著者
中村 寿
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.154, pp.176-194, 2017-03-25 (Released:2018-03-31)

Selbstwehr—Unabhängige jüdische Wochenschrift (1907–1938) war eine deutschsprachige jüdische Zeitung, die ihren Sitz in Prag hatte. Selbstwehr definierte sich zwar als jüdische Zeitung, war jedoch tatsächlich eine zionistische Propagandazeitschrift, d. h. sie propagierte den Nationalismus des jüdischen Volkes. Im Gegensatz zum herkömmlichen Judentum versuchte der Zionismus bzw. das „Nationaljudentum,“ wie seine Anhänger es nannten, die Juden als anderen Völkern gleichberechtigt gegenüberzustellen, indem die jüdische Identität nicht nur als religiös, sondern auch als national interpretiert wurde. Diese Zeitung wird oft im Zusammenhang mit der Prager deutschen Literatur von der Jahrhundertwende bis zur Mitte der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts erwähnt. Der Grund dafür könnte sein, dass Kafkas Vor dem Gesetz und andere kurze Stücke in und nach der Kriegszeit des Ersten Weltkriegs erstmals dort veröffentlicht wurden. Deshalb waren es die Kafka-Forscher, die Selbstwehr in die Diskussion der Germanisten eingeführt haben. Laut Binder gibt es außer Selbstwehr zudem keine Zeitschrift, die in Kafkas Tagebüchern oder Briefen so oft erwähnt wird. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
吉田 治代
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.154, pp.82-102, 2017-03-25 (Released:2018-03-31)

Ernst Blochs Utopie mit ihrem ‚religiös-marxistischen‘ Impetus ist im späten 20. Jahrhundert in Verruf geraten. Entsprechend der berühmten Interpretation von Karl Löwith, dass das Dritte Evangelium von Joachim von Fiore sowohl als die Dritte Internationale wie auch als das nationalsozialistische „Dritte Reich“ erscheine, haben Kritiker wie K. Vondung und N. Bolz Blochs Geist der Utopie mit dem „apokalyptischen Geist“ und somit dem „philosophischen Extremismus“ identifiziert und – genauso wie Nationalismus / Faschismus – mitverantwortlich für die Katastrophen des 20. Jahrhunderts gemacht. Dass es sich hier um eine voreilige Kritik handelte, lässt Siegfried Kracauers Einschätzung des Blochschen Denkens erkennen. Auch er fand zwar in Blochs Büchern Geist der Utopie (1918) und Thomas Münzer (1921) zunächst das Manifest eines „religiösen Kommunismus“ und kritisierte, dass Bloch die politische Utopie der klassenlosen Gesellschaft mit der apokalyptisch-eschatologischen Erwartung verschränkt habe. Gegen Ende der 1920er Jahren hat Kracauer jedoch eine weitaus differenziertere Sicht entwickelt. Er sieht beim linken Philosophen einen konservativen Zug, indem dieser die Dinge nicht nur „entschleiern“, sondern auch „bewahren“ will. Damit trifft Kracauer genau das Motiv des Buches Erbschaft dieser Zeit (1935). „Zum utopischen Ende stürmen“ einerseits und andererseits „in der Welt verweilen“, „alles Gewollte, Gedachte und Geschaffene einsammeln“ – das gehört bei Bloch zusammen, und Kracauer nennt in den späteren Jahren Blochs Utopie „eine bewahrende“. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
針貝 真理子
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.156, pp.192-207, 2018 (Released:2019-03-31)

René Pollesch, einer der brisantesten Regisseure und Dramatiker im deutschen Gegenwartstheater, ist seit 2001 vor allem an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz tätig. Er bemüht sich um theatrale »Widerstands­prak­tiken« in der postfordistischen Kontrollgesellschaft. Denn es waren eben Künstler, die einen postfordistischen Arbeitsstil vorwegnahmen. Dieser Aufsatz behandelt Polleschs Stück »Stadt als Beute« (2001) in der »Prater Trilogie«, das sowohl als Theatertext als auch Inszenierung hochgeschätzt wurde. Polleschs Theaterarbeiten gelten als zentral für die Praxis des postdrama­tischen Theaters, dessen Konzept der Theaterwissenschaftler Hans-Thies Lehmann anhand von Heiner Müller entwickelt hat. Um die Arbeit Polleschs in der Theater- und Literaturgeschichte zu verorten, verdeutlicht dieser Aufsatz zunächst mit einem Vergleich zwischen Müllers »Die Hamlet­maschine« und Polleschs »Stadt als Beute« die Einflüsse von Müllers Arbeit auf Polleschs Textstil. Das wichtigste Merkmal, das beide Theatertexte teilen, ist die Einflechtung des Körpers der Schauspieler in die schriftlichen Texte. Die spielenden Körper tauchen in beiden Theatertexten als Lücken auf: Ohne den Auftritt der spielenden Körper entwickeln die Texte nicht ihre Wirkung. In einem zweiten Schritt wird die Aufführung von »Stadt als Beute« analysiert. Die Wohnung, die der Bühnenbildner Bert Neumann auf der Bühne errichtet hat, wird als Nicht-Ort im Sinn von Marc Augé konzipiert. An jenem Nicht-Ort wird gezeigt, wie die Körper und der Ort der Bewohner durch globales Marketing ausgebeutet werden. So werden sie zu einem Teil der globalen Ökonomie. Pollesch ist sich dabei völlig bewusst, dass auch das Theater selbst nicht außerhalb der globalen Ökonomie existieren kann. Er stellt sich somit die Aufgabe, das Theater nicht mehr als Forum oder Spiegel der Außenwelt fungieren zu lassen, sondern das Theater zu einem Ort zu machen, »an dem die Wirklich­keit anders vorkommt«. Auf diese Weise versucht er, »Kunst zu politisieren, und damit das Publikum«. Lehmann zufolge will das postdramatische Theater seine politische Praxis nicht durch die Repräsentation bereits gegebener politischer Ereignisse, Meinungen oder Ideologien durchführen, die zumeist nur als »Bestätigungsritual schon Überzeugter« fungieren können. Das Politische des postdramatischen Theaters kann seine künstlerische Qualität nur dann entfalten, wenn es durch das »Aussetzen« bzw. Unterbrechen »der normierten, rechtlichen, politischen Verhaltensweisen selbst« die im Alltag unsichtbare Regel sichtbar macht. Um den Ort, an dem die Wirklichkeit anders vorkommt, und das Politische des postdramatischen Theaters von Pollesch zu beleuchten, ist es unent­behrlich, nach den Orten der darstellenden Körper zu fragen. Obwohl die Darstellenden auf ihre Orte während des Spiels mit »hier« oder »da« verweisen, werden ihre Körper beständig vermarktet und an Nicht-Orte geliefert. Die Amorphie ihrer Orte ist im Wort »Gas« ausgedrückt. »Gas« ist auch der Begriff, den Deleuze wählt um die neue Form der Kontrolle in der »Kontrollgesellschaft« zu beschreiben, eben jene »Unternehmen«, die anders als Fabriken oder Gefängnisse keine Körper mehr einschließen. Die Schau­spieler bei Pollesch, die sich in ihrer Bühnenarbeit tatsächlich postfordistisch verkaufen, werden nicht einseitig kontrolliert, sondern sie benehmen sich gleichzeitig selbst wie »Unternehmen«. Ihr kontrollierendes »Gas« sind hierbei die eigenen Stimmen der Darsteller, die sie sowohl rezipieren, als auch hervorbringen. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
石橋 諭
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.160, pp.171-187, 2020 (Released:2021-06-04)

Friedrich Nietzsche kritisierte in der frühen Periode seines Schaffens, in der ersten Hälfte der 1870er Jahre, die Bildungssituation im Deutschland seiner Zeit. Dabei folgte er dem Ideal der ganzheitlichen Menschenbildung und einheitlichen Kultur und nahm das antike Griechentum zum Vorbild. Allerdings verwarf er dieses Ideal in der zweiten Hälfte der 1870er Jahre wieder. Wegen des Bildungsideals seiner frühen Periode betrachtete die bisherige Forschung Nietzsche jedoch als Wiederhersteller des neuhumanistischen Ideals. Hierbei aber wurden die sozialen Kontexte der Bildungssituation außer Acht gelassen und daher auch Nietzsches Kritik an ihr nicht ausreichend analysiert. Deshalb konzentriert sich die vorliegende Arbeit auf die genaue Darstellung seiner Kritik an der Bildungssituation, um zu überprüfen, ob sich die Bildungskonzeption beim frühen Nietzsche tatsächlich auf den Versuch, das neuhumanistische Ideal wiederherzustellen, reduzieren lässt. Hierzu wird in dieser Abhandlung die Kritik am deutschen Bildungsbürgertum in Nietzsches früher Schrift, den „Ersten Unzeitgemäßen Betrachtungen“ ausführlich untersucht, das sich nach dem Sieg des Deutsch-Französischen Krieges (1870-71) herausbildet. Da seine Kritik bisher vor allem im Zusammenhang mit dem neuhumanistischen Bildungsideal interpretiert wurde, Nietzsches Anspruch aber darüber hinausgeht, und das soziale Umfeld nicht berücksichtigt wurde, sind viele wichtige Aspekte weiterhin nicht erschöpfend analysiert. Nietzsche sieht die Fixierung auf die wissenschaftlich objektiven und historisch geordneten Kenntnisse, die in den 1870er Jahren vorherrschten, als zu einem Selbstzweck verkommen an. Hierdurch habe sich der Mensch von seiner eigenen Kultur entfremdet und eine ganzheitliche Bildung des Menschen sei unmöglich geworden. Aber Nietzsche kritisiert die Konzentration auf Geschichtswissen nicht nur vom Standpunkt des antiken Bildungsideals aus. Für ihn ist auch der Einfluss des sogenannten ‚Bildungsphilisters‛ auf die deutsche Kultur angesichts der sozialen Bedeutung der historischen Bildung überaus negativ. Genau diesbezüglich aber wurden bislang die falschen Kontexte als Voraussetzung für Nietzsches Kritik betrachtet; nämlich die Popularisierung der Bildung und der Untergang des Bürgertums am Ende des 19. Jahrhunderts. Aber Nietzsche stellt heraus, dass sich unter den gebildeten Bürgern eine Art privilegierte soziale Schicht, ein „Bildungsbürgertum“, bildet. Als Resultat dieser Entwicklung etabliert sich in der neu entstandenen Bildungsschicht die Vorstellung, dass der erreichte Bildungsstand der höchste in der bisherigen Menschheitsgeschichte sei, den Nietzsche mit dem Schlagwort des Bildungsphilisters als Hybris und ideologisch konstruiert entlarven will. Seiner Meinung nach entstand durch die Vorherrschaft des Historismus eine Kluft zwischen dem Inneren und dessen Ausdruck, die alle Bereiche des Lebens in Deutschland betreffe. Nietzsche bezeichnet diese Situation als stilistisches Durcheinander, „ein System der Nicht-Kultur“. Angesichts dieser sozio-kulturellen Struktur polemisiert Nietzsche ferner gegen das Bekenntnis des Bildungsphilisters zu seiner emotionalen Sensibilität – eine Empfindlichkeit, die er als ein typisches Phänomen seiner Zeit ansieht. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
山本 潤
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.154, pp.18-39, 2017-03-25 (Released:2018-03-31)

Wie es in der Offenbarung des Johannes repräsentativ ausgedrückt ist, gilt das apokalyptische Denken als ‚eine Strategie der Auslöschung der Geschichte‘, ‚eine Befreiung von Erinnerung‘ (Brokoff/Jakob 2002). Diejenige Dichtung, die in der Blütezeit der mittelhochdeutschen Literatur entstand und deren eschatologisch katastrophische Schlussszene, der Untergang der Heroen und ihrer Welt, in der neuzeitlichen Rezeption besonders starke Beachtung gefunden hat, ist das Nibelungenlied. Der Stoff dieses Werkes, die Stoffe aus der ‚heroic age‘ der Germanen nämlich, galt in einer noch weitgehend auf mündlicher Überlieferung basierenden Kultur als Medium, in dem die Erinnerungen an die großen Könige oder Kämpfer aufbewahrt waren, und es gelang, die dort beschriebenen Heldentaten und die Heldenethik zu verewigen. Solche Heldensagen enthalten oft den Untergang der Protagonisten, aber dieser Untergang selbst trägt auch zur Erinnerung der Heldentaten und der Heldenethik, die sich von der christlichen unterscheidet, bei. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
今道 晴彦
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.160, pp.220-237, 2020 (Released:2021-06-04)

Ziel der vorliegenden Arbeit ist eine Analyse der Produktivität adjektivbildender Suffixe im gegenwärtigen Deutschen sowie deren Beziehung zu Textsorten aus der korpuslinguistischen Perspektive. Dabei wird versucht, Antwort auf die folgenden drei Forschungsfragen zu finden: (1) Wie zeichnet sich die Produktivität der adjektivbildender Suffixe aus? (2) Lässt sich bezüglich der Produktivität der Suffixe eine Differenz zwischen den verschiedenen Textsorten beobachten? (3) Welche Eigenschaften lassen sich in denjenigen Suffixen beobachten, die einen Unterschied zwischen den Textsorten aufweisen? Hinsichtlich (1) ergibt sich Baayen & Lieber (1991) und Baayen (1993) zufolge, dass die Suffixe je nach Grad ihrer potenziellen Produktivität in vier Ebenen zu klassifizieren sind, wobei die Produktivität bei Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache (2019) als überbewertet aufzufassen ist. Bezüglich (2) erweist sich, dass –abel, –är, –haft, –los und –voll insobesondere in wissenschaftlichen Texten, –isch und –mäßig dagegen in Untertiteln von Filmen Verwendung finden. Bei (3) lässt sich beobachten, dass sich Suffixe wie –haft in wissenschaftlichen Texten mit verschiedenen Morphemen verbinden, Suffixe wie –mäßig dagegen in Untertiteln von Filmen als Intensifier produktiv Anwendung finden. Es wird zudem Hinweis darauf gegeben, dass sich mittels der korpuslinguistischen Analyse ein kritischer Blick auf die bisherige Beschreibung hinsichtlich der Produktivität der betreffenden Wörterbücher eröffnet.
著者
髙田 梓
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.162, pp.214-228, 2021 (Released:2022-03-25)

Christian Krachts Reisebericht über Asien Der gelbe Bleistift entstand aus seinen Reisekolumnen, die von 1999 bis 2000 in der Welt am Sonntag erschienen. In insgesamt 14 Fortsetzungen berichtete er über seine Aufenthalte in Thailand, Kambodscha, Laos, Burma [sic] , Singapur, Vietnam, Japan und auf kleinen Inseln im Südpazifik. Das Buch Der gelbe Bleistift besteht aus eben diesen Kolumnen, erweitert um seine bisherigen Reiseberichte über Aserbaidschan, Pakistan, Sri Lanka, Hong Kong und Indonesien. Auffallend ist, dass Kracht dabei viele Filmtitel in seinen Texten verwendet und damit zeigt, wie oft Filme im 20. Jahrhundert Asien thematisieren und orientalistisch darstellen. Angesichts dieses angewandten Orientalismus erzählt Krachts Reisebericht nun satirisch, wie anders das reale Asien als das in den Filmen ist, und wie diese Filme nun für den Tourismus kommerzialisiert werden. Der gelbe Bleistift zeigt einerseits das hochkapitalistisch kommerzialisierte globale Zeitalter der 1990er Jahre, aber andererseits kritisiert er auch den immer noch in Asien zu erkennenden Eurozentrismus. Wie Kracht sich früher als Journalist in seinen Auslandsreportagen oft mit sozialen Themen auseinandersetzte, fokussieren sich auch seine Reiseberichte in Der gelbe Bleistift auf soziale Probleme in Asien. Er richtet den Blick besonders auf ein mit der globalen Kommerzialisierung entstandenes wirtschaftliches Gefälle, das man mit dem ehemaligen Kolonialismus vergleichen kann. Diese ernsten und bedeutsamen Themen werden jedoch durch Krachts snobistischen Reisestil camoufliert, welcher von Luxushotels und seinem Widerwillen, sich dem asiatischen Lebensstil anzupassen, charakterisiert wird. Dass Kracht ausgerechnet „gelb“ als Farbe des Bleistiftes im Titel verwendet, kann zwar als provokativ, mit dem Rassismus assoziiert gesehen werden, noch vielmehr jedoch als Krachts ironischer Ansatz, den Rassismus gegenüber Asiaten anzuprangern. Diese ironische Methode ist auch in seinen Romanen zu sehen. In seinen beiden Romanen, Imperium und Die Toten, deren Schauplätze in Asien und zwar in einer deutschen Kolonie von Neuginea und in Japan in den 1930er Jahren liegen, ist hervorzuheben, dass der Autor Asien sehr orientalistisch darstellt. So beschreibt das erste Kapitel in Die Toten die Aufnahme einer Filmszene, in der ein Offizier Harakiri begeht, das Ritual des Selbstmordes japanischer Krieger, und Imperium betont die ehemaligen kolonialen Beziehungen zwischen Europa und Asien. Diese orientalistischen Darstellungsmuster erscheinen auch als ironische Karikatur, mit der Kracht den Orientalismus kritisiert. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
稲葉 瑛志
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.156, pp.155-173, 2018 (Released:2019-03-31)

Giorgio Agambens Stasis zufolge ist der Bürgerkrieg nicht einfach ein Krieg innerhalb einer Wirtschafts­gemeinschaft (Oikos), noch lediglich unpolitische Wirren. Vielmehr ist er der Politik dadurch elementar immanent, dass das Private plötzlich politisch wird und sich der öffentliche Raum im Gegenzug entpolitisiert, so dass sich in jedem Menschen der Grad des „Politischen“ zwingend offenbart. Deshalb kann niemand eine neutrale Stellung einnehmen und muss selbst die „Freunde“ von den „Feinden“ unterscheiden. Für Agamben ist der Bürgerkrieg seit der Antike demnach eine „Schwelle der Politisierung“ in Extremsituationen. In einem Staat wie der Weimarer Republik, die ihre Legitimität zu verlieren drohte, beschleunigte er den Prozess der Politisierung des Unpolitischen und wirkte als ein Anlass, das gesamte „Politische“ zu rekonstruieren. In seiner Abhandlung »Nationalismus« und Nationalismus (1929) bezeich­nete Ernst Jünger (1895–1998) sich und die revolutionären Nationalisten als „Söhne von Kriegen und Bürgerkriegen“, also nicht nur des Ersten Weltkriegs, sondern auch der folgenden Unruhen in den 20er Jahren. Seine Auffassung der Zwischenkriegszeit basiert auf einer speziellen historischen Auffassung, die unter den radikalen Nationalisten weit verbreitet war. In der historischen Forschung zu den paramilitärischen Organisationen dieser Zeit wird diese Auffassung ausführlich behandelt. Zum Beispiel deutet D. Blasius die Weimarer Republik in seinem Buch Weimars Ende als eine Nachkriegs­gesellschaft, die von Anbeginn mit dem „Bürgerkrieg“ konfrontiert war. Die andauernde Konfrontation mit Gewalt und kriegsähnlichen Zuständen erzeugte die politische Atmosphäre eines latenten Bürgerkriegs. Diese Krise prägte das Bewusstsein der Staatsbürger, indem sie Kriegsängste schürte, und förderte den Abbau der jungen demokratischen Republik. Die Zeitge­nossen sahen in den paramilitärischen Aufmärschen und Straßenkämpfen Indikatoren dafür, dass man sich schon in einem „Bürgerkrieg“ befinde. Nach H. W. Koch waren es gerade junge Menschen mit einer „nationalrevo­lutionären Haltung“, die diese Ängste schürten. Im gleichen Jahr wie »Nationalismus« und Nationalismus erschien Das Abenteuerliche Herz. Erste Fassung. Aufzeichnungen bei Tag und Nacht (1929). Das Buch ist eine Zusammenstellung von Prosastücken, essayis­tischen Betrachtungen, autobiographischen Episoden und Traumbeschrei­bungen. Die Forschungsergebnisse der letzten Jahre haben allerdings deutlich gemacht, dass man die Texte nicht als einen Bruch mit der voran­gegangenen politischen Publizistik Jüngers verstehen darf und dass Jünger ihre Ästhetik sogar in den Dienst eines erhofften radikalen politischen Umsturzes stellen wollte. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
伊藤 白
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.160, pp.93-108, 2020 (Released:2021-06-04)

Bibliotheken im Allgemein haben bei der Bildung einer „Öffentlichkeit“ im Sinne Habermas ’ wichtige Funktionen, indem sie nicht nur mit ihrem Bestand die Lektüre aller Teile der Gesellschaft fördern, sondern auch Bücher empfehlen, die Bibliothekare für lesenswert halten. So regte z. B. Gotthold Ephraim Lessing, der Dichter und Denker der Aufklärung und Anwalt religiöser Toleranz, eine öffentliche Diskussion gegen orthdoxe Theologie an, indem er als Leiter der Herzog August Bibliothek (HAB) in Wolfenbüttel einen kosmopolitischen und religiös liberalen Bestand bildete und in der Zeitschrift dieser Bibliothek einen antiorthodoxen Aufsatz des aufklärerischen Philosophen Hermann Sammuel Reimarus mit dem Titel „Fragmente eines Ungenannten“ veröffentlichte. In der Zeit des Nationalsozialismus jedoch wurden die Bibliotheken in Deutschland gleichgeschaltet: Die beiden Berufsverbände der Bibliothekare, nämlich der wissenschaftliche Verein der Deutschen Bibliothekare (VDB) und der öffentliche Verband Deutscher Volksbibliothekare (VDV) , wurden in die Reichsschrifttumskammer des NS-Regimes eingegliedert und Bücher, die auf der „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ standen, wurden sekretiert. Welche Rolle konnte dann eine Institution wie die „Lessing-Bibliothek“ während des Nationalsozialismus einnehmen oder auch nicht einnehmen, um eine alternative, tolerantere Öffentlichkeit zu erzeugen? Prof. Dr. Wilhelm Herse, der Direktor der HAB in der NS-Zeit, war einerseits der NSDAP „durchaus wohl gesonnen“. Andererseits sei jedoch „von irgendwelchen das damals übliche Maß überschreitenden politischen Aktionen in der Bibliothek“ nichts bekannt. Es sind sogar zwei Fälle bekannt, die wenigstens scheinbar gegen das NS-Regime wirkten: Ca. 600 alte Drucke in hebräischer Sprache entzog Herse dem nationalsozialistischen Zugriff, indem er ihre Existenz verschwieg. Und er berichtete, dass die in der Bibliothek vorhandene marxistische Literatur „nicht umfangreich“ sei, was den Tatsachen nicht entsprach. Inwieweit sein Verhalten als eine Art Widerstand oder Widerspenstigkeit zu betrachten ist, entzieht sich der Nachprüfbarkeit. Während die bisherige Forschung darin keinen politisch motivierten Widerstandsakt sieht, könnte man daraus wenigstens eine leise Dissonanz zwischen dem NS-Regime und der Bibliothek unter Leitung von Herse heraushören. Um diese Hypothese zu klären, sollen hier Herses wissenschaftliche Arbeiten analysiert werden. In seinen sieben Essays über Lessing, die im Lessing-Jahr 1929 und kurz danach geschrieben wurden, erwähnt Herse die Freundschaft zwischen Lessing und Mendelssohn objektiv, schätzt Nathan den Weisen hoch ein und argumentiert sogar gegen das damals oft propagierte Lessing-Bild als Befreier vom französischen Einfluss; er behauptet vielmehr, dass Lessing den französischen Aufklärer Voltaire für „recht gut!“ hielt. In seinen in der NS-Zeit veröffentlichten nationalistisch gesinnten Reden und Essays erwies er sich dagegen zwar als dem Nationalsozialismus „durchaus wohl gesonnen“: In einer Rede über Friedrich Schiller zitierte er dessen Ausspruch „göttlich muss eine Lehre sein, für die so freudig gestorben werden kann“; in einem Essay über Wilhelm Raabe begrüßte er mit dem Zitat „Deutschland, großes Vaterland“ aus Der Chronik der Sperlingsgasse den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, und in einem Artikel „Was ist des Deutschen Vaterland?“ schätzte er sogar die „Rückkehr“ des Sudetenlands ins Deutsche Reich positiv ein. Nach dem Krieg dann schreibt Herse wieder einen Essay über Lessing, in dem er Lessings Liebe zur englischen Literatur schildert. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
竹峰 義和
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.160, pp.125-140, 2020 (Released:2021-06-04)

Alexander Kluge wurde 1989 mit dem Lessing-Preis ausgezeichnet und hielt am 25. September des folgenden Jahres in Hamburg anlässlich der Preisverleihung eine Rede mit dem Titel Augenblick tragisch-glücklicher Wiedererkennung. Diese Rede ist trotz ihrer Kürze insbesondere im Kontext der ‚literarischen Öffentlichkeitʻ bemerkenswert. Denn, wie der Titel ihres ersten Teils, „Warum die Öffentlichkeit ein um keinen Preis der Welt verkäufliches Gemeingut ist (Gemeingut = persönliches Eigentum eines jeden von uns)“ deutlich zeigt, geht es darin um die „Öffentlichkeit“. Dieses ist zudem auch das Thema seines mit dem Co-Autor Oskar Negt zusammen verfassten theoretischen Hauptwerks Öffentlichkeit und Erfahrung (1972) ist. Kluges Lessing-Rede lässt sich also als ein Versuch betrachten, sich mit der Problematik der „Öffentlichkeit“ nach 18 Jahren erneut auseinanderzusetzen. Nicht zu übersehen ist, dass Kluge dabei Hannah Arendts Rede zum Lessing-Preis, Von der Menschlichkeit in finsteren Zeiten (1959), wiederholt erwähnt, um die Zusammenhänge zwischen der „Öffentlichkeit“/ „Intimität“ und dem „Poetischen“ zu reflektieren. In Öffentlichkeit und Erfahrung wies Kluge als Gegenargument zu Habermasʼ Strukturwandel der Öffentlichkeit (1962) darauf hin, dass sich die „bürgerliche Öffentlichkeit“ auf den „Ausgrenzungsmechanismus zwischen öffentlich und privat“ gründet, und forderte die Neuorganisierung einer „proletarischen Öffentlichkeit“, um den systematisch blockierten „Horizont der gesellschaftlichen Erfahrung“ wiederherzustellen. Dagegen fasst Kluge in seiner Lessing-Rede die „Öffentlichkeit“ als einen durch interaktive Kommunikation gebildeten sozialen Raum, was scheinbar ganz im Einklang mit dem habermasschen Standpunkt steht. Wie Kluge aber anhand des Beispiels der Demokratisierungsbewegung in der DDR hervorhebt, geht es hier vor allem um die „Schwäche der Öffentlichkeit“, die auf zwei Faktoren zurückgeführt wird: Auf der einen Seite fehlt es der „Öffentlichkeit“ im allgemeinen an der „Stärke“, die die zu den „Intimbereichen“ gehörenden „Gefühle“ wie Liebe besitzen können. Auf der anderen Seite wird der Bereich der Produktionsarbeit, der den „zweite[n] große[n] Block der lebendigen Erfahrung“ bildet, im Grunde „privat verfaßt“. Man kann hier vermuten, dass dieses Argument implizit auf Arendts The Human Condition (1958), insbesondere ihre Unterscheidung zwischen dem „Raum des Öffentlichen“ und dem „Bereich des Privaten“ zurückgeht. Während Arendt aber immer den sich die antik-griechische Polis zum Vorbild nehmenden „Raum des Öffentlichen“ bevorzugt und zwischen den beiden Bereichen keine Vermittlungsmöglichkeit sieht, findet Kluge in den „eher schwächer betrachteten Gefühle[n]“ eine entscheidende Funktion, die unentbehrliche Basis der „Öffentlichkeit“ herauszubilden. Nach Kluge soll jede „Öffentlichkeit“ eigentlich von „den privaten Bereichen“ abhängig sein, denn, „für die Erzeugung der öffentlichen Werkzeuge, der Filme, der Bücher und der Diskurse […] ist immer wieder die Rückbeziehung auf die Subjektivität und die Intimität erforderlich“. Dafür sollen die einzelnen Menschen zuerst wie „Schnecken“ in ihre subjektive Innenwelt versinken oder auf der Grundlage von Liebe oder Vertrauen affektive Beziehungen herstellen. Aufgefordert wird also dazu, zwischen der „Öffentlichkeit“ und der „Intimität“ freie Übergänge zu schaffen und damit beide Bereiche dialektisch zu verbinden (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
清水 誠
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.150, pp.1-11, 2015-03-25 (Released:2018-03-31)
著者
稲葉 瑛志
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.160, pp.78-92, 2020 (Released:2021-06-04)

In seinem Buch Strukturwandel der Öffentlichkeit (1962) beschrieb Jürgen Habermas die Entfaltung der „repräsentativen Öffentlichkeit“, die an Status und Attribute der autoritären Person geknüpft ist. Er äußerte die Ansicht, dass im 20. Jahrhundert die Öffentlichkeit angesichts der Auflösung kritischer Publizität in manipulative Werbung verwandelt wurde. In anderer Hinsicht wies Peter Trawny in Die Autorität des Zeugen (2009) darauf hin, dass in den 20er Jahren die Entziehung der Souveränität wegen des Versailler Vertrags und die Schwächung der Demokratie für Unruhe im Deutschland sorgten und dass daher das Verlangen nach politischer Autorität im rechten Diskurs stieg. Besonders in revolutionären und nationalistischen Gruppen von Männern, deren Ziel der Untergang der Republik war, wurde der Dichter zur sakralen Figur des Propheten hochstilisiert. Es wurde also im 20. Jahrhundert die Frage nach der Autorität in der Öffentlichkeit wieder gestellt. Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden Arbeit zu untersuchen, wie Ernst Jünger, ein zunächst unbekannter Schriftsteller, durch seinen Kriegsroman In Stahlgewittern (erste bis dritte Fassung: 1920-24) die Autorität des Autors erlangt. Dabei wurde seine Strategie der Erlangung von Autorität in Hinsicht auf „Selbst-Heroisierung“ im Text und Anerkennung durch die Lesern analysiert. Nach dem Ersten Weltkrieg stellten sich einerseits den Historikern, die die Front nicht miterlebt hatten, die schwierige Frage, wie sie die Ungeheuerlichkeiten des Weltkriegs erzählen konnten, da dieser in der Wahrnehmung des Erlebenden eine Katastrophe alles Bisherige übersteigenden Ausmaßes war. Andererseits verbreitete sich der Diskurs, dass nur die zurückgekehrten Kriegsteilnehmer das „Geheimnis der Front“ kennen konnten. Den von Kriegsheimkehrern geschriebenen Werken wurde auf diese Weise in der Nachkriegsgesellschaft Beglaubigung verliehen. In diesem politisch-sozialen Kontext entstand In Stahlgewittern als die retrospektive Bearbeitung der vierzehn vom Autor im Feld geschriebenen Tagebücher. Der Text ist zwar ein von Jünger literarisiertes Werk, aber die Ereignisse werden im Text mit verschiedenen rhetorischen Mitteln als „Wahrheiten“ erzählt und der Autor wird als anerkennenswerter Held stilisiert. Im betreffenden Diskurs der Nachkriegsgesellschaft versuchte Jünger durch den im sachlichen Telegrammstil verfassten Ordensbericht, bezeugte Aussagen seines Bruders und mit der eigenen Unterschrift versehene Fotos das Geschehen an der Front als Heldisches zu inszenieren. Dadurch glaubt ein naiver Leser eine Einheit von Text und Leben zu erkennen. Das heißt also, dass sich Jüngers Text als Versuch sehen lässt, sowohl Fiktion als auch historische Quelle zu sein. Dazu beansprucht der Autor im Text die Autorität eines herausragenden, heldischen Offiziers an der Front. Er inszeniert den Ich-Erzähler als ehrenvolle Person, indem er ihn mit den für nationalistische Leser weit verbreiteten Topoi der politischen Kultur Deutschlands umgibt (z. B. „Landsknechtsboom“ oder „Duellkultur“). (View PDF for the rest of the abstract.)