著者
川島 隆
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 : Neue Beitrage zur Germanistik (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
no.148, pp.105-119, 2014-03-25

Nach der Dreifachkatastrophe in Japan im Marz 2011 herrschte vor allem unter den Japanologen und Japankennern in Deutschland Emporung uber die "Panik" und "Hysterie" auslosende Berichterstattung der deutschen Massenmedien, die sich grosstenteils auf die Atomunfalle in Fukushima und die Verbreitung der radioaktiven Strahlung konzentrierte und die Not der vom Erdbeben und Tsunami Betroffenen (vermeintlich) wenig beachtete. Auch das Bild der Japaner in den Medien, die angesichts der fatalen Katastrophe uberraschenderweise eine fast unheimliche "Rube" und "Gelassenheit" gezeigt und damit sich erneut als ein Volk der "Disziplin" und "Gehorsamkeit" erwiesen hatten, wurde als stereotype Vorstellung heftig kritisiert. Als Ausdruck dieser Unzufriedenheit mit den medial vemlittelten Erfahrungen der Katastrophe entstanden dann eine Reihe von Reportagen und Reiseberichten, die das "entstellte" Japanbild korrigieren sollten, indem sie die "authentischen" Erfahrungen von Autoren, die zur Zeit der Katastrophe (oder kurz danach) in Japan gewesen waren, zur Geltung brachten. Insofern waren diese Werke als Versuche, die unterreprasentierten Opfer der Katastrophe als Subalteme im Sinne Spivaks zu rehabilitieren und zum Wort kommen zu lassen, zu bezeichnen. Diese Versuche verliefen aber keineswegs unproblematisch, denn die Reportage als literarisches Genre ist-trotz ihres "realitatsnahen" Charakters-auch eine Form der medialen Reprasentation, bei der das Erzahlte entscheidend durch die jeweilige Perspektive des Erzahlers gepragt wird. Die Reportagen uber Japan im Schatten von "Fukushima" zeigten ohnehin im Grossen und Ganzen eine merkwurdig apologetische Tendenz: Staff nuchtern und sachlich mit dem Thema umzugehen, neigten die Japan-Experten eher dazu, die "Ruhe" und das "disziplinierte" Verhalten der Japaner samt der beruhigenden Informationspolitik der japanischen Regierung und des AKW-Betreibers Tepco und die unkritische Berichterstattung der japanischen Massenmedien unbedingt in Schutz zu nehmen, insofern man die Japaner zu einem einheitlichen, heroisch-duldsamen Volk stilisierte-wobei das klischeehafte Vorurteil uber Japan und die Japaner nicht zuruckgewiesen, sondern positiv umgedeutet und sogar verstarkt wurde.
著者
山崎 太郎
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 : Neue Beitrage zur Germanistik (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
no.138, pp.9-26, 2009-03-25

Sowohl <Der Freischutz> als auch <Die Meistersinger von Nurnberg> hat man seit jeher fur den Inbegriff der deutschen Nationaloper gehalten und miteinander verglichen. Aber wahrend die nationalistischen Elemente der beiden Opern immer wieder hervorgehoben und im Zusammenhang mit der Problematik der Rezeptionsgeschichte diskutiert wurden, sind die textlichen sowie musikalischen Inhalte bislang kaum zum Gegenstand einer vergleichenden Analyse gemacht worden. Das ist eher verwunderlich, denn die Gemeinsamkeit der beiden Stucke fallt sofort auf, wenn man nur die Handlungen miteinander vergleicht.: So findet in beiden Stucken 1. der Handlungsverlauf innerhalb von 24 Stunden statt (1. Aufzug: Nachmittag/fruher Abend, 2. Aufzug: Nacht, 3. Aufzug: nachster Morgen). 2. In beiden Stucken muss der Held einerseits, nach dem Gesetz der Gesellschaft, in 'technischer' Hinsicht seine Meisterschaft beweisen (z.B. durch einen Probeschuss oder einen Wettgesang), um die Geliebte zu heiraten. 3. Es wird abet andererseits dieses Gesetz von einem geehrten Weisen als veraltet und unmenschlich kritisiert. Der Grund, warum diese Parallelitat eher ubersehen worden ist, findet sich vermutlich in der Tatsache, dass im <Freischutz> die Geistererscheinung in der Wolfsschluchtszene den wesentlichen Teil der Handlung ausmacht, wahrend im komodienhaften sowie realistischen Ambiente der <Meistersinger> solche ubernaturlichen Elemente nur schwer vorstellbar sind. Dieser Aufsatz zielt darauf, in der letzten Halfte des zweiten Aufzugs der <Meistersinger>, die vom dramatischen Aufbau her der Wolfsschluchtszene entspricht, zuerst die geisterhaften Elemente zu suchen, um sie auf das Menschliche zuruckzufuhren, d.h., um sie als Projektion eines Gemutszustands zu deuten; im Inneren eines Menschen haust eigentlich der Damon, der die ausserliche Turbulenz in der nachtlichen Gasse verursacht, die innerhalb einer nachtlichen Stunde (von 22 bis 23 Uhr) geschieht, genau wie die Spukerei in der Wolfsschluchtsszene (von 24 bis 1 Uhr). Betont wird das Geisterhafte im zweiten Aufzug der <Meistersinger> textlich durch Worter wie "Gespenster und Spuk", "bose Geister", "Kobold", sowie durch die Situation selbst; es handelt sich hier doch um den Polterabend genauso wie im <Freischutz> und uberdies um die Johannisnacht (d.i. die "Midsummernight" Shakespeares) mit all den Streichen, die ubernaturliche Wesen in dieser Nacht spielen. Sogar die Stadt Nurnberg gleicht in dieser nachtlichen Stunde dem Wald im <Freischutz>, mit den Tannenwipfeln nachgestalteten Giebeldachern, die den Vollmond von der schmalen Gasse abhalten und somit eine Dunkelheit erzeugen, die der mondfinsteren Nacht in der Wolfsschlucht entspricht. In den <Meistersingern> wird jedoch das Geisterhafte auch von einem Menschen manipuliert wie das Benehmen des Protagonisten Hans Sachs zeigt, der das Licht auf seinem Werktisch plotzlich ausloscht, um so eine vollige Finsternis gerade in dem Augenblick zu schaffen, als die Bewohner aus ihren Hausern in die Gasse stromen. Der damonische Eindruck dieses eigentlichen Drahtziehers der Handlung wird durch ein musikalisches Motiv, das sogenannte "Schustermotiv", verstarkt, das "melodisch in seinen Eckpunkten durch ein stachliges Tritonus-Intervall gekennzeichnet wird" (Kurt Overhoff), also durch den "Teufel in der Musik". Dieses Motiv mit seiner derben und dunklen Tonfarbe schildert nicht nur "den sauren Schweiss harter Muhe und Plage" (ebd.), sondern weist mit seinen besonders im 2. Aufzug vielfaltigen Verwendungen wohl darauf hin, wer eigentlich hinter dem ganzen Geschehen steckt. Dieser Hans Sachs namlich, der alles in der Hand zu haben scheint, ist jedoch von einer unbekannten Macht getrieben, wie er selbst am nachsten Morgen sagt: "Ein Mann weiss sich nicht Rat; ein Schuster in seinem Laden, zieht an des Wahnes Faden; wie bald auf Gassen und Strassen fangt der da an zu rasen." Sachs ist also ein vom Wahn Gefangener, der aber am Ende seines Monologs der ausseren Natur die Schuld zuschiebt: "Der Flieder war's." Ist das bloss eine rhetorische Ausrede? Nein. Denn gerade der zauberhafte Duft des Flieders war es, der im zweiten Aufzug seine Erinnerung an die gewaltige Kunst Walthers und somit in seinem Herzen "die susse Not" (d.h. den Eros, den Schopfungstrieb und zugleich die Liebe zu einem Madchen) erweckt hat. In seine Empfindung mischt sich dabei aber die bittere Erkenntnis, dass er in der Kunst sowie in der Liebe dem genialen Jungen unterlegen sei; wer "wahnbetort" versuche, ihm nachzusingen, "dem bracht' es Spott und Schmach." Seine Ahnung bestatigt sich, als Eva ihn zornig verlasst, da er uber Walther schlecht geredet hat. Dass das dem jungen Ritter geneigte Madchen trotzdem zuvor Sachs aufgehetzt hat, am Wettsingen um ihretwillen teilzunehmen, ist weder blosse Koketterie noch Kalkul, um das schlechteste Ergebnis, d.i. die Heirat mit Beckmesser, zu vermeiden, sondern ist als der Ausdruck ihres Herzens zu verstehen, das zerrissen ist zwischen dem vaterlichen teuren Freund und dem jungen Mann, der plotzlich vor ihr erschien und sie unwiderstehlich gebannt hat, wie sie im dritten Aufzug Sachs gegenuber bekennt: "Hatte ich die Wahl, nur dich erwahlt' ich mir:… doch nun hat's mich gewahlt zu nie gekannter Qual… Euch selbst, mein Meister, wurde bang'." Seine von ihm selber nicht kontrollierbare Haltung in der letzten Halfte des zweiten Aufzugs, die am Ende zu Verwirrungen fuhrt, war also der Ausdruck sowohl seiner von Evas Angst angesteckten Empfindung als auch seiner inneren Natur, die umso starker widerstand und sich Luft zu machen versuchte, als es ihm galt, "des Herzens suss Beschwer zu bezwingen." "Das Schusterlied" ist Ausdruck eines solchen Ventils. Indem Sachs nach der biblischen Episode der Verbannung von Eva und Adam aus dem Paradies satirisch den Vorwurf gegen sein Evchen macht, vernimmt man leise im Orchester jenes Entsagungs-(bzw. Wahn-) Motiv, dessen "schwermutig sinnender" (so Thomas Mann) Klang den verborgenen Sinn des Liedes andeutet, namlich das verlorene Paradies; die idyllische Zeit sei schon voruber, in der Sachs und Eva, weder durch das Problem der wirklichen Heirat, noch durch das Erscheinen einer dritten Person gestort, gemeinsam im harmonischen Einklang gelebt haben. Am Ende der zweiten Strophe dieses Liedes donnert Sachs los: "War' ich nicht fein Engel rein, Teufel mochte Schuster sein!" Die danach stattfindende Prugelei sieht gerade wie der Streich eines solchen Teufels aus, der aber in der Tat als Projektion des tobenden Innenlebens von Sachs anzusehen ist. Er nimmt doch am nachsten Morgen wieder seinen engelhaften Zug an, als er sich entschliesst, den Wahn fein zu lenken. Wie sich das Damonische nach der beruhmten Aussage Goethes ("nicht teuflisch, denn es war wohltatig, nicht englisch, denn es liess oft Schadenfreude merken") nur in Widerspruchen manifestiert, wirkt der Wahn fur Sachs, den Lenker der damonischen Kraft des Wahnes, nicht nur negativ, sondern auch positiv, namlich als schopferische Energie (ein "Wesen, das zwischen alle ubrigen hineinzutreten, sie zu sondern, sie zu verbinden schien"). Diese schopferische Energie beweist er dadurch, dass er Walther lehrt, aus seinem Traum, "des Menschen wahrstem Wahn", ein Meisterlied zu erschaffen. Gerade weil er diese Ambivalenz des Damonischen bemerkt hat, ruft er in seiner Schlussrede dem Volk zu: "Ehrt eure deutschen Meister, dann bannt ihr gute Geister." Dieser Satz bedeutet namlich, dass man jetzt im Licht des Tages die gute schopferische Seite des Damons anlocken muss, in dieser Stadt Nurnberg, wo in der vergangenen Mitternacht die zerstorerische Kraft, also die boshafte Seite des Damons, getobt hat. Diesem Wunsch von Sachs/Wagner kommt jedoch eine ironische Bedeutung zu, wenn man den Lauf der deutschen Geschichte im Auge behalt: Auf das Volk in Nurnberg im 16. Jahrhundert wartet in der Zukunft der verheerende dreissigjahrige Krieg; wahrend fur Wagners Zeitgenossen mit der Grundung des Deutschen Reiches 1871, also drei Jahre nach der Urauffuhrung der Oper, Deutschlands "Sonderweg" begann, der bis zur Katastrophe des Nationalsozialismus fuhren sollte.
著者
植 朗子
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 : Neue Beitrage zur Germanistik (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
no.148, pp.296-306, 2014-03-25

In diesem Aufsatz versuche ich, die Symbolik der Baume in den "Deutschen Sagen" zu erklaren. Von der Antike an gab es eine enge Beziehung zwischen Mensch und Baum. Der Baum diente als Symbol fur Seelenwanderung und Verwandlung, um ihn ranken sich zahlreiche Sagen, Mythen und Marchen. Die Deutschen Sagen der Gebruder Grimm bestehen aus zwei Teilen. Im ersten Band (1816) befinden sich Sagen zu bestimmten Orten. Der zweite (1818) enthalt historische Sagen. Die Sage will Wirklichkeit vermitteln, ihre Stoffe beziehen sich auf tatsachliche Geschehnisse. Zu ihnen gehort die Annahme, dass sie bestimmte Ereignisse und Begebenheiten widerspiegeln. Der Inhalt einer Sage selbst ist jedoch manchmal nur unvollstandig und muss im Zusammenhang mit dem Gesamtkonzept der Deutschen Sagen gelesen werden. Auch die handschriftlichen Notizen Jacob Grimms weisen auf die Bedeutung einzelner Motive hin. Dadurch kann man zu einem besseren Verstandnis der Sagen gelangen. Was fur eine Bedeutung erkannten die Bruder Grimm nun im Motiv der Baume? Dieses Motiv basiert auf Ansichten des Heidentums, es ist Ausdruck fur Unsterblichkeit und Wachstum. Das Reisig wird als Symbol des Kosmos gesehen. So gibt es zum Beispiel die Erzahlung "Ursprung der Sachsen" (DS408) in den historischen Sagen, wo erzahlt wird, dass die Menschen aus den Baumen kamen. Auch die Deutsche Mythologie. von Jacob Grimm liefert zusatzliches Material, beispielsweise den Baum des Lebens oder Weltbaum (Yggdrasil) und den heiligen Hain. Der Baum als Motiv findet sich oft in der Nahe von Brunnen, well Brunnen und Quellen in der Mythologie in Zusammenhang mit dem Reich der Toten gesetzt waren und die Seele des Lebens beinhalteten. Vor noch alterem mythischem Hintergrund assoziierte der Volksglaube das Element Wasser auch mit dem Motiv der Metamorphose. Die Seelenwanderung ist die Vorstellung, dass alles Lebendige sich in einem Kreislauf befindet. Das aus einem Baum geborene Magdelein erscheint in neuer Gestalt wieder. Dies bedeutet keine Auferstehung, sondern eine Verwandlung. Wir konnen keine Gewissheit daruber haben, woher eine Seele kommen wird, denn die Geburt eines Lebens ist etwas Mystisches.
著者
井出 万秀
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 : Neue Beitrage zur Germanistik (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
no.140, pp.92-109, 2010-03-25

Das Kommunikationsziel pragt bekanntlich die sprachlichen Formulierungen, wie ein appelierender Text anders gestaltet wird als ein unterhaltender. Anhand des Fruhneuhochdeutschen versuche ich in meinem Beitrag, textsortenmassiger Spezifik des Nominalisierungsstils des Deutschen sprachhistorisch nachzugehen. Gemessen am Grad der Satzaquivalenz einer Nominalgruppe, inwieweit Satzglieder wie Subjekt, Objekt, Pradikat, Richtungsangaben u.a. in einer Nominalgruppe enthalten sind, lasst sich zwischen unterhaltenden und sachlich vermittelnden Texten kein gravierender Unterschied feststellen, da die Muster der Satzaquivalenz "Subjekt+Pradikat" (Die Heyden die wurden der Gast zukunfft gewar) als auch "Objekt+Pradikat" (die beschreibung diser kranckhait) in beiden Textsorten haufig vorkommen, wahrend-anders als im modernen Deutsch-komplexere Muster wie "Subjekt+Richtungsangaben+Pradikat" (durch seinen Hoffart und Abfall von Gott) sowie "Objekt+Richtungsangaben+Pradikat" (auch dabey die schaidung des Ertz vom Silber vnnd Gold zubringen) nur selten, "Subjekt+Objekt+Richtungsangaben+Pradikat" (an […] der Taufe des bis dato grossten Passagierschiffs der Welt auf den Namen <<Bismarck>> durch den deutschen Kaiser) dagegen uberhaupt nicht zu finden sind. Zur Beantwortung der Fragen, welche morphologische Form des Kernsubstantivs der Nominalgruppe tendenziell uberwiegt, wo sich die vom Kernsubstantiv abhangigen Glieder befinden (vor oder nach dem Kernsubstantiv), welche Form sie annehmen (Possessivum oder Substantiv im Genitiv bzw. in Prapositionalphrase), ob die Position der abhangigen Glieder mit deren Form gewisse Korrelation aufweist usw., bedarf man zwar noch einer weiteren, quantitativen Untersuchung, aber es scheinen mir in den sachlich vermittelnden Texten tendenziell eine zunehmende Beteiligung der Prapositionalphrase an der Gestaltung der Nominalgruppe (ain warnung an die Mercurialische artzet) und die isomorphe, nominale Wiederaufnahme der verbalen Pradikation (DEn toden Mercuri lebendig zumachen/auff das er durch disen ausssgang gebracht werd/merckent seine lebendig machung also) ausgepragt zu sein. Handlungen und Sachverhalte, die einmal im Text erwahnt wurden, werden nominal kompakt fur den weiteren Textverlauf verfugbar gemacht, wobei das attributive Partizip in der Nominalgruppe nicht die Eigenschaft des Bezugsnomens modifiziert, sondern eine Handlung bezeichnet, die den im Bezugsnomen genannten Gegenstand betrifft (Darnach mach die zwey zuosamen gesetzten teyl der fuenfeck/wie for). Vermutlich ermoglicht es das kommunikative Gebot in den sachlich vermittelnden Texten, das bereits Erwahnte gezielt in Form einer Nominalgruppe wortlich scharf umrissen zu formulieren.
著者
西出 佳代
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 : Neue Beitrage zur Germanistik (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
no.140, pp.127-142, 2010-03-25

Mehrere westgermanische Sprachen und Dialekte, die Verbzweitstellung haben bzw. im CP-Head komplementare Distribution zwischen dem Complementizer und dem finiten Verb aufweisen, haben eine weltweit seltene Eigenschaft: das Complementizer Agreement. Luxemburgisch (lux.) ist ein Beispiel fur diese Sprachen. Wenn hier ein Nebensatz das Subjekt in der 2. Sg. hat, tragt der Complementizer "datt" (dt. <dass>___-) die Endung "s" (dt. <-st>___-), die mit dem finiten Verb in Person und Numerus kongruiert. (1) (lux.) Ech si frou, datt s__- de fonnt hues__-, wat un denger Maschinn futti war. Ich bin froh, dass 2. SG. du gefunden hast, was an deiner Maschine <kaputt>___-war. Saint-Exupery (2004^5: 84) Wie die meisten Sprachen, in denen der Complementizer konjugiert, hat der Complementizer im Luxemburgischen ein defektives Paradigma im Vergleich mit dem der finiten Verben. Wahrend die finiten Verben in allen Personen und Numeri eigene Endungen haben, kennt der Complementizer nur die Endung "s" fur die 2. Sg. Um plausible Erklarungen fur diese Defektivitat zu geben, bieten sich zwei Gesichtspunkte an: morphologisch und phonologisch. In morphologischer Hinsicht bietet eine Generalisation von Hoekstra/Smits (1997) einen wichtigen Hinweis. Diese Generalisation (ndl. 'agreement-in-o.t.t.=agreement-in-o.v.t.'-generalisatie) wird von der Tatsache abgeleitet, dass das Complementizer Agreement kein Agreement in den Tempora hat. Deswegen kann der Complementizer nur die Endungen fur Personen und Numeri tragen, die im Prasens und im Prateritum identische Formen haben. Die diese Generalisation erfullenden Endungen im Luxernburgischen sind "s" (dt. <-st>___-) in der 2. Sg. sowie "en" (dt. <-en>___-) in der 1. Pl. und 3. Pl. Beispiele aus der alteren Literatur (Bruch 1973: 87) belegen, dass Endung "en" auch in der 1./3. Pl. erscheinen kann. Heutzutage sind diese Formen aufgrund phonologischer Ursachen jedoch selten, aber nicht ausgestorben. Luxemburgisch hat in erster Linie die phonologische Regel "n-Tilgung", wobei das auslautende "-n" getilgt wird, wenn nicht ein Vokal oder die Konsonanten [h], [t], [d], [ts] (,[dz]) folgen. Somit ist es haufig der Fall, dass das auslautende "-n" von der Endung "-en" [en] nicht ausgesprochen wird. Daneben fallt auch das Schwa wegen der generellen Neigung der Apokope im Luxemburgischen leicht ab, das nach der "n-Tilgung" bestehen bleibt. Folglich kommen die phonologischen Situationen haufig vor, in denen die Endung "en" nicht ausgesprochen wird. Eben diese Tatsache kann den Abfall der Endung "en" im Paradigma des Complementizers verursachen. Die einzige Endung, "s", des Complementizers im Luxemburgischen kann daher morphologisch und phonologisch konsequent verstanden werden. Fur den Complementizer Agreement-Mechanismus stellt das Luxemburgische ein wichtiges Beispiel dar. Zunachst einmal kann das Complementizer Agreement Eigenschaften erklaren, die mit einer normalen syntaktischen Analyse nicht erklart werden konnen. Das Westfriesische (wfr.) zeigt z.B. das Phanomen "first-conjunct agreement" (Ackema/Neeleman 2004: 248): (2) (wfr.) Ik tink datst do en Marie dit wykein yn Rome west ha. I think that-2. Sg. you and Mary this weekend in Rome been have. Ackema/Neelman (2004: 248) Beim Complementizer Agreement spielt die Nachbarschaft zwischen dem Complementizer und dem Subjekt eine grosse Rolle. Eine daraus abgeleitete Analyse ist die "PF feature checking" von Ackema/Neeleman (2004). Sie nehmen zuerst an, dass es zwei Typen vom Agreement gibt, die auf der syntaktischen Ebene und auf der phonologischen Ebene geleistet werden. Sie behaupten weiterhin, dass das Complementizer Agreement auf der fur die Nachbarschaft sensitiven, phonologischen Ebene, wahrend das Agreement von den finiten Verben auf der syntaktischen Ebene geleistet wird. Das Agreement auf der phonologischen Ebene wird nach Ackema/Neeleman (2004) in der "prosodic phrase" (φphrase; Align (<right edge, XP>, <right edge, φ>) (Ackema/Neeleman 2004:186)) gultig. Das "first-conjunct agreement" ist daher so zu verstehen, dass die "φphrase" mit dem ersten nebengeordneten Subjekt geschlossen wird und deswegen die Merkmale 'Person' und 'Numerus' des Complementizers nur fur diese ersten uberpruft werden. Eine andere Analyse, die aus der Nachbarschaft zwischen dem Complementizer und dem Subjekt abgeleitet wird, ist die "(ndl.) syntactische incorporatie" des Subjekts in den CP-Head (De Haan 1997). Diese Analyse ist jedoch fur das Luxemburgische nicht gultig, wo zwischen Complementizer und Subjekt eine Fokuspartikel eingesetzt werden kann: (3) (lux.) Et ass ongleeflech, datt s souguer du sou eppes gemacht hues. Solche Fokuspartikeln verhindern die "syntactische incorporatie", aber sie fungieren nicht als "φphrase closure". Deshalb konnen die grammatischen Merkmale des Complementizers mit dem Subjekt in der gleichen "φphrase" abgeglichen werden. Das luxemburgische Beispiel mit der Fokuspartikel illustriert die Gultigkeit der Analyse "PF feature checking" fur das Complementizer Agreement. Ausserdem spielt dabei der Abfall des Schwa von der Endung in 1./3. Pl. des Complementizers "-en" nach der "n-Tilgung" eine grosse Rolle. Das scheinbar auslautende Schwa im Luxemburgischen fallt prinzipiell nicht ab, wenn das in einer tiefen Ebene, d.h. in der lexikalischen oder syntaktischen Ebene, mit dem folgenden "-n" keinen Auslaut bildet (lux. de Papp<den Papp: dt. der/den Vater, akafe goen<akafen goen: dt. einkaufen gehen, lux. en Zeeche setzen<en Zeechen setzen: dt. ein Zeichen setzen). Die Tatsache, dass das Schwa der Endung des Complementizers trotzdem abfallt, zeigt, dass diese Kongruenz auf einer oberflachlichen, phonologischen Ebene stattfindet. Im vorliegenden Artikel habe ich dem defektiven Paradigma des luxemburgischen Complementizers Erklarungen gegeben und gezeigt, dass das Einfugen einer Fokuspartikel in dieser Sprache in der Analyse des Mechanismusses des Complementizer Agreements in westgermanischen Sprachen und Dialekten eine entscheidende Rolle spielt. Weitere Beschreibungen und Analysen der luxemburgischen Sprache versprechen daruber hinaus neue und entscheidende Impulse fur die Erforschung der germanischen Sprachen.
著者
神尾 達之
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 : Neue Beitrage zur Germanistik (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
no.130, pp.15-29, 2006-10-30

Der privilegierte Status des Beobachters, der im "klassischen Zeitalter" (M. Foucault) einen transzendentalen Blick ermoglicht hatte, verier im Verlauf der ersten Halfte des 19. Jahrhunderts an Stabilitat. Zur geradezu klassischen Voraussetzung "Vernunft" hieβ es beispielsweise in Lavaters "Von der Physiognomik": "Sagt uns die Vernunft nicht, daβ jedes Ding in der Welt eine auβere und innere Seite habe, welche in einer genauen Beziehung gegen einander stehen?". Der Physiognomik Lavaters lag also gleichsam die Intuition durch die Vernunft zugrunde. Er gab auch die Bedingungen fur die physiognomische Kompetenz an. Der "Beobachtungsgeist" musse namlich Herr uber den zu beobachtenden Gegenstand sein. Die Objektivitat dieser physiognomischen Beobachtung war, so koennte man sagen, dadurch garantiert, daβ sich das Objekt seines Beobachtetseins nicht bewuβt war. Von daher empfahl Lavater, daβ der Physiognomiker die Gesichter im Profil "beobachte"; so wirken silhouettierte oder gezeichnete Gesichter als Beobachtungsobjekte noch gunstiger. Um die ideale Beobachtungsposition einzunehmen, ging Lavater "in die Einsamkeit", d.h. in seine groβe Kollektion; er soll mehr als 20,000 Bildnisse gesammelt haben. Die Lavatersche Physiognomik war ein Traum, den die "Vernunft" in einer riesigen Datenbank traumte. Rousseau, ein Schweizerischer Zeitgenosse Lavaters, liebte auch die Einsamkeit, aber nicht umgeben von Bildnissen, sondern von Pflanzen. Er hat seine letzten Jahre in und bei Paris gelebt und zu dieser Zeit autobiographische Werke wie "Les Confessions", "Dialogues de Rousseau juge de Jean-Jacques", "Les Reveries du promeneur solitaire" geschrieben. In diesen Werken observiert er sich selbst rucksichtslos und beklagt sich zugleich im Verfolgungswahn daruber, daβ ihn andere standig beobachten. Die einseitige Beobachterposition, die ihm der botanischen Welt gegenuber bisher moglich war, laβt sich in Paris nicht realisieren und wird unterminiert. Hier muβ der Beobachter selber auch der zu beobachtende Gegenstand sein. Der Autor fuhlt sich von "l'ordre des choses" gerissen; er kann sich in Paris nicht mehr autonom orientieren. In E.T.A. Hoffmanns Erzahlung "Des Vetters Eckfenster" scheint die Beobachterposition vorerst stabil. Und der behinderte Protagonist scheint ungestort vom Blick der anderen zu sein, denn er ist in sein Zimmer, das eine camera obscura darstellt, zuruckgezogen. Aber er begnugt sich nicht mit bloβer Beobachtung von oben her. Er liest typisierend an dem auβeren Eindruck, den er von einzelnen Menschen hat, willkurlich je eine Geschichte ab. D.h. er beobachtet nicht, sondern erfindet. Daruber hinaus erwahnt der Text, obwohl marginal, daβ die Hauptfigur schon von An fang an beobachtet wurde. Dies steht symptomatisch fur die Umpositionierung des Beobachters. Der Beobachter wurde J. Crary zufolge um 1820 und 1830 in ein unmarkiertes Feld versetzt, auf dem die Unterscheidung zwischen Innen und Auβen unwiderruflich verwischt ist. Ganz anders als in Berlin kann der Beobachter in Wien noch immer an seiner stabilen Stellung festhalten. In Grillparzers "Der arme Spielmann" tritt der Protagonist als Fuβganger auf. Er kann souveran die Bewegung der Donau und der Masse uberblicken und aus auβerlichen Informationen die "Biographien der unberuhmten Menschen" zusammenlesen. Diese physiognomische Fahigkeit ermoglicht es ihm, die Vergangenheit des armen Spielmanns aufzudecken. Am Ende der Erzahlung gelingt es ihm auch, an den Tranen einer Frau ihre Beziehung zu dem Spielmann abzulesen. Dieser Flexibilitat des Beobachters entspricht die Popularisierung von Lavaters Physiognomik. An fang des 19. Jahrhunderts erschienen, angeregt durch die Zuwanderung in die Groβstadte, mannigfaltige verkurzte Versionen seiner umfangreichen "Physiognomischen Fragmente zur Beforderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe", wie "le Lavater portatif" u.a. Die Mobilitat der Beobachtung garantiert aber nicht das Gelingen der Physiognomik. "The Man of the Crowd" von Poe problematisiert schon die physiognomische Lesbarkeit in den Groβstadten. Diese von dem Satz "er lasst sich nicht lesen" umrahmte Erzahlung beginnt mit einer klassifizierenden Beobachtung aus dem Innenraum eines Cafes. Die Hauptfigur, der ein alter Mann plotzlich auffallt, entschlieβt sich, ihn zu verfolgen. Die Verfolgung fuhrt den Beobachter in ein Stadtviertel, dessen Pflastersteine "at random, displaced" im wuchernden Gras liegen. Dieser Raum gehort nicht mehr zu den "klaren Raumen, in denen die Dinge nebeneinandertreten" (M. Foucault). Der Raum, den die Lavatersche Physiognomik voraussetzte, ist nicht mehr gultig. Am Ende verzichtet der Beobachter auf die geheime Verfolgung und blickt dem Mann direkt ins Gesicht. Aber der beobachtete Mann bemerkt ihn nicht. Das mobile Beobachten scheitert. Baudelaire, der Poes Erzahlung ins Franzosische ubersetzt hat, multipliziert in seinem Gedicht "Les sept Vieillards" den unheimlichen Alten in der Menge. Baudelaire laβt den erschopften Verfolger den gleichen Greis halluzinatorisch siebenfach sehen. Endlich zuhause, aber orientierungslos, tanze der Verfolger "sur une mer monstrueuse et sans bords". Seine "raison" kann nicht mehr das Steuer fuhren. Der Verlust der objektiven Beobachterposition, welche die physiognomische "Vernunft" seit Lavater voraussetzte, wird durch die Geburt einer modernen Asthetik kompensiert.
著者
森澤 万里子
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 : Neue Beitrage zur Germanistik (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
no.136, pp.85-99, 2008-03-25

Der Einfluss der im 16. Jahrhundert allgemein verbreiteten Buchdruckerkunst auf die Entstehung der deutschen Schriftsprache ist im Grossen und Ganzen von den Sprachhistorikern anerkannt, und auch in den Medienwissenschaften haben diese Zusammenhange Erwahnung gefunden. Die Erforschung dieser Einflusse im Einzelnen ist hingegen langst nicht abgeschlossen, so zum Beispiel die Untersuchung des Verlaufs des Sprachausgleichs innerhalb eines Druckorts, der parallel mit dem Ausgleich der regionalen Sprachen erfolgte. In diesem Zusammenhang versucht die vorliegende Arbeit zu ermitteln, von welchen Anhaltspunkten man bei der Betrachtung der Beziehung zwischen dem Sprachgebrauch in Druckschriften und dem von Stadtbewohnern aus dem 16. Jahrhundert ausgehen muss, wenn man mediengeschichtliche Faktoren in Betracht zieht: Adressanten und Adressaten der durch das neue Medium vermittelten Informationen, Druckerei, Drucker sowie gedruckte Texte. Dabei soll als ein Beispiel einer der bedeutendsten Druckorte im 16. Jahrhundert, Nurnberg, herangezogen werden. Spricht man uber die Buchdruckerkunst in der deutschen Sprachgeschichte, kommt die Rede freilich auch auf die Reformation, zweifellos das wichtigste Ereignis im 16. Jahrhundert. Der Rat der Stadt Nurnberg fuhrte die Reformation relativ fruh ein. Ein Jahr nach der Veroffentlichung der "95 Thesen" kam Luther in Nurnberg vorbei, und damals sprachen viele Ratsherren fur ihn. Daher warden viele Schriften fur die neue Lehre in Nurnberg gedruckt. Ihre Autoren sind nicht nur Geistliche wie der Prediger der Pfarrkirche Andreas Osiander, sondern auch Personen verschiedener Stande, z. B. der Ratsschreiber Lazarus Spengler und der Handwerker Hans Sachs. Seit 1517 nahm die Anzahl von Druckschriften in deutscher Sprache sprunghaft zu, nicht zuletzt die von Flugschriften und Flugblattern. Wenn der Buchdruck allerdings nur zur schnellen und zahlreichen Wiederherstellung des Althergebrachten beigetragen hatte, konnte er, wie in Schmidt (1993) erwahnt, nicht als neues Medium angesehen werden. Einerseits konnten die Empfanger schneller auf die durch den Buchdruck verbreiteten Informationen reagieren, andererseits konnten die Absender nach deren Reaktion weitere Informationen in Umlauf setzen, das heisst, das neue Medium ermoglichte eine schnelle Ruckkopplung und damit einen neuen Autoren-Leserbezug. Diese Eigenschaft des Buchdrucks kam vor allem den Flugschriften und Flugblattern zugute. Die Schriften der oben genannten drei Nurnberger wurden auch zum Teil in der Form von Flugschriften in die Welt geschickt. Uber die Anzahl von Adressaten der auf diese neue Weise vermittelten Informationen beziehe ich mich auf die Schatzung von Endres (1984). Danach konnten im Nurnberg vor und nach der Reformation mehr als 10 Prozent der Stadtbewohner lesen und schreiben. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass es damals neben den ublichen Lateinschulen auch eine nicht kleine Anzahl von "deutschen Schulen" gab. Im Allgemeinen wurde in den ersteren darauf gezielt, Eliten auszubilden. Die deutschen Schulen hingegen wurden fur die Bedurfnisse von Kaufleuten und Handwerkern errichtet. Dort hatten sogar Madchen die Moglichkeit, sich zu bilden. Dies zeigt, dass das Lesen nicht mehr nur einer kleinen Elite vorbehalten war. Die Drucker versuchten den besten Weg zu finden, um die Kauflust der Leser anzureizen. Die Buchdruckerkunst wurde 1470 nach Nurnberg gebracht. Kurz danach begrundete der erfolgreichste Nurnberger Drucker, Anton Koberger, seine Druckerei. Sein Erfolg ist seinem scharfen Sinn fur die Reaktion von Kaufern zuzuschreiben. Zum Beispiel liesser den Buchern sofort Holzschnitte hinzufugen, als er merkte, dass solche Bucher besseren Absatz fanden. Die nachste Generation nach Koberger druckte in der Reformationszeit viele religiose Schriften, die bei zahlreichen Leuten verschiedener sozialer Schichten auf starkes Interesse stiessen. Auch nach dem Augsburger Religions-frieden (1555) wurden religiose Schriften veroffentlicht. Allerdings ubte der Nurnberger Rat strenge Zensur bei gedruckten Schriften, die den Frieden storen konnten. In dieser Situation brachte einer der Nurnberger Drucker, Leonhard Heussler, verschiedene Sorten von Schriften auf den Markt, die nicht zum Gegenstand der Zensur gemacht wurden: Werke von Hans Sachs, Andachts- und Gebetbucher, ein Kartenspielbuch usw. Nach Bezzel (1999) allerdings ist sein bedeutendster Verdienst, dass er viele Neuigkeitsberichte in der Form von Flugschriften und Flugblattern in der Welt verbreitete. Seine Druckerei produzierte 63 Neuigkeitsberichte, und sie wurden zum Teil so haufig auch von anderen Druckern nachgedruckt, dass in Suddeutschland kein anderer vergleichbar hohe Auflagen erreichte. Ein Grund dafur liegt wahrscheinlich darin, dass er Themen auszuwahlen wusste, die beim Publikum gut ankamen. Vor diesem mediengeschichtlichen Hintergrund konnte man Ansatze fur die Ermittlung von Einflussen des neuen Mediums auf die Stadtsprache gewinnen: Ein Ansatz ware, Untersuchungen von Flugschriften vorzunehmen, die mit Rucksicht auf die grosse Nachfrage mehrmals gedruckt wurden, wie etwa die Neuigkeitsberichte Leonhard Heusslers. Im Vergleich zu Flugschriften aus der ersten Halfte des 16. Jahrhunderts wurden diese neueren Schriften von der bisherigen Forschung wenig zur Kenntnis genommen. Von Interesse ware zum Beispiel die Analyse der Verteilung von Relativsat-zeinleitungen in Neuigkeitsberichten. Im 16. Jahrhundert konkurrieren so und welcher mit dem Relativpronomen der. Wenn man die Auftrittshaufigkeit der drei Relativsatzeinleitungen versuchsweise in einer Flugschrift von Leonhard Heussler "Turckische grosse Niderlag" (1579) untersucht, erhalt man das folgende Ergebnis: der wird sechsmal verwendet (19.35%), so achtmal (25.81%), welcher 14mal (45.16%), sonstige dreimal (9.68%). Das Ergebnis zeigt eine andere Tendenz als das meiner bisherigen Analyse uber die Verteilung von Relativsatzeinleitungen in drei Textgruppen aus dem Nurnberg der zweiten Halfte des 16. Jahrhunderts: Kanzleitexte, Privattexte von Mannern aus Patrizierfamilien (drei Studenten und ein Kaufmann), Privattexte von Frauen aus Patrizierfamilien (Hausfrauen). In jeder Textgruppe kommt der am haufigsten zur Verwendung: Kanzleitexte 36.32%, Texte von Mannern 42.83%, von Frauen 42.06%. Es erschiene mir daher sinnvoll, vor allem die Auftrittshaufigkeit von welcher in anderen Neuigkeitsberichten von Leonhard Heussler zu untersuchen. Denn in Dal (1966) ist darauf hingewiesen, dass welcher bei Goethe und Schiller haufig belegt wird und diese Relativsatzeinleitung im 19. Jahrhundert "eine Zeitlang beinahe der aus der Schriftsprache verdrangt" hatte.
著者
新田 春夫
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 : Neue Beitrage zur Germanistik (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
no.140, pp.76-91, 2010-03-25

In der fruhen Neuzeit sind Schriften u.a. durch die Herstellung billigen Papiers, durch die Erfindung der Druckkunst und durch die sich allmahlich verbreitende Alphabetisierung der allgemeinen Leute einem weit grosseren Kreise als im Mittelaiter zuganglich geworden. In der Reformationszeit wurden daher Schriften v.a. in Form von Flugschriften von den Autoren der Protestanten und der Katholiken wirkungsvoll eingesetzt, um allgemeine Leute fur ihr eigenes Lager zu gewinnen. In der vorliegenden Arbeit werden die bekehrenden Schriften der Reformationszeit unter dem Gesichtspunkt der Soziopragmatik analysiert. Von den 9 Textsorten, die Reichmann/Wegera (1988) unter dem Gesichtspunkt der Intention des Textherstellers aufgestellt haben, werden im Zusammenhang mit der Reformationsbewegung die Textsorten von legitimierenden, belehrenden und agitierenden Texten berucksichtigt, weil es hier um die Intention des Bekehrens der allgemeinen Leute geht. Zu den legitimierenden Texten gehoren theologische Schriften und Streitschriften. Als belehrende Texte sind Dialoge, Narrenliteratur und Fabel zu nennen. Zu den agitierenden Texten sind Sendbriefe zu zahlen. Als Materialien werden die folgenden Texte herangezogen: Martin Luther: An den christlichen Adel deutscher Nation (1520), Von der Freiheit eines Christenmenschen (1520), An den Bock zu Leipzig (1521); Hieronymus Emser: An den Stier zu Wittenberg (1521), Quadruplica auf Luhters jungst getane Antwort (1521); Thomas Murner: An den grossmachtigsten und durchleuchtigsten Adel deutscher Nation (1520), Von dem grossen Lutherischen Narren (1522); Hans Sachs: Die wittenbergisch Nachtigall (1523); anonymer Autor: Karsthans (1521). Zunachst werden diese Texte im Hinblick auf ihre inhaltlichen und sprachlichen Charakteristika untersucht. Dabei sind als Ergebnisse v.a. festzuhalten: 1) In Karsthans tritt der katholische Theologe Thomas Murner auf und druckt sich autoritar mit lateinischen Zitaten aus, aber der Bauer Karsthans lasst sich dadurch nicht einschuchtern. Das ist als Zeichen zu verstehen, dass Latein seine Autoritat einzubussen anfangt. 2) An manchen Stellen in Karsthans kann man ersehen, dass es Bauern gab, die lesen konnten, oder dass sie durch Vorlesenlassen der Schriften vieles lernen konnten. 3) In den Streitschriften schimpfen sowohl die Protestanten als auch die Katholiken grob aufeinander, indem sie ihre Kontrahenten als Tier bezeichnen oder ihre Namen verdrehen. 4) Syntaktisch gesehen sind die Texte der protestantischen Autoren einfacher und klarer strukturiert, um auch von den allgemeinen Leuten verstanden zu werden, wahrend die katholischen Autoren kompliziertere Satze bildeten, weil sie nicht daran dachten, die allgemeinen Leute aufzuklaren. 5) Sowohl die protestantischen als auch die katholischen Autoren gaben sich Muhe, eindrucksvolle Texte zu gestalten, indem sie verschiedene rhetorische Stilmittel wirkungsvoll verwendeten. Als nachstes werden die Schriften nach den Textsorten analysiert. Als Ergebnisse sind u.a. anzugeben: 1) In den theologischen Schriften, die zur legitimierenden Textsorte gehoren, behandelt man fachliche Themen, von denen die allgemeinen Leute des protestantischen Lagers durch Vorlesen der Schriften, etwa bei den Versammlungen, gut informiert gewesen zu sein scheinen. 2) In den Streitschriften, die zur legitimierenden Textsorte gehoren, greifen die protestantischen Autoren ihre Kontrahenten vehement und direkt an, wahrend die katholischen Autoren sich eher indirekt und ironisch ausdrucken. Der Unterschied der Einstellungen liegt sehr wohl an ihrer jeweiligen sozialen Stellung. 3) Die Dialoge, die zur belehrenden Textsorte gehoren, sind ausschliesslich von den protestantischen Autoren verfasst, weil es diesen von Belang war, allgemeine Leute mit leichten Texten aufzuklaren, wahrend die Katholiken es eher vermieden. 4) Die Narrenliteratur, die zur belehrenden Textsorte gehort, vermieden die protestantischen Autoren zu schreiben, weil die Narrenliteratur humanistischer Pragung war, und davon ausging, dass die Menschen die Freiheit zum Guten und Bosen haben und Gott durch Vernunft erkennen konnen. Luther aber war ganz entgegengesetzter Meinung. 5) Fabeln wurden von den protestantischen Autoren wie Hans Sachs geschrieben, um die allgemeinen Leute aufzuklaren, weil man mit den Fabeln sehr anschaulich die Missstande des Papsttums vorfuhren konnte. 6) Wenn man die zur agitierenden Textsorte gehorenden Sendbriefe von Luther und Murner vergleicht, lasst sich feststellen, dass Luther zwar sich an den Kaiser und die deutschen Fursten wendet, aber in dem Hauptteil des Briefes nicht nur an sie, sondern auch an die allgemeinen Leser appelliert und sie dazu bewegen will, die Missstande des Papsttums zu beseitigen. Im Unterschied dazu wendet sich Murner ebenfalls an den Kaiser und die deutschen Adligen, fordert sie aber auf, die christliche Welt vor den Aufstandigen zu schutzen, wobei aber an die allgemeinen Leser als Adressaten nicht gedacht wird.
著者
岩本 剛
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 : Neue Beitrage zur Germanistik (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
no.130, pp.47-66, 2006-10-30

Benjamins Massenkritik in der Baudelaire-Studie gehort zu seiner Erfahrungstheorie, die seit Ende der 1920er-Jahre, wenn auch weniger systematisch als fragmentarisch, entwickelt wurde und deren Sammlung das Passagen-Werk. (1927-1940) werden sollte. Entscheidend fur Benjamins Erfahrungstheorie, die versucht, in soziologischer und geschichtsphilosophischer Perspektive den strukturellen Erfarungswandel der Moderne und dessen gesellschaftliche Bedingungen zu beschreiben, sind die Einsichten uber "Erfahrungsarmut". Nach Benjamins Diagnose, die sich explizit auf Freuds psychoanalytische Hypothesen in Jenseits des Lustprinzips (1920) beruft, liegt die "Erfahrungsarmut" der Moderne vorwiegend an der Dominanz des traumahaften "Chockerlebnisses", ein Schock, dessen Hauptursache im Konflikt von Individuum und Kollektiv im groβstadtischen gesteigerten "Nervenleben" (G. Simmel) zu finden ist. Die Erfahrung der Masse, die bei Benjamin vor allem mit einem gescharften Bewusstsein uber die Krisis der burgerlichen Intelligenz gekoppelt ist, wird als strukturelles Element der Erfahrbarkeit der Moderne hingenommen. Benjamins Erfahrungstheorie vollzieht die Analyse der gesellschaftlichen Erfahrung, der der "Mann der Menge" gegenubersteht, an einem Prufstein, in den die Hauptfrage seiner Massenkritik gemeiβelt ist: Ob und wie kann ein Individuum als "Mann der Menge" angesichts der Auflosung seiner sozialen Subjektivitat in der Erfahrung der Masse das eigene soziale Subjekt rekonstruierend zuruckgewinnen und sich in der Gesellschaft re-orientieren? Adornos massive Kritik gegen den ersten Baudelaire-Aufsatz Das Paris des Second Empire bei Baudelaire (1938) sowie dessen Umarbeitung zum zweiten Aufsatz Uber einige Motive bei Baudelaire (1939) haben Benjamin Anlass gegeben, das Bild des Flaneurs als Archetyp des "Muβiggangers" grundlich zu revidieren und im Zusammenhang der Erfahrung der Masse erneut zu konzipieren. In einer Notiz aus der Baudelaire-Studic steht: "Baudelaires Phantasie umspielt den Muβigganger. Er macht ihn zu einer Metamorphose des Heros. So setzt er ihn als Staffage in sein Fresko der Modernitat hinein"-der Flaneur als "Muβigganger" soll inmitten und anhand der Erfahrung der Masse eine heroische Metamorphose zum neuen sozialen Subjekt in der kommenden Gesellschaft erleben. Doch diese Phantasie ist nicht so sehr Baudelaires, als vielmehr Benjamins, der mit Poe eine "planvoll entstellende Phantasie" teilt; Benjamins "Baudelaire" stellt uberdies nichts Anderes als ein durch die Oepration der burgerlichen Uberlieferung strategisch konstruiertes Bild des Dichters dar. Hier lassen sich zwei parallel laufende Entwurfe in der Baudelaire-Studie beobachten: 1) Poes Erzahlung The Man of the Crowd (1840) interpretiert Benjamin als fruheste Schilderung des Flaneurs, die bereits die Figur seines Endes enthalte und aus der Benjamin kraft einer "planvoll entstellenden Phantasie" den gesamten Geschichtsverlauf der Figur des Flaneurs umreiβt; 2) diesen gesamten Geschichtsverlauf des Flaneurs laβt Benjamin seinen "Baudelaire" als Medium (im Sinne der Testperson) verfolgen, um eine politische Biographic des Flaneurs in der Zeit der Massendemokratie zu simulieren und die Authentizitat des oben genannten phantastischen Szenarios von der heroischen sozialen Verwandlung des Flaneurs zu uberprufen. Der Typ des Flaneurs ist es, der sich als "Ubergangsphanomen" (G. Raulet) an der Schwelle von Individuum und Kollektiv generiert. An dieser Schwelle treten, so Benjamins Beobachtung, die "Passagen" in Erscheinung, eine transitorische Mittelwelt, in der der Flaneur zu Hause ist. Diese Mittelwelt muss nicht nur im raumlichen sondern auch im zeitlichen Sinne verstanden werden: Sie ist namlich 1) die Mitte zwischen dem Interieur des burgerlichen Individuums als "Etui-Menschen" und der Straβe der unheimlichen amorphen Masse und 2) die zwischen der gegenwartigen Gesellschaft, wo ein starrer Konflikt von Individuum und Kollektiv herrscht, und der zukunftigen, die die Geburt des neuen sozialen Subjekts durch eine asthetisch vermittelte Durchdringung von Individuum und Kollektiv erwartet. In dieser Mittelwelt fuhrt nach Benjamins phantastischem Szenario der Flaneur einen Zweifrontenkampf aus: Der Flaneur durchbricht die Innerlichkeit als sozial bedingte Schranke der burgerlichen Subjektivitat und wiederum die verfuhrende wie trugende Vision, in eine "kompakte Masse" als monstroser Automat eingesaugt und im Rausch sich verlierend mit dieser vereinigt zu werden. Dieser Kampf als politische Aufgabe des Flaneurs soll erst damit enden, dass die "Passagen" mit der Durchdringung von Individuum und Kollektiv implodieren. In den "Passagen" kontemplativ zu verharren, wirkt, wie man anhand der Beobachtung Benjamins schon antizipieren kann, fur den Flaneur letztendlich fatal. Schon bei der Umarbeitung des Baudelaire-Aufsatzes war Benjamin die politische Aktualitat seiner Massenkritik bewusst. Doch anders als Adorno, der sie ausschlieβlich im Kontext der aktuellen politischen Situation unter dem Faschismus messen wollte, legte Benjamin sie in erster Linie an die politischen Erfahrungen der deklassierten wie depossessierten Intellektuellen seit den fruheren 1920er-Jahren an; die Masse hat das Bildungsburgertum, dem auch Benjamin angehorte, seines intellektuellen Fuhrungsanspruches enthoben und die Frage nach dem Selbstverstandnis des Intellektuellen provoziert. Anlaβlich der gescheiterten Habilitation sowie der Hinwendung zum literarischen Journalismus hat Benjamin seine vorherige Kritik gegen die burgerliche Gesellschaft politisch radikalisiert, so dass die Frage der burgerlichen Intellektuellen nach der Neudefinition der gesellschaftlichen Position und ihrer politischen Funktion immer brennender wurde. In einem derartigen Kontext wird Benjamins Massenkritik in der Baudelaire-Studie. als Demonstration einer doppelten Lekture interpretiert: Benjamin liest Baudelaire, wodurch er das Bild "Baudelaire", das zugleich sein Ebenbild darstellt, zusammensetzt; im Bild "Baudelaire" als Reflexionsmedium liest Benjamin als uberzeugter politischer Flaneur, in gewissem Sinne seinen "Baudelaire" zum Vorwand nehmend, die eigenen politischen Erfahrungen. Kurzum: Benjamins Massenkritik ist Dokument der eigenen politischen Bewusstwerdung und deren Selbstanalyse. Benjamins Massenkritik entwickelt sich vor allem in asthetischer Dimension, was ihn dem hektischen politischen Engagement der Intellektuellen entfremdet hat. Im Gegensatz zum Aktivismus der burgerlichen Linken beschrankt Benjamin sein Denken auf die "Politisierung des Asthetischen", um einen asthetischen Zugriff auf das Phanomen der Masse zu finden. Diese wird ihrerseits als latenter Zustand der groβstadtischen Gesellschaft in der Ubergangsepoche zu einer neuen Gesellschaftsformation beschrieben, mithin als "Ubergangsphanomen" wie der Typ des Flaneurs selbst. Der "schreibende Revolutionar", mit dem sich Benjamin, so scheint es, identifizieren wollte, macht es sich zur Aufgabe, die Bedingungen der Selbstwahrnehmung der Masse zu analysieren. Diese Selbstwahrnehmung ist Benjamins Ansicht nach ein asthetisch vermittelter politischer Vorgang, der von der Frage motiviert ist, in welcher Gestalt die Masse ihren adaquaten Ausdruck finden konne. Die Aufgabe des Flaneurs in der Mittelwelt ist, wie es etwa im Surrealismus-Essay (1929) heiβt, die Erzeugung des "Bildraums", in dem sich die asthetische Durchdringung von Individuum und Kollektiv ereignen soil; dieser ist, mit anderen Worten, eine vorwegnehmende asthetische Konstruktion der "kollektiven Physis", die zur Realisierung in der kommenden Gesellschaft die Gestalt des neuen sozialen Subjekts des Flaneurs benotigt. Was Benjamin aus dem simulierten Geschichtsverlauf des Flaneurs, der von jenem phantastischen Szenario seiner heroischen sozialen Verwandlung immer mehr abweichen wird, herausliest, ist jedoch die Totgeburt der "kollektiven Physis". Der Flaneur, der einmal aus dem kontemplativen Bannkreis in der Mittelwelt in die Straβe hinaustritt, wird, wie die Figur seines Endes in Poes Erzahlung schon andeutet, umgehend in eine "in sich bewegte, in sich beseelte Menge" widerstandslos eingesaugt und dann mit einer "kompakten Masse" als monstroser Automat vereinigt. Hiermit ist die heroische Metamorphose des "Muβiggangers" zum neuen sozialen Subjekt der Moderne definitiv gescheitert. Angesichts dieser Tatsache zieht sich Benjamin nun als gescheiterter "schreibender Revolutionar" mit seinem "Baudelaire" zusammen auf die Position in der kontemplativen Mittelwelt, namlich in seinem Passagen-Werk, zuruck.
著者
亀井 一
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
no.104, pp.112-121, 2000-03-15

Jean Paul versucht im 31. Kapitel seiner〓Vorschule der Asthetik〓, seinen Begriff des Humors aus dem des Komischen abzuleiten. Es gelang aber noch nicht, diese durch einige stillschweigende Voraussetzungen bedingten Selbstauslegungen des humoristischen Schriftstellers genau zu interpretieren. An der Verstandnisschwierigkeit des Textes sind auch die Umstande in der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts schuld, namlich daB der realistische Humor eben nicht im Sinne von Jean Pauls subjektivem Humor orientiert war. Nicht zuletzt spielt eine miBratene Konjektur zu dieser Stelle in der 1935 von E. Berend herausgegebenen historisch-kritischen Ausgabe eine Rolle. Im vorliegenden Aufsatz wird Jean Pauls Begriff des Humors anhand des Textes der ersten Auflage der〓Vorschule der Asthetik〓(1804)rekonstruiert. Der Humor ist nach Jean Paul〓das romantische Komische〓, das erst dann entsteht, wenn sich das Komische auf die Unendlichkeit bezieht. Das Komische begrunder er im 28. Kapitel auf die Sicht eines Dritten, wodurch die ernste Anstrengung als Unsinn aufgedeckt wird. Diese Betrachtung wird nun auf die Bestimmung des Humors angewandt. Beim Humor werden also die vergeblichen Bemuhungen der Menschen, im Endlichen das Unendliche zu realisieren, unter einem ubermenschlichen Aspekt gezeigt. Dabei handelt es sich um zwei unerlaBliche Bedingungen. Erstens ist in der humoristischen Beziehung zwischen Endlichem und Unendlichem nur das Endliche komisch. Das Unendliche muB auf alle Falle heilig sein, damit der Humor nicht in eine Gottesleugnung ausartet. Zweitens kann das Endliche vom menschlichen Verstand klar erkannt werden, das Unendliche ist indessen nur vage zu ahnen. Um diese Bedingungen zu erfullen, wird der undeutliche Begriff〓Kontrast〓eingefuhrt, der das Verstandnis fur den Text schwer macht. Unter diesem Begriff meint Jean Paul, daB dem humoristischen Subjekt nicht das Unendliche selbst unmittelbar unter die Augen tritt, sondern nur die gegen das unsichtbare Unendliche abgehobene Endlichkeit. Man betrachtet das Endliche als Unsinn und Nichts zwar aus dem Standpunkt des Unendlichen, aber diese Perspektive aus dem Unendlichen ist dabei nur subjektiv erahnt. In diesem Zusammenhang werden einerseits in den humoristischen Erzahlungen ausschlieBlich die hiesige winzige Welt und die unzulanglichen Tatigkeiten der Menschheit dargestellt. Andererseits erklart sich auch damit die〓Selbstparodie〓, die von der bisherigen Forschung immer wieder erwahnt wurde. Das humoristische Subjekt inszeniert sich selbst komisch, aber eigentlich in dem Sinn, daB ihm selbst seine eigene Endlichkeit auch im〓Kontrast〓mit dem Unendlichen bewuBt wird. Die weitschweifigen, aber manchmal fast inhaltslosen Reden der humoristischen Personen und Erzahler weisen also als Selbstdarstellung ihres endlichen Daseins ex negativo auf das Unendliche hin. Der Humor ist, wie Jean Paul sagt, 〓das umgekehrte Erhabene〓. Wahrend das Endliche beim Humor eindeutig vom Unendlichen ausgeschlossen ist, kann es beim Erhabenen in seinem Sinne als〓Zeichen〓fur das Unendliche einstehen. Wie sich das Endliche zeigt, hangt von der subjektiven Perspektive ab. Dem humoristischen Weltbild liegt aber die erhabene Ahnung als verstecktes Moment zugrunde. Denn der〓Kontrast〓kann nicht ohne irgendeine Erkenntnis des Unendlichen zu BewuBtsein gebracht werden. Insofern erkennt Jean Paul den menschlichen〓Instinkt〓zum Unendlichen an. Wenn er diese esoterische Erkenntnisfahigkeit betont, bezieht sich das Endliche als Erhabenes auf die Unendlichkeit. Im gesamten asthetischen Projekt Jean Pauls sind die beiden Aspekte Humor und Erhabenes verflochten.
著者
吉用 宣二
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文學 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
no.101, pp.117-126, 1998-10-15

Peter Handkes Serbien-Reiseberichte "Eine winterliche Reise" und "Sommerlicher Nachtrag" haben als eine Verteidigung Serbiens starke Polemiken hervorgerufen, was paradoxerweise die groBe Bedeutung des Schriftstellers in der BRD bezeugt. Ich mochte hier die Serbien-Berichte im Zusammenhang mit seiner Literatur unter dem Gesichtspunkt der Bildllichkeit lesen. Seit der Erzahlung "Langsame Heimkehr" ist uber Handkes Wende zum Transzendentalen gesprochen worden. Bis zum Roman "Mein Jahr in der Niemandsbucht" konnen wir bei seiner Beschreibung der alltaglichen Lebenswelt die Bilder der Versohnung von Ich und Welt lesen. Aber diese Wende besteht eher in der Entdeckung des Konkreten in der lebensnahen Alltagswelt und dessen reiner Beschreibung. Diese Verwandlung kommt aus der Erkenntnis der Unmoglichkeit des Erzahlens, das oft zur "Erzahlerei" verdirbt oder nur aus einem "Erzahlzwang" entsteht. Die ruhige Welt von "Mein Jahr in der Niemandsbucht" und das polemische Serbienbuch teilen diese Erkenntnis. Das letztere ist eine Kritik der Medien, die die Geschichte des bosen Serbien unreflektiert wiederholen. In den Serbien-Berichten handelt es sich um die Reflexion der Bilder. Handkes Wende heiBt, die fertig vorliegenden Bilder auszuklammern und das Konkrete, Gegenwartige in der minimal-privaten Lebenswelt zu entdecken und aus dem eigenen Inneren neue Bilder zur Darstellung zu konstruieren. Dabei sieht Handke die Natur nicht als ein Objekt der Beherrschung, die die europaische Moderne kennzeichnet, sondern sieht sich selbst als einen Teil der Welt, was die Bilder der Versohnung entstehen laBt. Die Serbienreise, die Serbien so erfahren will, wie es ist, ist eine Konsequenz seiner Literatur. Der Krieg in der Gegenwart ist auch ein Bilder-Krieg, wie der Golf-Krieg in Nahost "Nintendo-Krieg" genannt wurde. Die Opfer des Kriegs werden nach dem Muster des Opferbildes gezeigt und sie selbst stellen ihr Leiden dar, indem sie das Opferbild wiederholen. Also geht es um die Kritik der omniprasenten Bilder, und zwar der immergleichen, die Handke meint, wenn er uber "Bilderverlust" oder "Bilderstarre" spricht. Handke, der die stereotypen Bilder ablehnt, stellt auch bei der Serbienreise ein stereotyp scheinendes Bild uber "eine ursprungliche und volkstumliche Handelslust" dar. Aber das Bild von dem Totenschadel mit den Blumen befremdet ihn. Seine beharrliche Intention zum Konkreten ist, literaturgeschichtlich gesehen, eine Reaktion der Literatur gegen die postmoderne, digitale Kultur, in der nicht die Sache, sondern deren Bild, ein Kurzel von einem Bild, vorherrscht. Aber ist das Wirkliche, worauf Handke sich berufen will, nicht auch Fiktion? Handkes Kraft liegt in seiner Selbstreflexion, die das Bild-Denken erschuttert und dessen Grenze erkennen will. Gegen das Abweisen der Bilder, das der Krieg bedeutet, stellt Handke die Arabeske der Miniaturen-Bilder. Der Ausdruck "Krieg >Krieg<" bei dem Massakerort Srebrenica bedeutet "Ding an sich", vor dem jedes Bild versagen muB. Einen Rahmen der Arabeske bildet der FluB Drina, der wahrend der winterlichen Reise als schweigender Gott durch das Gebirgsland flieBt. Was dem Serbienbuch die unvergleichliche Kraft gibt, ist nicht die Medien-Kritik, sondern Handkes "bildsame" Haltung, die sich zum Medium der Sache macht, die immanenten stereotypen Bilder auflost, in das Gegenwartige eindringt. Dadurch gestalten sich neue Bilder aus der Sprachlosigkeit vor der uberwaltigenden Gegenwart des Kriegs.