著者
益 敏郎
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.152, pp.57-73, 2016-03-25 (Released:2018-03-31)

Friedrich Schillers Ästhetik gilt schon lange als „Kulminationspunkt der anthropologischen Ästhetik in Deutschland“. Die Tatsache, dass sie mit dem Denken der amerikanischen Philosophin Martha C. Nussbaum, die die Notwendigkeit erkennt, die soziale Gerechtigkeit durch die von der Literatur kultivierte „poetic justice“ zu ergänzen, viele Gemeinsamkeiten aufweist, verdeutlicht die Aktualität von Schillers Ästhetik. Schiller und Nussbaum begründen beide die humanistische Pädagogik in Anlehnung an Schönheit und Kunst und kritisieren gleichzeitig den Kapitalismus der Moderne. Schillers Ästhetik ist gewissermaßen ein frühes Beispiel dafür, wie die Möglichkeiten der „poetic justice“ erörtert wurden. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
橋本 紘樹
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学
巻号頁・発行日
vol.156, pp.174-191, 2018

Theodor W. Adorno behandelte Heinrich Heine zweimal. Der bekanntere Vortrag ist <i>Die Wunde Heine</i>, der 1956 an dessen hundertsten Todestag vom Kölner Rundfunk ausgestrahlt wurde. Der zweite ist <i>Toward a reappraisal of Heine</i>, den Adorno 1948 an der Universität von Los Angeles auf Englisch vortrug. Hierbei anzumerken ist eine entscheidende Wendung im Leben Adornos, nämlich die Heimkehr nach Deutschland aus dem Exil in den USA, das aufgrund der antisemitischen Verfolgung und des Arbeitsverbots im nationalsozialistischen Deutschland erfolgte. Zu dieser Heimkehr entschloss er sich 1949. Die gesellschaftliche Lage, die Adorno in der BRD vorfand und die grundlegenden Einfluss auf seine Kulturtheorie ausübte, sowie die dama­lige deutsche Heine-Rezeption änderten seine Haltung zu diesem Thema. In der bisherigen Forschung zur Heine-Interpretation Adornos wird diese verän­derte Einstellung kaum berücksichtigt. Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit liegt im Herausarbeiten der Intention Adornos, mittels der Heine-Lektüre die zeitgenössische Lage zu kritisieren, zu welchem Zweck beide Vorträge unter den genannten Aspekten verglichen werden.<br> Bislang herrschte die Vorstellung vor, dass er sich von der amerikanischen Kultur distanzierte. Allerdings wird in neuerer Zeit seine Konzeption des Versuches, konkrete Kritik an der Kulturindustrie zu üben, hervorgehoben. Schon während seines Exils setzte er sich mit der Unmöglichkeit einer rein geistigen, von den gesellschaftlichen Verhält­nissen unabhängigen Kultur und der Rolle der Kultur im Kapitalismus auseinander. Diese Problematik spiegelt sich im Heine-Vortrag wider, den Adorno in Amerika hielt. Sein Schwerpunkt liegt in der Neubewertung der Gedichte Heines. Dabei fällt auf, dass er die Interpretation Heines aus der jüdischen Perspektive ablehnte. Adorno zufol­ge soll der Gegensatz zwischen Lyrik und Kommerzialismus themati­siert werden. Heine habe aufgedeckt, dass echte Lyrik unter den Bedingungen der Industriegesellschaft unmöglich sei, während er zugleich die Tradition der Lyrik gegen die Zeitläufe zu bewahren versuchte. Bedenkt man, dass der Vortragsort in den USA lag, wo sich der Kapitalismus am schnellsten ent­wickelte, so ist wohl nicht von der Hand zu weisen, dass Adornos Intention eine Kritik an der gesellschaftlichen Lage in den USA war.<br> In der BRD dagegen war Adorno mit einem restaurativen geistigen Klima konfrontiert. Seit der Adenauer-Ära dominierten die Kulturkonservativen, die schon vor dem Krieg den intellektuellen Bereich beherrscht hatten, erneut das kulturelle Leben des Landes. Ihre elitäre Berufung auf Kultur und Geist sowie Identifizierung dieser mit der Nation, knüpften an den Antisemitismus der Nazi-Ideologie an. Nach seiner Rückkehr warnte Adorno vor den restau­rativen Tendenzen in der Kultur und versuchte einen anderen, besseren Um­gang mit der Kultur zu konzipieren. Seiner Meinung nach sei die Existenz­möglichkeit der Kultur nur durch Kritik am Aufkommen von Halbbildung gesichert.<br>(View PDF for the rest of the abstract.)
著者
四ッ谷 亮子
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 : Neue Beitrage zur Germanistik (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
no.133, pp.115-128, 2007-10-15

Bei Heiner Muller spielen Motive aus der griechischen Antike durchgangig eine sehr wichtige Rolle. In diesem Aufsatz werden sie zum einen im Bezug auf das Verfahren der "Amalgamierung" (U. Hass) von Mythen und der Struktur der Werke H. Mullers, zum anderen im Bezug auf das in ihnen und durch sie artikulierte Frauen- und Mannerbild untersucht. Daruber hinaus wird die Veranderung der Schreibweise Mullers vom theatralischen Dialog zum 'pluralen Monolog', die manchmal mit der Verwandlung der gewahlten Motive aus der Antike in eins fallt, genauer dargestellt. Und es soll auch der damit zusammenhangende, 'energetische' Wahrnehmungs- und Denkprozess des Lesers bzw. Zuschauers im Theater angesprochen werden. Zunachst wird die erste Phase der Rezeption der griechischen Antike, insbesondere der Tragodie, bei Muller in den 50er und 60er Jahren behandelt. Parallel zum Schreiben der "Produktionsstucke" liest er Werke von Vorgangern und schreibt seine Kommentare zu eigenen lyrischen Werken um. Diese Arbeit der Kommentierung fuhrt weiter zum Theaterstuck "Philoktet" (1958/64). Die Personen in diesem Stuck verlieren den Charakter des prototypischen Helden im Mythos, wodurch Muller auf ein relativiertes Geschichtsmodell Bezug nimmt. 1971 wurde die Honecker-Regierung gebildet, was eine drastische Veranderung der Kulturpolitik nach sich zog. In "Zement", geschrieben 1972, sind Titel, die sich von griechischen Mythen herleiten, oder, damit verbunden, ins Stuck eingeschobene Prosatexte ("Herakles 2 oder Hydra" usw.), d.h. eine distanzierte, komentierte Schreibweise charakteristisch. Die Personen sprechen zwar Dialoge, aber ihr Inhalt trennt sich vom Subjekt der jeweiligen agierenden Personen, und ihre Aussrungen verschwinden im Anonymen, Universalen. In dem Stuck verandert sich auch das Frauenbild : Wahrend zuvor die Frauen im Produktionsstuck sowohl kampfen als auch gebaren wollten, gibt es nun ein anderes Bild von Frauen. Es sind Frauen, die gegen die Gesellschaft kampfen, aber 'nicht gebaren' wollen. Dieses neue Bild der Frauen bezieht sich auf den Medea-Topos und hinterfragt das bisherige, von Mannern zu idealistisch dargestellte Frauenbild. Mullers Aufenthalt in den USA 1975 bot ihm die Gelegenheit weit entfernt von der DDR, die zeitgenossische Geschichte aus einer anderen Perspektive zu betrachten. "Die Hamletmaschine" (1977), geschrieben gleich nach einem Aufenthalt in den USA, stellt deutlicher als zuvor Skepsis in Bezug auf eine stabile Subjektivitat dar, und zwar durch monologische 'Vokalisierung der Diskurse', die das Geschlecht und das Subjekt der Personen zu suspendieren scheint : Mit seinem Text "Ich will eine Frau sein" gibt in der dritten Szene der 'Hamlet Darsteller' seine Mannlichkeit preis, die das abendlandische Wissen als Antrieb der linearen Geschichtsvorstellung symbolisiert. Dagegen mischen sich mit Opheria und Elektra die Rollen, die sowohl Opfer der mannlichen Herrschaft sind, als auch diejenigen, die das schon etablierte System der Geschichte zugrunde gehen lassen und es in veranderter Form aufs Neue rekonstruieren konnen. Muller entfaltet in der "Hamletmaschine" eine paradoxe Argumentation in Bezug auf die Existenz der Frau, die erst dann entstehen kann, wenn es kein Subjekt mehr gibt. Ende der 70er Jahre entstanden parallel dazu verschiedene Texte, die mit einem einfachen Rollenspiel des Schauspielers nicht mehr spielbar, die "metatheatral" sind und die einen Theaterraum brauchen, in dem der polyphone Monolog zum Klingen kommt, der weder mit dem Dialog der griechischen Tragodie noch mit dem interpersonalen Monolog der Neuzeit identisch ist. Das Medea-Motiv, das H. Muller zuerst in "Zement" aufgreift, wird in "Verkommenes Ufer Medeamaterial Landschaft mit Argonauten" (1982) immer starker. In der zweiten Szene, die einer griechischen Tragodie nachempfunden ist, nimmt der Monolog Medeas, der Protagonistin der Tragodie, die Geschichte der kommenden Ermordung vorweg und zeigt damit auch Medeas Perspektive, die ihrerseits Dramatikerin ist. Medea offenbart auBrdem ihren Wunsch, "die Menschheit in zwei Stucke" zu brechen und "in der leeren Mitte" weder als Frau noch als Mann zu leben. In der dritten Szene, "Landschaft mit Argonauten", werden allerlei "Endstationen der Konsumgesellschaft" ausgestellt (ein leeres Kino, Landschaften aus Mull usw.). Aus den Korpern der verstorbenen Argonauten im fremden Meer scheint sich hier die Geschichte der Kolonisierten, die in die Landkarte der Eroberer eingeschrieben wurde, von der Gegenwart zur Antike zuruckzuwenden. Nun vereinigen sich die Stimme von Medea, die ihr Subjekt als Frau, d.h. als Gebarmaschine der Geschichte aufgibt, und die der namenlosen Opfer der Kolonisation zu allen Zeiten vor dem Horizont des Todes. In "Bildbeschreibung" (1984), eine Ubermalung' von Alkestis, wird das Thema der Zerstreuung des Subjekts auf der Ebene des Todes am weitgehendsten radikalisiert. Der Text setzt die Bewegung einer von nun an zu entstehenden Gewalt, eines Geschlechtsaktes und Mordes in Gang und identifiziert sie mit dem Rhythmus der Blicke des Betrachters des Bildes/Lesers/Zuschauers. Er zitiert dabei verschiedene Texte, das No-Spiel "Kumasaka", "The Tempest" von Shakespeare and Odysseus' Hadesfahrt aus dem 11. Gesang der "Odyssee", wo es sich um die Ruckkehr des Toten handelt, und unter den Namen Admetos, der, gebunden durch ein Apollo gegebenes Versprechen, seine Frau als Opfer darbietet, und Alkestis, die mit Hilfe von Herakles aus dem Hades geholt wird, werden zwei gegenuberstehende Schemata thematisiert : Das erstere thematisiert die Grenze eines Bildes in Richtung auf die Vergangenheit der Autoritat und der Geschichte. Das zweite zeigt die Moglichkeit des Bild-Beschreibens, den Moment des Geschehens in seiner sowohl zeitlichen als auch raumlichen Transzendenz. Mullers "Bildbeschreibung" mit einer vom Theaterstuck entfernten Form, enthalt aber trotzdem durch Meta-Theatralitat eine Reflexion uber Theatralitat, welche den Zuschauern die Frage der Beziehung zwischen der Buhne und ihnen selbst stellt. In der Serie "Wolokolamsker Chaussee 1-5" (1984/87), bei der Muller wieder die Brechtsche Lehrstucktheorie anwandte, gibt es einen Teil (4), wo ein Kentaur, der sich in einen Schreibtisch, ein Symbol des Burokratismus, verwandelt, als Protagonist der Farce auftritt. In den beiden Gedichten um Ajax, "Ajax, zum Beispiel", "Ajax", stellt Ajax einen anonymen Selbstmorder dar, der den zu schnellen politischen Wechsel nach dem Tod Stalins nicht ertragen konnte. Diese beiden Helden beherrschen den polyphonen Monolog, horen den Opfern der Vergangenheit zu und blicken auf den Wendepunkt der Nachkriegszeit zuruck, ohne dabei uber ihre eigene ungeklarte Situation zu klagen, wie die prototypischen Helden in den fruheren Texten.
著者
大宮 勘一郎
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学
巻号頁・発行日
vol.152, pp.74-90, 2016

<p>Seit Aristoteles ist zwischen zwei Arten der Gerechtigkeit zu unterscheiden: der austeilenden Gerechtigkeit und der ausgleichenden. Die erstere sorgt für die „geometrische Proportion" eines Gemeinwesens im Hinblick auf den faktischen Unterschied etwa im Status, im Vermögen, in der Ehrwürdigkeit oder in den Familienverhältnissen seiner Mitglieder, während sich die letztere aufgrund der Gleichheit der wiedergutzumachenden Schäden oder der auszutauschenden Güter gemäß der „arithmetischen Proportionaliät" auf das „Mittlere" hin regulierend auswirken soll. Seitdem aber Thomas von Aquin die ausgleichende Gerechtigkeit hinsichtlich der bloßen Gleichwertigkeit, sei es bei der Kompensation, sei es beim Tausch, zusammenfassend in die „justitia commutativa" übersetzte, ist die Gerechtigkeit des Ausgleichens, welche doch die tiefe Bedachtsamkeit eines aufgrund des Gemeinwohls richtenden Dritten fordert, allmählich zum Gleichheitsprinzip des kommutativen Handels vereinfacht aufgefasst worden, späterhin sogar als die Gerechtigkeit <i>der</i> Äquivalenz, die dann als autonomer und damit einzig „gerechter" Maßstab in der modernen bürgerlichen Gesellschaft in Geltung trat. Infolge dieses Begriffsverfalls scheint heutzutage die so verstandene ausgleichende Gerechtigkeit, die sowohl politisch dem individualistischen Gleichheitsprinzip seit der „Declaration of Rights" als auch ökonomisch den bürgerlich liberalistischen Interessen entspricht, als die in der Moderne primär zu verwirklichende Gerechtigkeit angesehen zu werden, während die austeilende Gerechtigkeit, die ihrerseits als vormoderne Gerechtigkeit der ständischen Ordnung oft zur modernen Tauschgerechtigkeit ins Spannungsverhältnis gestellt wird, gerade noch die Form der sozialpolitischen sowie -investorischen Umverteilung durch den Staat und damit die Missverhältnisse „ausgleichende", sekundäre Funktion annimmt.</p><p>(View PDF for the rest of the abstract.)</p>
著者
宮城 保之
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 : Neue Beitrage zur Germanistik (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
no.142, pp.120-132, 2011-03-25

Theologische Interpretationen uber Walter Benjamin wurden bisher hauptsachlich unter dem Gesichtspunkt der judischen Religion bzw. im Hinblick auf den Umgang mit den Theologen, die zu Lebzeiten mit ihm verkehrten, durchgefuhrt. In diesem Aufsatz wird aber versucht, die Korrespondenz zwischen ihm und dem protestantischen Theologen Paul Tillich als Korrespondenz zwischen zwei zeitgenossischen Kulturtheologen zu verstehen. Ausgangspunkt ist der von Tillich 1919 gehaltene Vortrag Uber die Idee einer Theologie der Kultur. Darin bestimmt er die Theologie als Teil der normativen Kulturwissenschaften und entwirft eine Kulturtheologie, die zuallererst das Kunstwerk zum Gegenstand hat. Die Religion wird als "Erfahrung des Unbedingten" gekennzeichnet, und deren Ausdruck in der weltlichen Kultur wird thematisiert. Damit zielt er auf den Ubergang von der autonomen Kultur zur theonomen. In ersterer gilt die Vollendung der Form als das Ziel kunstlerischen Strebens, in der zweiten aber geht es um die Offenbarung eines Gehalts, der allein durch das Zerbrechen der Form zum Vorschein kommen kann. Kennzeichen religioser Kunst ist namlich nicht ein moralischer Inhalt des Werks, sondern die den Inhalt vernichtende radikale Negation der Form und die so zustande kommende Offenbarung des Gehalts. Dieser Entwurf der Kulturtheologie Tillichs korrespondiert in nicht wenigen Punkten dem theologischen Denken Benjamins. Erstens betrachtet auch Benjamin ausfuhrlich das Verhaltnis von Form und Gehalt aus theologischer Perspektive; bei ihm entspricht es jedoch dem Verhaltnis vom Griechischen zum Orientalischen bzw. vom Mythischen zum Gottlichen. In Zwei Gedichte von Friedrich Holderlin bezeichnet er den Gehalt als das orientalische, Grenzen uberwindende Prinzip, das das griechische gestaltende Prinzip aufhebt. In Zur Kritik der Gewalt kommt das Verhaltnis zwischen der rechtsetzenden mythischen und der rechtsvernichtenden gottlichen Gewalt zum Ausdruck. Und wie Tillich die Form als unentbehrliche Vermittlungsinstanz fur die Offenbarung des Gehalts ansieht, so gilt auch bei Benjamin das Mythische vor allem in der Literatur als unentbehrliche Voraussetzung fur die Erwartung des Messianischen. In Goethes Wahlverwandtschaften regiert die mythische Kraft als leise Verfehltheit das Verhaltnis zwischen den Gestalten. Im Werk Kafkas erscheint die mythische Ordnung noch deutlicher als "Entstellung" der Figuren wie jener Odradeks. Andererseits deutet Tillich das Zerbrechen der Form in der expressionistischen Kunst als Ausdruck eines Schuldgefuhls der Existenz im kosmischen Sinne. Zweitens kann man den symbolischen Charakter der Kultur anfuhren. Um in der bedingten Kultur das Unbedingte zu erfahren, braucht man die Kraft der schonungslosen Negation. Auf dieser Wendung vom radikalen Nein zum radikalen Ja beruht der symbolische Charakter der Kultur. In der 1921 veroffentlichten 2. Ausgabe des Vortragstexts anderte Tillich die Definition der Religion von der "Erfahrung des Unbedingten" zu "Richtung auf das Unbedingte". Benjamin sah auch 1918 die Aufgabe der kommenden Philosophie darin, die Erfahrung und Lehre von Gott zu ermoglichen; in der 1921 veroffentlichten Aufgabe des Ubersetzers soll aber die refine, d.h. gottliche, Sprache allein durch einander erganzende "Intentionen" fremder Sprachen erreichbar werden. In den Begriffen "Richtung" und "Intentionen" zeigt sich hier das symbolische Verhaltnis der Kultur zur Religion deutlicher. Als literarisches Beispiel dafur kann man Kafkas Werk anfuhren. Im Gegensatz zu den theologischen Interpretationen uber Kafka seit Brod richtet Benjamin seine Aufmerksamkeit auf darin auftretende Gesten. Sie haben zwar keine sichere symbolische Bedeutung, spielen aber auf etwas an, das auch dem Verfasser unverstandlich ist. Es ist nach Benjamin die Gnade des Werkes Kafkas, dass dieses Etwas nicht festgelegt wird und unvollendet bleibt. Tillich beachtet auch Symbole in den Romanen Kafkas, sieht diese aber als Symbole der Angst, die auf etwas Angsterregendes, jedoch Unbestimmtes, gerichtet sind. Obwohl sich Benjamin wie Tillich fur die symbolische Dimension der Sprache interessiert, spielt bei ihm die Allegorie eine entscheidende Rolle fur die Erlosung. Sie beruht auf dem judischen Messianismus, der im Gegensatz zum christlichen keine Inkarnation kennt und die Erlosung als Ausgleich fur die Katastrophe ansieht. Sowohl nach Tillich als auch nach Benjamin beruhen die stilistischen Merkmale der avantgardistischen Kunst auf der damals vorherrschenden theologischen Forderung, bei der das Negative eine unentbehrliche Rolle spielt. Theologisch gesehen gilt es als Widerstand gegen die pseudoreligiose Ideologisierung der Kultur. Andererseits darf aber auch nicht vergessen werden, dass eine dialektische bzw. paradoxe Verbindung des Negativen mit dem Positiven immer gefordert werden soll, die allein theologisch begrundet werden kann.
著者
今井 敦
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.164, pp.73-90, 2022 (Released:2023-08-06)

Die vorliegende Arbeit verfolgt das Vorhaben, die Technikkritik des Schriftstellers Friedrich Georg Jünger (1898-1977) aus der heutigen Sicht zu beleuchten und seinen Stellenwert in der kultur- und technikkritischen Strömung des 20. Jahrhunderts zu bestimmen. Zu diesem Zweck befasst sie sich mit seiner Schrift: »Die Perfektion der Technik«, deren erster Teil erstmals 1946 und deren zweiter Teil, ursprünglich unter dem Titel »Maschine und Eigentum« als selbständiger Band, 1949 erschien. Nachgegangen wird den folgenden Fragen: erstens, in welcher Hinsicht Jüngers Technikkritik als Vorwegnahme von Ideen der heutigen Ökologiebewegung anzusehen ist und was sie von Ansichten der ihm vorausgehenden Kultur- und Technikkritiker unterscheidet, zweitens, wer bzw. was das Subjekt des ‚Willens zur Macht‘ ist, als dessen Manifestation er die Technik auslegt, und drittens, welche Art von Ausweg aus der Krise bzw. Umkehr er voraussieht. Friedrich Georg Jünger sieht in der neuzeitlichen Technik einen Automatismus, der an Natur und Mensch grenzenlosen „Raubbau“ treibt und in planetarischer Hinsicht zur Verlustwirtschaft führt. Alle Gegenstände, den Menschen eingeschlossen, werden als Bestände des Nutzbaren aufgefasst, durch Normierung und Standardisierung als Menge des Gleichen ausgerechnet, mobilisiert, bearbeitet und zum Verbrauch geliefert. Der technische Fortschritt verändert nicht nur Natur und Mensch, sondern verwandelt die Gesellschaftsformen in eine maschinenentsprechende, d. h. „das technische Kollektiv“. In der letzten Phase der Perfektionierung schließen sich all die Kollektive zum „Universalarbeitsplan“ zusammen, der somit an die Weltherrschaft gelangt. Jünger zufolge ist die neuzeitliche Technik kein neutrales Werkzeug, sondern an sich der ‚Wille zur Macht‘, dessen mechanischer Automatismus, zwar vom Menschen in Bewegung gesetzt, aber längst nicht mehr gestoppt oder gelenkt werden kann. Die Vollendung der technischen Herrschaft veranlasst aber den Regress der unterdrückten Natur, der sich möglicherweise als folgenschwerer Betriebsunfall offenbart. Auf jeden Fall ergibt sich eine globale Verarmung, die auch vernichtende Weltkriege herbeiführen kann. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
伊藤 白
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.158, pp.60-76, 2018 (Released:2020-03-15)

Lange diskutierten Kritiker von Bernhard Schlinks Weltbestseller Der Vorleser (1995), inwieweit der Autor in diesem Roman eine revisionistische Vision verfolge: Als Höhepunkt des Romans stellt die Protagonistin Hanna Schmitz, in die sich der Protagonist Michael Berg als Schüler verliebte und die er später im Gerichtssaal als Analphabetin und frühere SS-Aufseherin eines Konzentrationslagers bei Krakau wiedersieht, an den Richter die Frage: „Was hätten Sie denn gemacht?“ Manche Kritiker deuteten den Roman als revisionistisch, da er betone, dass Hanna keine andere Wahl hatte, als in die SS einzutreten, und dass sie nicht Täterin, sondern eher Opfer sei. Auch glaubte man, die Behauptung des Autors aufgedeckt zu haben, dass die Hauptfigur Michael Berg auch Opfer sei, der durch seine Liebe zu Hanna in die Vergangenheitsschuld verstrickt wurde. Dagegen wurde vor der einfachen Identifizierung der Meinung des Autors mit der des Protagonisten gewarnt. Jedenfalls sind viele Fragen im Roman offen geblieben. Zur weiteren Verdeutlichung der Einstellung des Autors, der auch Jurist und Professor für Öffentliches Recht ist, geht es darum, nicht nur seine belletristischen Werke, sondern auch seine juristischen Aufsätze und Essays zu lesen. In seinem Buch Vergangenheitsschuld und gegenwärtiges Recht (2002) kritisiert Schlink wiederholt die Radbruchsche Formel, nach der das Recht im Dritten Reich, das die Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt und die Gleichheit, den Kern der Gerechtigkeit, verleugnet habe, überhaupt der Rechtsnatur entbehre, weil sie den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland ermöglicht habe, die Taten im Dritten Reich rückwirkend zu verurteilen. Auch erhebt er einen Einwand gegen die nach einer heftigen Diskussion 1979 beschlossene Aufhebung der Verjährungsfrist bei Mord in der Bundesrepublik Deutschland. „Nulla poena, nullum crimen sine lege“ sei das rechtsstaatliche Proprium des Strafrechts, wenn auch bei NS-Verbrechen 6,000,000 Menschen umgebracht worden sind. Damit wird seine juristische Überzeugung deutlich, dass keine Taten im Dritten Reich nachträglich verurteilt werden sollten, ganz zu schweigen von den Taten Hannas, die nur Befehlen gefolgt habe. In diesem Buch geht er sogar so weit, zu behaupten, dass die Opfer, die Juden, für die NS-Verbrechen selbst verantwortlich wären, da sie, nach Schlink, Widerstand und Widerspruch nicht geleistet hätten. Das ist aber falsch, da es in der NS-Zeit tatsächlich viele Fälle jüdischen Widerstandes gab, und Schlinks Äußerung übersieht, dass sich die Juden damals in einer völlig hilflosen Situation befanden. Zwar sind Beispiele der jüdischen Beihilfe zu Verbrechen bekannt, aber Schlink verallgemeinert dies. Dagegen sind für Schlink die Deutschen seiner Generation Opfer, da sie wegen der Beziehung zur Elterngeneration unter Identitätsproblem gelitten hätten. Wer sind dafür die Schuldigen? Für Schlink sind es Kritiker der NS-Verbrechen einschließlich Juden, die, wie in der Erzählung „Die Beschneidung“ (2000), die Vergangenheitsschuld der Deutschen erwähnen und die Deutschen attackieren. Thematisierung der Vergangenheitsschuld ist für Schlink schon eine Belästigung. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
林 英哉
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.164, pp.26-40, 2022 (Released:2023-08-06)

Der Roman „Heidi“ von Johanna Spyri spielt an zwei Orten: in den Schweizer Bergen und in der deutschen Großstadt Frankfurt am Main. Hier werden Natur und Großstadt deutlich gegenübergestellt. Dies wurde in der bisherigen Forschung als „moderne Kritik an der Moderne“ verstanden, weil die Natur als positiv und die Großstadt als negativ beschrieben wird. Diese Entgegensetzung erscheint charakteristisch in der Gattung der ‚Heimatliteratur‘. Die vorliegende Abhandlung fragt, ob man wirklich „Heidi“ einfach als Kritik an der Moderne verstehen kann. Der Schwerpunkt dieser Abhandlung liegt auch auf den Krankheiten und Behinderungen der Figuren in „Heidi“, weil der Unterschied zwischen Natur und Großstadt eng mit der Gesundheit von Heidi und den anderen Figuren verbunden ist. Heidi kann nach der Rückkehr in die Berge ihre in Frankfurt verlorene seelische Gesundheit wiedergewinnen. Die Hochschätzung der frischen Bergluft in „La Nouvelle Héloïse“ von Rousseau führte im 19. Jahrhundert zur Fixierung vom gesunden Bild der Schweizer Berge, indem sie zum beliebten Ort für Bergsteiger und Touristen wurden. Dazu trug gleichzeitig auch die Einrichtung der Eisenbahn und der Sanatorien bei. Das gesunde Bild der Natur basiert auf der modernen Technik und Naturwissenschaft (Medizin sowie Ernährungswissenschaft). In „Heidi“ erscheinen der Arzt und die Eisenbahn gar nicht negativ, was zeigt, dass die moderne Kritik an der Moderne keineswegs gründlich geübt wird. Die Natur erscheint in „Heidi“ nicht nur gesund und sanft. Ihre Gefährlichkeit wird auch durch die Kälte der Berge im Winter und die Zerstörung des Rollstuhls dargestellt. Clara, die kränklich ist und immer im Rollstuhl sitzt, überwindet ihre Gehbehinderung, nachdem sie in die Berge gekommen ist. Dies geschieht unmittelbar nach der Zerstörung ihres Rollstuhls durch Peter. An der Zerstörung des Rollstuhls beteiligt sich auch die Natur, indem er den Berghang hinunterstürzt und damit zerstört wird. Die Zerstörung des Rollstuhls drückt eine Befreiung von der Stagnation der Großstadt durch die Natur aus, aber gleichzeitig zeigt er auch die Gefährlichkeit der Natur. So verdoppelt der Rollstuhl das Bild der Natur. Außerdem erscheint die Großstadt auch nicht nur kränklich. Heidi, die nie zur Schule gegangen ist, lernt erst in Frankfurt das Lesen. Sie bringt später in die Berge die Technik des Lesens mit, wo sie Peters sehbehinderter Großmutter Kirchenlieder vorliest. Dann sagt die Großmutter, dass es ihr hell wurde, was eine symbolische Überwindung ihrer Sehbehinderung darstellt. Heidi zwingt auch Peter zum Lernen der Buchstaben. Lesen lernen ist mit Disziplin und Druck verbunden und steht in engem Zusammenhang mit der Stagnation der Großstadt. Die von der Großstadt ausgehende Alphabetisierung wirkt sich nicht nur positiv auf die Gesundheit aus, sondern ist auch mit dem kränklichen Charakter der Großstadt verbunden. So verdoppelt die Alphabetisierung das Bild der Großstadt. Der Rollstuhl und die Alphabetisierung gehen zwar in „Heidi“ von der Großstadt aus. Aber sie gehören nicht zur modernen Technik, so dass sie die Entgegensetzung von Natur und Großstadt relativieren können. Dies zeigt, dass es nur ein einseitiges Verständnis ist, „Heidi“ einfach als moderne Kritik an der Moderne zu betrachten. Dies könnte generell für die Heimatliteratur gelten, weil die aus der Sicht der Moderne gebildete Entgegensetzung von Natur und Großstadt die Grundstruktur der Heimatliteratur ist. Dann müsste auch die Frage danach gestellt werden, was in „Heidi“ im Vergleich zu anderen Werken der Heimatliteratur charakteristisch ist.
著者
竹岡 健一
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.164, pp.41-57, 2022 (Released:2023-08-06)

Unter den Werken von Karl Aloys Schenzinger ist „Anilin“ (1937) weniger bekannt als „Der Hitlerjunge Quex“ (1932), das als ein Beispiel typisch nationalsozialistischer Literatur gilt. Aber wenn man den Blick auf die Gesamtauflage innerhalb der Jahre 1933 bis 1944 richtet, findet man sie in umgekehrter Position. „Anilin“ wurde mit der Auflage von 920.000 fast dreifach mehr als „Der Hitlerjunge Quex“ verkauft und gehört zu den Topsellern der NS-Zeit. In diesem Sinne ist gerade „Anilin“ ein repräsentatives Werk, sowohl für Schenzinger als auch für die NS-Zeit. Trotzdem blieb das Werk bisher in der Forschung über die Literatur in der NS-Zeit außer acht. Vielleicht waren seine technologischen Themen in bezug auf die deutsche Chemie oder die deutsche Farbenindustrie nicht in die Kategorie der sogenannten nationalsozialistischen Literatur einzuordnen, zu der hauptsächlich Propaganada-, Kriegs- und Blut-und-Boden-Literatur gehören. In diesem Sinne sollte der Hinweis von Tobias Schneider Beachtung finden, dass die mit der Überschrift wie „Literatur in Nazi-Deutschland“ oder „Literatur im Dritten Reich“ versehenen Forschungen ihren Gegenstand eng begrenzten, und dass die „NS-Literatur“ als die „Literatur im Dritten Reich“ erst durch solche Forschungen etabliert wurde. Natürlich bedeutet das nicht, dass „Anilin“ bisher nicht betrachtet wurde. Es gibt zwar verschiedene Hinweise auf die Beziehung zwischen dem Werk und dem Nationalsozialismus. Aber dabei wurde das Wesen des Werks nicht klar formuliert, weil die historischen Tatsachen der im Werk auftretenden Chemiker, chemischen Industrien und deren Erfindungen oder Entdeckungen nicht genau in Betracht gezogen wurden. Nach der Meinung des Verfassers ist dieses Werk keine einfache Geschichtsschreibung. Der Kern des Werks liegt in der Beschreibung der Zeit des Dritten Reichs am Ende der Geschichte. Ein klarer Beweis dafür ist, dass die Handlung in bezug auf das Anilin im sechsten Teil zu Ende kommt. Der beachtenswerteste Punkt des Werks ist also der siebte Teil, der extra hinzugefügt wurde, obwohl er dem Titel nach eigentlich entbehrlich ist. So wird in dem vorliegenden Aufsatz durch die genaue Betrachtung dieses Punktes klargemacht, dass dieses Werk nicht ein populärwissenschaftlicher Roman, sondern ein Roman mit starkem politischem Charakter ist. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
川島 隆
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.158, pp.90-103, 2018 (Released:2020-03-15)

In ihrem Essay Questions of travel: Postmodern discourses of displacement (1996) kritisierte Caren Kaplan die Polarisierung von „tourism“ und „exile“ in der Forschung, in der ein einsamer, entfremdeter Emigrant zur idealen Künstlerfigur der literarischen Moderne stilisiert wird, während die Reisen der Touristen in der modernen Gesellschaft als bloß banale, kapitalistische Vergnügungen abgewertet werden. Kaplans Kritik gilt auch der postmodernen Theorie der „déterritorialisation“, die Gilles Deleuze und Felix Guattari vor allem in Kafka: Pour une littérature mineure (1975) entwickelten, indem sie die konkreten gesellschaftlichen Bedingungen realer Nomaden außer Acht lassen. Kaplan zufolge privilegieren die postmodernen Theoretiker die nomadenhafte Existenz im Exil bzw. in der Diaspora so, dass sie schließlich dem idealisierten Bild des Emigranten der modernen Literatur ähnlich wird. In der vorliegenden Arbeit möchte ich den Roman Der Verschollene (1912–1914), der bisher in der Forschung oft als typisches Beispiel einer deterritorialisierten Literatur mit einem nomadenhaften Helden gelesen wurde, anders zu lesen. Der Protagonist Karl Roßmann verhält sich danach nicht so sehr wie ein eigentlicher Emigrant, sondern vielmehr wie ein Tourist. Er sieht, was ihm sein Onkel Jakob vorwirft, die Großstädte in Amerika stets aus dem Blickwinkel eines „Vergnügungsreisenden“. Dadurch, dass der Leser mit der Hauptfigur diese Perspektive teilt, entsteht der durchgehend bewegliche und schwebende Eindruck dieses Romans. Auch im Vergleich mit dem Reisebericht Amerika — heute und morgen (1912) von Arthur Holitscher, einer der wichtigsten Vorlagen des Romans, tritt der touristenhafte Charakter Karl Roßmanns deutlich zutage. Während Holitscher in seinem Reisebericht die Integration der – vor allem jüdischen – Immigranten aus vielen Ländern in die amerikanische Gesellschaft plastisch darstellt, scheitert der von allem Jüdischen „emanzipiert“ habende Held Kafkas gerade bei diesem Integrationsprozess, weil er nicht imstande ist, die Position eines Touristen aufzugeben und sich wie ein wirklicher Immigrant zu verhalten.
著者
菊池 良生
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.72, pp.11-19, 1984

Das Wort Epigone bedeutete urspr&uuml;nglich nur Nachkommen und beschr&auml;nkte sich auf die genealogische Sph&auml;re. Also hatte es fr&uuml;her keine pejorative Bedeutung. Aber nach der Erscheinung von Karl Immermanns Roman &ldquo;Die Epigonen&rdquo; erf&auml;hrt der Epigonenbegriff seine Umdeutung. Ein W&ouml;rterbuch sagt, ein Epigone sei der, &ldquo;der ein Vorbild ohne eigene sch&ouml;pferische Kraft nachahmt&rdquo;. Dieser umgedeutete Epigonenbegriff wurde rasch in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts verbreitet. Diese Aufnahme und Verbreitung des umgedeuteten Begriffs h&auml;ngt eng mit der f&uuml;hrenden Literaturtheorie des 19. Jahrhunderts zusammen, -der Theorie, die &ldquo;eine Originalit&auml;t an und f&uuml;r sich staturiert und den Begriff geistiger Tradition nur h&ouml;chst bedingungsweise anerkennt&rdquo; (Hofmannsthal). Aber in letzter Zeit ist dieser Epigonenbegriff gr&uuml;ndsatzlich in Frage gestellt worden. Friedrich Sengle sagt: &ldquo;Wir sind im Laufe der Zeit mit der Anwendung dieses Begriffs vorsichtiger geworden, denn wir haben durch die Betrachtung der &auml;lteren Kulturen erkannt, da&szlig; es zur Hervorbringung gro&szlig;er Werke keiner bewu&szlig;ten Originalit&auml;t bedarf.&rdquo; Aber was ist die Originalit&auml;t in der Literatur?<br>Es wird immer behauptet, Heinrich Leuthold stehe ganz in der Nachfolge Platens und sein Genuva-Sonett entspreche ganz dem Venedig-Sonett Platens. So gilt Leuthold als einer der Platenepigonen: er ahmte Platen durchaus ohne eigene sch&ouml;pferische Kraft nach. Aber was ist eine Nachahmung? Diese Frage zieht eine wichtigere Frage nach: Was bedeutet die alte ber&uuml;hmte These &uuml;ber den Umschlag von der Nachahmung zur Originalit&auml;t?<br>Anhand eines Vergleichs zwischen dem Venedig-Sonett von Platen und dem Genuva-Sonett von Leuthold, -wobei in beiden Dichtungen die Hauptstr&ouml;mung der deutschen Lyrik des 19. Jahrhunderts umgangen wurde und ein Weg zu der alexandrinischen Lyrik des 20. Jahrhunderts f&uuml;hrte, -er&ouml;rtert der vorliegende Aufsatz den Umschlag von der Nachahmung zur Originalit&auml;t.