- 著者
-
柴田 翔
- 出版者
- 日本独文学会
- 雑誌
- ドイツ文学 (ISSN:03872831)
- 巻号頁・発行日
- no.41, pp.86-94, 1968
1. Analyse des Werkes<br>In der Welt der <sub>"</sub>Iphigenie“ herrschen die Ahnung von der wesentlichen Tragik des menschlichen Daseins und die stille, klare Fülle des Lebens, die gerade in dieser Ahnung sichtbar wird.<br>Das Tantalus-Geschlecht ist von den Göttern verflucht. Seine Mitglieder werden von einer ungeheueren Wut getrieben, eine Tat ruft die Rache des anderen nach sich, und ihr Leben ist eine endlose Kette aus Vergeltung und Wiedervergeltung. Jede Tat, die sie aus eigenem Willen tun und für gerecht halten, wird gerade zur Verwirklichung des Götterfluchs.<br>(Orest und die Sehnsucht nach dem Tode) Orest kann dieses verfluchte Dasein nicht mehr ertragen. Obwohl er aus Tantalus' Geschlecht ist und die alte Wut als Familienblut in sich hat, paßt seine menschliche Seele zu dem übermenschlichen Maß der alten Wut nicht mehr. Er sehnt sich nach der Totenwelt, wo alles verziehen und versöhnt wird.<br>(Pylades und das Prinzip der Zweckmäßigkeit) Pylades, der nicht zu Tantalus' Geschlecht gehört und damit außerhalb des verfluchten Kreises steht, glaubt fest an die Fähigkeit im Menschen und will Orest mit Hilfe eines durchdachten Planes retten.<br>(Iphigenie und das Vorrecht des Gefühls) Iphigenie dagegen kann nur dem eigenen Gefühl folgen und den von Pylades gefaßten Plan nicht ausführen, weil ihr Gefühl es nicht zuläßt, den König Toas zu betrügen. Damit wagt sie es, das Leben Orests, das des Pylades und ihr eigenes zu gefährden. Doch ist es für Iphigenie keine Lösung, Orest mit Hilfe von Pylades' Plan aus Tauris nach Mykene zu bringen. Die verfluchte Rachekette will sie nun endgültig durchschneiden. Wenn sie aber jetzt Toas nach dem Plan des Pylades betröge, würde sie damit das erste Glied einer neuen Kette schmieden. Sie glaubt, daß ihr Gefühl sie zum Rechten führen wird. Mit dem Wort des Toas <sub>"</sub>Lebt wohl!“, das am Ende des Stückes steht, breitet sich vor uns eine Welt aus, in der alles versöhnt und verziehen ist und doch-anders als bei Orest-die stille Fülle des Lebens herrscht.<br>2. Seine Lage<br>In der <sub>"</sub>Iphigenie“, die im Jahre 1787 ihre endgültige Fassung erhielt, sieht der Dichter das Wesen des menschlichen Daseins eben in dem Verflucht-Sein des Tantalus-Geschlechts. In ihm war die Ahnung, daß in Europa eine Geschichtsperiode ruheloser Bewegungen und Umstürze des ganzen sozialen und politischen Gefüges heraufzieht. Er fühlte diegleiche Wut wie die des Tantalus-Geschlechts im eigenen Innern und damit die Wut derjenigen, die dazu bestimmt waren, sich an den Geschehnissen dieser Revolutionsperiode zu beteiligen.<br>Aber Goethe selber wollte sich dabei nicht engagieren. In Pylades sah er das Bemühen und Schicksal der aufklärerischen Revolutionäre, die die Geschichte nach dem Prinzip der Gerechtigkeit und aus eignem Willen Ienken wollten und doch in Wirklichkeit gerade umgekehrterweise von der Gewalt der unübersehbaren Geschichte geleitet wurden. In Orest sah er schon die Gestalt der kommenden Romantiker voraus, die, durch die ungeheuere Wendung der Geschichte ermattet, in der Totenwelt der Nacht und des Katholizismus Zuflucht suchten. Er selber wollte aber weder den Weg des Pylades noch den des Orest gehen. In der Gestalt der Iphigenie suchte er die Möglichkeit, an das menschliche Gefühl als das letzte Kriterium zu glauben in der Hoffnung, dadurch die Unruhe der Zeit überwinden zu können. Denn für ihn war die Fülle des Lebens wichtiger als die Gerechtigkeit, und ihm schien, daß diese Fülle nicht im Kampf ums Recht, sondern im stillen Genießen des friedlichen Alltags zu finden sei.<br>3. Aussicht<br>Die Geschichte aber schreitet über Wunsch und Versuch Goethes weiter fort.