, dessen Inhalt-ein einziges Wort ausgenommen-identisch ist mit dem Anfang von "Also sprach Zarathustra“. Es ist nicht zu leugnen, daß Nietzsche die Geschichte Zarathustras für eine tragische gehlaten hat. So muß man zuerst den Begriff "tragisch“ richtig verstehen, um sich ihr zu nähern.Den Archetyp der Tragödie sah Nietzsche in der griechischen, attischen Tragödie, was er in seinem philosophischen Erstlingswerk "Die Geburt der Tragödie“ darlegte, dessen Entstehung doch an seinen Umgang mit Wagner gebunden ist. Nach D. Borchmeyer ist es bis ins Detail von Wagners theoretischen Schriften, vor allem von "Oper und Drama“ (1851) und "Beethoven“ (1870) beeinflußt. In jener stellte Wagner ein eigentümliches Zeugungs-Prinzip des künstlerischen Schaffens auf. Für ihn ist die Musik einer Frau vergleichbar, durch deren gebärenden Akt ein musikalisches Drama entstehen kann, wofür andererseits ein zeugender Akt des männlichen, dichterischen Elements unentbehrlich ist. Diese Auffassung impliziert folgende These: der musikalische Dramatiker muß eine Androgynie sein. Wagners Geschlechtsmetaphorik besteht zwar aus rhetorischen Elementen, doch basiert sie wohl auf seiner instinktiven Sicherheit als Künstler. Obwohl sich die Auffassung von der Stellung der Musik als Mittel des Dramas durch die Lektüre Schopenhauers 1854 stark veränderte, bleibt dieses Prinzip in ihm unerschüttert. Für Wagner ist die Musik auf jeden Fall keine "absolute Musik“, sondern immerhin eine dramatische, die nur durch die Gestaltung des Dramas charakterisiert wird.Obschon Nietzsche selbst zur "absoluten Musik“ tendiert hat, hat er bei der Abfassung seiner Schrift "Die Geburt der Tragödie“ die Lehre Wagners, die These von der Androgynie eingeschlossen, akzeptiert. In dieser Schrift sind die beiden aus der griechischen Mythologie entlehnten Begriffe des Apollinischen und des Dionysischen, in bezug auf die Formlierung der Gestaltung der Tragödie, entwickelt worden. Jener entspricht dem männlichen, dichterischen Element von "Oper und Drama“ und dieser dem weiblichen, musikalischen, gebärenden. Nur durch die Zeugung beider Elemente, die sich im musikalischen Künstler als Androgynie vollzieht, kann die Tragödie hervorgebracht werden. Während die Begriffe des Apollinischen und des Dionysischen für die Erklärung der Entwicklung und des Untergangs der griechischen Tragödie und noch für die Erklärung ihrer Wiedergeburt in der Form des musikalischen Dramas Wagners wiederholt benutzt werden, erscheint das Motiv der Zeugung nur einmal am Anfang des Textes, wo der Autor die Duplizität der beiden Begriffe mit der Zweiheit der Geschlechter vergleicht. Aber im nachgelassenen Entwurf dieser Schrift hat er ganz offen und wiederholt die Gemeinsamkeit beider Duplizitäten erwähnt. Ein tragischer Künstler muß vor allem eine Androgynie sein: diese These bringt denjenigen in ein Dilemma, der als Musiker nicht so hoch eingeschätzt wird und trotzdem ein tragisches Werk schaffen will. Nietzsche selbst war immer noch stolz auf seine musikalische Begabung, die sich in seinem einzigen tragischen Werk "Also sprach Zarathustra“ entfalten sollte.Während die Gestaltung der Tragödie an die Duplizität des Apollinischen und des Dionysischen gebunden ist, ist die Gestaltung der tragischen Helden von einem Gott, von Dionysus, abhängig. Nietzsche behauptet, daß eben Dionysus ursprünglich auf der griechischen Bühne der einzig vorhandene Held sei, und daß