著者
伊藤 白
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.158, pp.60-76, 2018 (Released:2020-03-15)

Lange diskutierten Kritiker von Bernhard Schlinks Weltbestseller Der Vorleser (1995), inwieweit der Autor in diesem Roman eine revisionistische Vision verfolge: Als Höhepunkt des Romans stellt die Protagonistin Hanna Schmitz, in die sich der Protagonist Michael Berg als Schüler verliebte und die er später im Gerichtssaal als Analphabetin und frühere SS-Aufseherin eines Konzentrationslagers bei Krakau wiedersieht, an den Richter die Frage: „Was hätten Sie denn gemacht?“ Manche Kritiker deuteten den Roman als revisionistisch, da er betone, dass Hanna keine andere Wahl hatte, als in die SS einzutreten, und dass sie nicht Täterin, sondern eher Opfer sei. Auch glaubte man, die Behauptung des Autors aufgedeckt zu haben, dass die Hauptfigur Michael Berg auch Opfer sei, der durch seine Liebe zu Hanna in die Vergangenheitsschuld verstrickt wurde. Dagegen wurde vor der einfachen Identifizierung der Meinung des Autors mit der des Protagonisten gewarnt. Jedenfalls sind viele Fragen im Roman offen geblieben. Zur weiteren Verdeutlichung der Einstellung des Autors, der auch Jurist und Professor für Öffentliches Recht ist, geht es darum, nicht nur seine belletristischen Werke, sondern auch seine juristischen Aufsätze und Essays zu lesen. In seinem Buch Vergangenheitsschuld und gegenwärtiges Recht (2002) kritisiert Schlink wiederholt die Radbruchsche Formel, nach der das Recht im Dritten Reich, das die Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt und die Gleichheit, den Kern der Gerechtigkeit, verleugnet habe, überhaupt der Rechtsnatur entbehre, weil sie den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland ermöglicht habe, die Taten im Dritten Reich rückwirkend zu verurteilen. Auch erhebt er einen Einwand gegen die nach einer heftigen Diskussion 1979 beschlossene Aufhebung der Verjährungsfrist bei Mord in der Bundesrepublik Deutschland. „Nulla poena, nullum crimen sine lege“ sei das rechtsstaatliche Proprium des Strafrechts, wenn auch bei NS-Verbrechen 6,000,000 Menschen umgebracht worden sind. Damit wird seine juristische Überzeugung deutlich, dass keine Taten im Dritten Reich nachträglich verurteilt werden sollten, ganz zu schweigen von den Taten Hannas, die nur Befehlen gefolgt habe. In diesem Buch geht er sogar so weit, zu behaupten, dass die Opfer, die Juden, für die NS-Verbrechen selbst verantwortlich wären, da sie, nach Schlink, Widerstand und Widerspruch nicht geleistet hätten. Das ist aber falsch, da es in der NS-Zeit tatsächlich viele Fälle jüdischen Widerstandes gab, und Schlinks Äußerung übersieht, dass sich die Juden damals in einer völlig hilflosen Situation befanden. Zwar sind Beispiele der jüdischen Beihilfe zu Verbrechen bekannt, aber Schlink verallgemeinert dies. Dagegen sind für Schlink die Deutschen seiner Generation Opfer, da sie wegen der Beziehung zur Elterngeneration unter Identitätsproblem gelitten hätten. Wer sind dafür die Schuldigen? Für Schlink sind es Kritiker der NS-Verbrechen einschließlich Juden, die, wie in der Erzählung „Die Beschneidung“ (2000), die Vergangenheitsschuld der Deutschen erwähnen und die Deutschen attackieren. Thematisierung der Vergangenheitsschuld ist für Schlink schon eine Belästigung. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
林 英哉
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.164, pp.26-40, 2022 (Released:2023-08-06)

Der Roman „Heidi“ von Johanna Spyri spielt an zwei Orten: in den Schweizer Bergen und in der deutschen Großstadt Frankfurt am Main. Hier werden Natur und Großstadt deutlich gegenübergestellt. Dies wurde in der bisherigen Forschung als „moderne Kritik an der Moderne“ verstanden, weil die Natur als positiv und die Großstadt als negativ beschrieben wird. Diese Entgegensetzung erscheint charakteristisch in der Gattung der ‚Heimatliteratur‘. Die vorliegende Abhandlung fragt, ob man wirklich „Heidi“ einfach als Kritik an der Moderne verstehen kann. Der Schwerpunkt dieser Abhandlung liegt auch auf den Krankheiten und Behinderungen der Figuren in „Heidi“, weil der Unterschied zwischen Natur und Großstadt eng mit der Gesundheit von Heidi und den anderen Figuren verbunden ist. Heidi kann nach der Rückkehr in die Berge ihre in Frankfurt verlorene seelische Gesundheit wiedergewinnen. Die Hochschätzung der frischen Bergluft in „La Nouvelle Héloïse“ von Rousseau führte im 19. Jahrhundert zur Fixierung vom gesunden Bild der Schweizer Berge, indem sie zum beliebten Ort für Bergsteiger und Touristen wurden. Dazu trug gleichzeitig auch die Einrichtung der Eisenbahn und der Sanatorien bei. Das gesunde Bild der Natur basiert auf der modernen Technik und Naturwissenschaft (Medizin sowie Ernährungswissenschaft). In „Heidi“ erscheinen der Arzt und die Eisenbahn gar nicht negativ, was zeigt, dass die moderne Kritik an der Moderne keineswegs gründlich geübt wird. Die Natur erscheint in „Heidi“ nicht nur gesund und sanft. Ihre Gefährlichkeit wird auch durch die Kälte der Berge im Winter und die Zerstörung des Rollstuhls dargestellt. Clara, die kränklich ist und immer im Rollstuhl sitzt, überwindet ihre Gehbehinderung, nachdem sie in die Berge gekommen ist. Dies geschieht unmittelbar nach der Zerstörung ihres Rollstuhls durch Peter. An der Zerstörung des Rollstuhls beteiligt sich auch die Natur, indem er den Berghang hinunterstürzt und damit zerstört wird. Die Zerstörung des Rollstuhls drückt eine Befreiung von der Stagnation der Großstadt durch die Natur aus, aber gleichzeitig zeigt er auch die Gefährlichkeit der Natur. So verdoppelt der Rollstuhl das Bild der Natur. Außerdem erscheint die Großstadt auch nicht nur kränklich. Heidi, die nie zur Schule gegangen ist, lernt erst in Frankfurt das Lesen. Sie bringt später in die Berge die Technik des Lesens mit, wo sie Peters sehbehinderter Großmutter Kirchenlieder vorliest. Dann sagt die Großmutter, dass es ihr hell wurde, was eine symbolische Überwindung ihrer Sehbehinderung darstellt. Heidi zwingt auch Peter zum Lernen der Buchstaben. Lesen lernen ist mit Disziplin und Druck verbunden und steht in engem Zusammenhang mit der Stagnation der Großstadt. Die von der Großstadt ausgehende Alphabetisierung wirkt sich nicht nur positiv auf die Gesundheit aus, sondern ist auch mit dem kränklichen Charakter der Großstadt verbunden. So verdoppelt die Alphabetisierung das Bild der Großstadt. Der Rollstuhl und die Alphabetisierung gehen zwar in „Heidi“ von der Großstadt aus. Aber sie gehören nicht zur modernen Technik, so dass sie die Entgegensetzung von Natur und Großstadt relativieren können. Dies zeigt, dass es nur ein einseitiges Verständnis ist, „Heidi“ einfach als moderne Kritik an der Moderne zu betrachten. Dies könnte generell für die Heimatliteratur gelten, weil die aus der Sicht der Moderne gebildete Entgegensetzung von Natur und Großstadt die Grundstruktur der Heimatliteratur ist. Dann müsste auch die Frage danach gestellt werden, was in „Heidi“ im Vergleich zu anderen Werken der Heimatliteratur charakteristisch ist.
著者
竹岡 健一
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.164, pp.41-57, 2022 (Released:2023-08-06)

Unter den Werken von Karl Aloys Schenzinger ist „Anilin“ (1937) weniger bekannt als „Der Hitlerjunge Quex“ (1932), das als ein Beispiel typisch nationalsozialistischer Literatur gilt. Aber wenn man den Blick auf die Gesamtauflage innerhalb der Jahre 1933 bis 1944 richtet, findet man sie in umgekehrter Position. „Anilin“ wurde mit der Auflage von 920.000 fast dreifach mehr als „Der Hitlerjunge Quex“ verkauft und gehört zu den Topsellern der NS-Zeit. In diesem Sinne ist gerade „Anilin“ ein repräsentatives Werk, sowohl für Schenzinger als auch für die NS-Zeit. Trotzdem blieb das Werk bisher in der Forschung über die Literatur in der NS-Zeit außer acht. Vielleicht waren seine technologischen Themen in bezug auf die deutsche Chemie oder die deutsche Farbenindustrie nicht in die Kategorie der sogenannten nationalsozialistischen Literatur einzuordnen, zu der hauptsächlich Propaganada-, Kriegs- und Blut-und-Boden-Literatur gehören. In diesem Sinne sollte der Hinweis von Tobias Schneider Beachtung finden, dass die mit der Überschrift wie „Literatur in Nazi-Deutschland“ oder „Literatur im Dritten Reich“ versehenen Forschungen ihren Gegenstand eng begrenzten, und dass die „NS-Literatur“ als die „Literatur im Dritten Reich“ erst durch solche Forschungen etabliert wurde. Natürlich bedeutet das nicht, dass „Anilin“ bisher nicht betrachtet wurde. Es gibt zwar verschiedene Hinweise auf die Beziehung zwischen dem Werk und dem Nationalsozialismus. Aber dabei wurde das Wesen des Werks nicht klar formuliert, weil die historischen Tatsachen der im Werk auftretenden Chemiker, chemischen Industrien und deren Erfindungen oder Entdeckungen nicht genau in Betracht gezogen wurden. Nach der Meinung des Verfassers ist dieses Werk keine einfache Geschichtsschreibung. Der Kern des Werks liegt in der Beschreibung der Zeit des Dritten Reichs am Ende der Geschichte. Ein klarer Beweis dafür ist, dass die Handlung in bezug auf das Anilin im sechsten Teil zu Ende kommt. Der beachtenswerteste Punkt des Werks ist also der siebte Teil, der extra hinzugefügt wurde, obwohl er dem Titel nach eigentlich entbehrlich ist. So wird in dem vorliegenden Aufsatz durch die genaue Betrachtung dieses Punktes klargemacht, dass dieses Werk nicht ein populärwissenschaftlicher Roman, sondern ein Roman mit starkem politischem Charakter ist. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
川島 隆
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.158, pp.90-103, 2018 (Released:2020-03-15)

In ihrem Essay Questions of travel: Postmodern discourses of displacement (1996) kritisierte Caren Kaplan die Polarisierung von „tourism“ und „exile“ in der Forschung, in der ein einsamer, entfremdeter Emigrant zur idealen Künstlerfigur der literarischen Moderne stilisiert wird, während die Reisen der Touristen in der modernen Gesellschaft als bloß banale, kapitalistische Vergnügungen abgewertet werden. Kaplans Kritik gilt auch der postmodernen Theorie der „déterritorialisation“, die Gilles Deleuze und Felix Guattari vor allem in Kafka: Pour une littérature mineure (1975) entwickelten, indem sie die konkreten gesellschaftlichen Bedingungen realer Nomaden außer Acht lassen. Kaplan zufolge privilegieren die postmodernen Theoretiker die nomadenhafte Existenz im Exil bzw. in der Diaspora so, dass sie schließlich dem idealisierten Bild des Emigranten der modernen Literatur ähnlich wird. In der vorliegenden Arbeit möchte ich den Roman Der Verschollene (1912–1914), der bisher in der Forschung oft als typisches Beispiel einer deterritorialisierten Literatur mit einem nomadenhaften Helden gelesen wurde, anders zu lesen. Der Protagonist Karl Roßmann verhält sich danach nicht so sehr wie ein eigentlicher Emigrant, sondern vielmehr wie ein Tourist. Er sieht, was ihm sein Onkel Jakob vorwirft, die Großstädte in Amerika stets aus dem Blickwinkel eines „Vergnügungsreisenden“. Dadurch, dass der Leser mit der Hauptfigur diese Perspektive teilt, entsteht der durchgehend bewegliche und schwebende Eindruck dieses Romans. Auch im Vergleich mit dem Reisebericht Amerika — heute und morgen (1912) von Arthur Holitscher, einer der wichtigsten Vorlagen des Romans, tritt der touristenhafte Charakter Karl Roßmanns deutlich zutage. Während Holitscher in seinem Reisebericht die Integration der – vor allem jüdischen – Immigranten aus vielen Ländern in die amerikanische Gesellschaft plastisch darstellt, scheitert der von allem Jüdischen „emanzipiert“ habende Held Kafkas gerade bei diesem Integrationsprozess, weil er nicht imstande ist, die Position eines Touristen aufzugeben und sich wie ein wirklicher Immigrant zu verhalten.
著者
菊池 良生
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.72, pp.11-19, 1984

Das Wort Epigone bedeutete urspr&uuml;nglich nur Nachkommen und beschr&auml;nkte sich auf die genealogische Sph&auml;re. Also hatte es fr&uuml;her keine pejorative Bedeutung. Aber nach der Erscheinung von Karl Immermanns Roman &ldquo;Die Epigonen&rdquo; erf&auml;hrt der Epigonenbegriff seine Umdeutung. Ein W&ouml;rterbuch sagt, ein Epigone sei der, &ldquo;der ein Vorbild ohne eigene sch&ouml;pferische Kraft nachahmt&rdquo;. Dieser umgedeutete Epigonenbegriff wurde rasch in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts verbreitet. Diese Aufnahme und Verbreitung des umgedeuteten Begriffs h&auml;ngt eng mit der f&uuml;hrenden Literaturtheorie des 19. Jahrhunderts zusammen, -der Theorie, die &ldquo;eine Originalit&auml;t an und f&uuml;r sich staturiert und den Begriff geistiger Tradition nur h&ouml;chst bedingungsweise anerkennt&rdquo; (Hofmannsthal). Aber in letzter Zeit ist dieser Epigonenbegriff gr&uuml;ndsatzlich in Frage gestellt worden. Friedrich Sengle sagt: &ldquo;Wir sind im Laufe der Zeit mit der Anwendung dieses Begriffs vorsichtiger geworden, denn wir haben durch die Betrachtung der &auml;lteren Kulturen erkannt, da&szlig; es zur Hervorbringung gro&szlig;er Werke keiner bewu&szlig;ten Originalit&auml;t bedarf.&rdquo; Aber was ist die Originalit&auml;t in der Literatur?<br>Es wird immer behauptet, Heinrich Leuthold stehe ganz in der Nachfolge Platens und sein Genuva-Sonett entspreche ganz dem Venedig-Sonett Platens. So gilt Leuthold als einer der Platenepigonen: er ahmte Platen durchaus ohne eigene sch&ouml;pferische Kraft nach. Aber was ist eine Nachahmung? Diese Frage zieht eine wichtigere Frage nach: Was bedeutet die alte ber&uuml;hmte These &uuml;ber den Umschlag von der Nachahmung zur Originalit&auml;t?<br>Anhand eines Vergleichs zwischen dem Venedig-Sonett von Platen und dem Genuva-Sonett von Leuthold, -wobei in beiden Dichtungen die Hauptstr&ouml;mung der deutschen Lyrik des 19. Jahrhunderts umgangen wurde und ein Weg zu der alexandrinischen Lyrik des 20. Jahrhunderts f&uuml;hrte, -er&ouml;rtert der vorliegende Aufsatz den Umschlag von der Nachahmung zur Originalit&auml;t.
著者
中村 寿
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.154, pp.176-194, 2017-03-25 (Released:2018-03-31)

Selbstwehr—Unabhängige jüdische Wochenschrift (1907–1938) war eine deutschsprachige jüdische Zeitung, die ihren Sitz in Prag hatte. Selbstwehr definierte sich zwar als jüdische Zeitung, war jedoch tatsächlich eine zionistische Propagandazeitschrift, d. h. sie propagierte den Nationalismus des jüdischen Volkes. Im Gegensatz zum herkömmlichen Judentum versuchte der Zionismus bzw. das „Nationaljudentum,“ wie seine Anhänger es nannten, die Juden als anderen Völkern gleichberechtigt gegenüberzustellen, indem die jüdische Identität nicht nur als religiös, sondern auch als national interpretiert wurde. Diese Zeitung wird oft im Zusammenhang mit der Prager deutschen Literatur von der Jahrhundertwende bis zur Mitte der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts erwähnt. Der Grund dafür könnte sein, dass Kafkas Vor dem Gesetz und andere kurze Stücke in und nach der Kriegszeit des Ersten Weltkriegs erstmals dort veröffentlicht wurden. Deshalb waren es die Kafka-Forscher, die Selbstwehr in die Diskussion der Germanisten eingeführt haben. Laut Binder gibt es außer Selbstwehr zudem keine Zeitschrift, die in Kafkas Tagebüchern oder Briefen so oft erwähnt wird. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
吉田 治代
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.154, pp.82-102, 2017-03-25 (Released:2018-03-31)

Ernst Blochs Utopie mit ihrem ‚religiös-marxistischen‘ Impetus ist im späten 20. Jahrhundert in Verruf geraten. Entsprechend der berühmten Interpretation von Karl Löwith, dass das Dritte Evangelium von Joachim von Fiore sowohl als die Dritte Internationale wie auch als das nationalsozialistische „Dritte Reich“ erscheine, haben Kritiker wie K. Vondung und N. Bolz Blochs Geist der Utopie mit dem „apokalyptischen Geist“ und somit dem „philosophischen Extremismus“ identifiziert und – genauso wie Nationalismus / Faschismus – mitverantwortlich für die Katastrophen des 20. Jahrhunderts gemacht. Dass es sich hier um eine voreilige Kritik handelte, lässt Siegfried Kracauers Einschätzung des Blochschen Denkens erkennen. Auch er fand zwar in Blochs Büchern Geist der Utopie (1918) und Thomas Münzer (1921) zunächst das Manifest eines „religiösen Kommunismus“ und kritisierte, dass Bloch die politische Utopie der klassenlosen Gesellschaft mit der apokalyptisch-eschatologischen Erwartung verschränkt habe. Gegen Ende der 1920er Jahren hat Kracauer jedoch eine weitaus differenziertere Sicht entwickelt. Er sieht beim linken Philosophen einen konservativen Zug, indem dieser die Dinge nicht nur „entschleiern“, sondern auch „bewahren“ will. Damit trifft Kracauer genau das Motiv des Buches Erbschaft dieser Zeit (1935). „Zum utopischen Ende stürmen“ einerseits und andererseits „in der Welt verweilen“, „alles Gewollte, Gedachte und Geschaffene einsammeln“ – das gehört bei Bloch zusammen, und Kracauer nennt in den späteren Jahren Blochs Utopie „eine bewahrende“. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
針貝 真理子
出版者
日本独文学会
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:24331511)
巻号頁・発行日
vol.156, pp.192-207, 2018 (Released:2019-03-31)

René Pollesch, einer der brisantesten Regisseure und Dramatiker im deutschen Gegenwartstheater, ist seit 2001 vor allem an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz tätig. Er bemüht sich um theatrale »Widerstands­prak­tiken« in der postfordistischen Kontrollgesellschaft. Denn es waren eben Künstler, die einen postfordistischen Arbeitsstil vorwegnahmen. Dieser Aufsatz behandelt Polleschs Stück »Stadt als Beute« (2001) in der »Prater Trilogie«, das sowohl als Theatertext als auch Inszenierung hochgeschätzt wurde. Polleschs Theaterarbeiten gelten als zentral für die Praxis des postdrama­tischen Theaters, dessen Konzept der Theaterwissenschaftler Hans-Thies Lehmann anhand von Heiner Müller entwickelt hat. Um die Arbeit Polleschs in der Theater- und Literaturgeschichte zu verorten, verdeutlicht dieser Aufsatz zunächst mit einem Vergleich zwischen Müllers »Die Hamlet­maschine« und Polleschs »Stadt als Beute« die Einflüsse von Müllers Arbeit auf Polleschs Textstil. Das wichtigste Merkmal, das beide Theatertexte teilen, ist die Einflechtung des Körpers der Schauspieler in die schriftlichen Texte. Die spielenden Körper tauchen in beiden Theatertexten als Lücken auf: Ohne den Auftritt der spielenden Körper entwickeln die Texte nicht ihre Wirkung. In einem zweiten Schritt wird die Aufführung von »Stadt als Beute« analysiert. Die Wohnung, die der Bühnenbildner Bert Neumann auf der Bühne errichtet hat, wird als Nicht-Ort im Sinn von Marc Augé konzipiert. An jenem Nicht-Ort wird gezeigt, wie die Körper und der Ort der Bewohner durch globales Marketing ausgebeutet werden. So werden sie zu einem Teil der globalen Ökonomie. Pollesch ist sich dabei völlig bewusst, dass auch das Theater selbst nicht außerhalb der globalen Ökonomie existieren kann. Er stellt sich somit die Aufgabe, das Theater nicht mehr als Forum oder Spiegel der Außenwelt fungieren zu lassen, sondern das Theater zu einem Ort zu machen, »an dem die Wirklich­keit anders vorkommt«. Auf diese Weise versucht er, »Kunst zu politisieren, und damit das Publikum«. Lehmann zufolge will das postdramatische Theater seine politische Praxis nicht durch die Repräsentation bereits gegebener politischer Ereignisse, Meinungen oder Ideologien durchführen, die zumeist nur als »Bestätigungsritual schon Überzeugter« fungieren können. Das Politische des postdramatischen Theaters kann seine künstlerische Qualität nur dann entfalten, wenn es durch das »Aussetzen« bzw. Unterbrechen »der normierten, rechtlichen, politischen Verhaltensweisen selbst« die im Alltag unsichtbare Regel sichtbar macht. Um den Ort, an dem die Wirklichkeit anders vorkommt, und das Politische des postdramatischen Theaters von Pollesch zu beleuchten, ist es unent­behrlich, nach den Orten der darstellenden Körper zu fragen. Obwohl die Darstellenden auf ihre Orte während des Spiels mit »hier« oder »da« verweisen, werden ihre Körper beständig vermarktet und an Nicht-Orte geliefert. Die Amorphie ihrer Orte ist im Wort »Gas« ausgedrückt. »Gas« ist auch der Begriff, den Deleuze wählt um die neue Form der Kontrolle in der »Kontrollgesellschaft« zu beschreiben, eben jene »Unternehmen«, die anders als Fabriken oder Gefängnisse keine Körper mehr einschließen. Die Schau­spieler bei Pollesch, die sich in ihrer Bühnenarbeit tatsächlich postfordistisch verkaufen, werden nicht einseitig kontrolliert, sondern sie benehmen sich gleichzeitig selbst wie »Unternehmen«. Ihr kontrollierendes »Gas« sind hierbei die eigenen Stimmen der Darsteller, die sie sowohl rezipieren, als auch hervorbringen. (View PDF for the rest of the abstract.)
著者
川中子 義勝
出版者
JAPANISCHE GESELLSCHAFT FUER GERMANISTIK
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.87, pp.12-22, 1991

Das Ringen um die neue biblische Hermeneutik im 18. Jahrhundert wird am besten durch die <sub>"</sub>Neologie" charakterisiert. Mit den Neologen beginnt der Weg der von der aufklärerischen Vernunft geförderten exegetischen Wissenschaft. Damit beginnt aber auch die Selbstentfremdung der Theologie gegenüber den kirchlichen Überlieferungen. Denn sie verleihen dem traditionellen Gedanken der Offenbarung etwas Subjektiv-Willkürliches, indem sie die orthodoxe Inspirationslehre durch die Illumination der Vernunft ersetzen. Der auslegende Mensch mit seiner historisch-kritischen Methode ist nun im Verhältnis zur Bibel die maßgebende Autorität. So entfernt er sich von der Reformation dadurch, daß er das Wort Gottes für eine ewige <sub>"</sub>moralische" Vernunftwahrheit hält.<br>Von diesem neologisch-aufklärerischen Standpunkt aus ist es schwierig geworden, das Alte Testament positiv zu bewerten, welches somit höchstens zu einer sehr mangelhaften Vorstufe der neutestamentlich-<sub>"</sub>rationalen" Wahrheit erklärt wird, oder sogar als ein Haufen von Widersprüchen zurückgewiesen. Damit wäre die altkirchliche Verbindung von Altem und Neuem Testament beinahe verloren gegangen.<br>Hamann bekämpfte eine solche Tendenz der Bibelhermeneutik das ganze Leben hindurch aufs heftigste. Dabei ist zu bemerken, daß er das Alte Testament immer sehr hoch schätzte, was vielen Zeitgenossen ein Ärgernis war.<br>1784 verfaßte Hamann <sub>"</sub>Golgatha und Scheblimini" und behandelte darin eben dieses Thema: die Bedeutung des Alten Testaments. Mit dieser Schrift kämpfte er gegen Mendelssohn. Dieser hatte sich in seiner 1783 erschienenen Schrift <sub>"</sub>Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum" bemüht, die politische Emanzipation des jüdischen Volks dadurch zu erreichen, daß er zwischen Judentum und Aufklärung vermittelte. Dabei versuchte er die vernünftig-natürliche von der geschichtlich-positiven Religion zu unterscheiden und das Judentum mit der ersteren zu identifizieren.<br>Im ersten Teil dieser Schrift unterscheidet Mendelssohn-auf Grund seines Dualismus von Handlung und Gesinnung-Staat und Religion. So sichert er sich den Ort des Gewissens. Dort habe die Gesinnung mit dem <sub>"</sub>Stand der Natur" zu tun. Mit seiner aufklärerischen Auffassung vom Naturzustand behauptet er, daß die jüdischen Gesetze mit dem <sub>"</sub>Naturrecht" übereinstimmten, das nicht zeitlich-geschichtlich begrenzt, sondern zu alien Zeiten und an alien Orten verständlich sei. Er erklärt somit das Judentum zur universalen Vernunftwahrheit.<br>Hamann kritisiert, daß der Jude Mendelssohn gerade dasselbe tut, was die Neologen ihrerseits im Christentum dem Alten Testament gegenüber tun. Denn Mendelssohn ignoriere die biblische Schöpfungsgeschichte, indem er vielmehr die aufklärerische Auffassung von der Natur und der Gesellschaft in seiner Darlegung voraussetze. In der Schöpfung ist der Mensch im Naturzustand schon <sub>"</sub>Pflichtträger der Natur". Der Mensch ist somit von seinem Ursprung her sittlich bestimmt und trägt die Verantwortung für alle Kreaturen. Nach Mendelssohn ist es aber ein Naturgesetz, daß der Mensch, der im Stande der Natur unabhängig, niemandem verpflichtet und Herr über das Seinige sei, sich alles als Stoff für seine Entwicklung verfügbar macht. Solch eine unbegrenzte Selbsterweiterung entspricht aber eben dem Geist des Königs von Preußen. Hamann durchschaut, daß der Aufgeklärte Absolutismus und der damalige Rationalismus gleichen Ursprungs sind, und daß Mendelssohn, ohne es selbst zu wissen, die despotische Herrschaft in Preußen gerade mit seinem Befreiungsprogramm des jüdischen Volks unterstützt.
著者
飯吉 光夫
出版者
JAPANISCHE GESELLSCHAFT FUER GERMANISTIK
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.54, pp.64-70, 1975-03-31 (Released:2008-06-30)

In seinem Essay “Wie entsteht ein Gedicht” hat Walter Höllerer offensichtlich einen Punkt erreicht, wie er sonst nur im Gedicht vorkommt. Dies geschah, als er gegen Schluß des Vortrages eine ganz bescheidene Bemerkung machte.Im Grund habe ich alle Gedichte aus Anlaß von Ungelegenheiten geschrieben.An einem Beispiel-Gedicht erklärt er eine solche “Ungelegenheit”; 1943 beobachtete er von einem LKW aus die Erschießung von ungefähr 20 griechischen Geiseln und mußte trotzdem vorüberfahren. Das Gefühl der Hilflosigkeit führt zum Zweifel und zur Verstörung. Alles verändert sich. Überall sieht er Veränderung.Diese Erfahrung wird in dem Gedicht berichtet, das mit der Strophe anfängt: Ich sah ich hörte Reih'n, gebückt, Gesichter, Und Pfiffe, Rufe-laß vorübergehn, Und flog vorbei.Im Vortrag wird aber auch berichtet, daß es sehr lange dauerte, bis das Gedicht zustande kam. Um die grausame Wirklichkeit zum Ausdruck zu bringen, muß er so nah wie möglich bei der Wahrheit bleiben und die Zeit abwarten.Zwischen der “Ungelegenheit” in der vergangenen Wirklichkeit und der Gelegenheit zum Dichten liegt für ihn ein enormer Zeitraum, wo er Strophen mehr als 20mal umschreiben und letzten Endes aufgeben muß, um das wahre Gedicht zu schreiben.Walter Höllerer, dem Namen nach Teufel in der Hölle, scheint aber doch ein großer Erlkönig zu sein, da er doch die Gelegenheit sowie die Ungelegenheit beim Schwanz packt. Eine Gelegenheit wie die Meldung von Gagarins-um-die-Erde-Herumrasen gibt ihm den Anlaß, das Gedicht nach 18 Jahren zu Ende zu führen.Interessant ist es zugleich, wie er Sinn dafür hat, solche “Ungelegenheiten” auch in der Nachkriegszeit überall zu spüren. In diezem Sinne ist er auch “le maudit”, oder der “poete maudit”. Nicht nur auf dem Schlachtfelde, sondern auch in der friedlichen Alltagswelt nach dem Kriege findet er überall derartige Schimären. Wenn er von “Grauen/Und Idyllenbilder wechseln ab in Germany” spricht, ist dies Germany ohne Zweifel ein Land mit zugespitzter Rationalität. In seinem 3. Gedichtband “Systeme” kreischen die Maschinen der technokratischen Systeme, und wie im bewußtlosen Gedränge weiß man nicht, ob darunter auch ein wirkliches Kreischen, d. h. ein menschlicher Schrei, zu hören ist.Man könnte die Gedichte W. Höllerers als trocken und stockend abtun. Sachlich und lakonisch, sind sie aber eine strikte Poesie, die in dem Maße wahrheitsgetreu sein will, wie sie sich mit der Wirklichkeit messen kann. Der Stoff seiner Gedichte, nämlich die Sprache, ist so haltbar wie gegenständliches (wirkliches) Material, daß man von poetischem Materialismus sprechen könnte. In dieser Hinsicht könnte man ihn als Nachfolger Büchners in unserer Zeit bezeichnen, der die Hilflosigkeit und Ratlosigkeit, kurzum die Einsamkeit eines jeden bis zur tiefsten Konzequenz herausstellen und sie somit irgendwie überwinden will.
著者
桑原 ヒサ子
出版者
JAPANISCHE GESELLSCHAFT FUER GERMANISTIK
雑誌
ドイツ文学 (ISSN:03872831)
巻号頁・発行日
vol.75, pp.26-35, 1985-10-01 (Released:2008-03-28)

Diese Arbeit ist ein Versuch, durch die Analyse der dramatischen Werke Th. Bernhards seine Weltanschauung, seinen Appell an die Zuschauer und zugleich den Hintergrund seiner umfangreichen Produktivität herauszu-arbeiten. Als Haupttext wird hier "Der Präsident“ (1975) untersucht, das letzte Stück der seit dem ersten Theaterstück "Ein Fest für Boris“ (1970) fünfjährigen dramatischen Schaffensphase, in der Bernhard trotz der heftigen Ablehnung bei den Erstaufführungen schließlich großen Erfolg hatte.Beim Lesen der dramatischen Werke, die aus uferlosen, monomanischen Monologen der Hauptfiguren bestehen, hat man den folgenden Eindruck: je tiefer man in den Text eindringt, desto mehr wird man irritiert. Für das Verständnis seiner Welt bringt es nichts, oberflächlich den Gang des Texts mitzuvollziehen, sondern es kommt vielmehr auf das Entziffern der Metaphern an, die einen großen Teil der Spielschlüsse bilden. "Der Präsident“ besteht aus den großen Monologen des Präsidenten und seiner Frau, die Terrorangriffen ausgesetzt sind. Aber es wäre kurzschlüssig, wenn man das Stück für ein politisches hält, vor allem in bezug auf die gesellschaftliche Situation damals, als "Der Präsident“ uraufgeführt wurde. Zum Verständnis des Stücks ist eine doppelte Transposition erforderlich: von politischer Metaphorik auf Denkformen, und diese erst sind zu begreifen als Reflex der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Geht man mit dem Blick auf die Metaphern auf dieses Stück zu, die teilweise auch in den anderen Werken Bern-hards wiederholt aufgenommen sind, ergibt sich deutlich: der Präsident vertritt die Kraft der sozialen Integration wie früher die Kirche, die absoluten Gehorsam erzwang, ohne die Menschen nachdenken oder die Wahrheit erkennen zu lassen. Sein Sohn, der als Anarchist seinen Vater ermorden wird, verkörpert die kommende Generation, die die Lüge der lähmenden Ordnung des Präsidenten erkennt. Durch das Erkennen der Wahrheit gerät man aber in eine ausweglose Isolation. Diese Isolation, die jede Hauptperson seit dem Figurenentwurf vom Maler Strauch im Erstlings-roman "Frost“ erlebt, -es ist im hier behandelten Text die Präsidentin, die die Isolation erleidet-hat als Hintergrund die Geschichte eines Aufklärungsprozesses: im modernen Zeitalter hat der Mensch durch die Aufklärung den subjektiven Geist von der Natur emanzipiert und subjektive Freiheit im gesellschaftlich-politischen Bereich verwirklicht. Aber unter der Massendemokratie der hochindustrialisierten Gesellschaft ist kein Mensch mit eigenständigem Denken mehr erwünscht, sondern nur der funktionalisierte Mensch, der nicht mehr in der Lage oder willens ist, das Ganze in seinen Zusammenhängen zu betrachten. Die Qual und Einsamkeit der Hauptpersonen kommt aus ihrer Einsicht in diese problematische Wirklichkeit. Sie kritisieren nicht nur die Systeme, die das Bewußtsein des Menschen vernichten, sondern auch die Menschen, die sich ihrer selbst nicht mehr bewußt sind. Wer einmal die Lüge des gesellschaftlichen Systems begreift, kann nicht mehr in dem bisherigen Lebenszusammenhang bleiben, für den gibt es keinen Orientierungspunkt hinsichtlich der Wertsetzung im Leben mehr. In diesem ausweglosen Zustand bleibt als Form des Wider-stands für ihn nichts anderes übrig, als sich bis zum Tod mit sich selbst und der Außenwelt zu konfrontieren und immer mehr über sich zu reflektieren, woraus der monomanische, uferlose Monolog entspringt. Diese unmensch-lichen Bemühungen erinnern an das Los des Sisyphus. Nach Camus liege seine Tragik darin, daß er selbst seine absurde Wirklichkeit genau kenne.