- 著者
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瀬川 裕司
- 出版者
- Japanische Gesellschaft für Germanistik
- 雑誌
- ドイツ文學 (ISSN:03872831)
- 巻号頁・発行日
- vol.94, pp.64-75, 1995-03-01 (Released:2008-03-28)
Bald nachdem die Kinematographie im Jahre 1895 erfunden wurde, schauten sich die "Filmpioniere“ der ersten Stunde auf literarischem Felde und beim Theater nach geeigneten Stoffen um. Dabei waren die damaligen Filmstreifen allerdings noch zu kurz, um ihnen die Verfilmung ganzer Werke zu ermöglichen. Die Realisierung von Langzeitfilmen moderner Machart gelang erst um 1910. Bekannte Theaterschauspieler wurden verpflichtet, und man konnte nun anhand literarischer Vorlagen mit einer solchen Schauspieler-Besetzung sogenannte "Kunstfilme“ produzieren. In der Gegenrichtung dienten zahlreiche Filme aber auch als Romanvorlagen. Eine Reihe von Drehbüchern wurde darüber hinaus als Bühnenfassung adaptiert. Nicht wenige Schriftsteller beteiligten sich als Drehbuchautoren an diesem neuen Medium, und gar mancher führte selbst Regie.Peter Handke, der Drehbücher für Wim Wenders schrieb und bislang vier Filme selbst gedreht hat, ist als ein Literat anerkannt, der den Einfluß des Films auf den Prozeß des Schreibens als selbstverständlich postuliert. Bei Literaturverfilmungen wird zumeist die Frage der "Originaltreue“ diskutiert, doch bei Handke muß dagegen schon im Ansatz von einer ganz eigentümlichen Verbindung zwischen Literatur und Film ausgegangen werden. In diesem Aufsatz wird die Frage der künstlerischen Intention Handkes beleuchtet, die seinem Prosawerk "Die Abwesenheit“ und dem von ihm gedrehten, gleichnamigen Film innewohnt.Seine Erzählung "Die Abwesenheit“ hat der Schriftsteller als eine Art "Märchen“ konzipiert. Handke führt seine Figuren wie filmische Bildfolgen zunächst im Präsens vor. Dabei werden in gleichsam langsamen Kamera-Schwenks leere Landschaften gezeigt. Die Figuren und Orte tragan keine Namen. Sie scheinen auch keine Vergangenheit aufzuweisen. Die Personen brechen aus der Zivilisation auf in die existentielle "Abwesenheit“, ins imaginäre Zwischenreich. Sie folgen ihrer Sehnsucht, "im Unterwegssein zu Hause sein“ zu wollen-einem Motiv, das uns aus Handkes Werken und Wenders' Filmen bereits vertraut ist. Verbindungen und Bande bleiben lose geknüpft, und die Figuren führen kaum ein Gespräch miteinander. Wenn sie überhaupt einmal reden, entwickelt sich stets ein recht langer esoterischer Monolog. Handke zeichnet Landschaften im Detail auf, aber seine Menschen erscheinen seltsam und auffallend leblos. Die Erzählung "Die Abwesenheit“ liest sich wie ein Drehbuch, in dem Menschen sich gespenstisch vor den Kulissen bewegen. Überraschenderweise wechseln in der Mitte die Erzähltempora: Präteritum und Perfekt dominieren, und der in der ersten Hälfte objektive Er-Erzähler verlegt sich darauf, gleichzeitig als namenloses "wir“ auf die Vergangenheit zurückzublicken. Der Leser gewinnt den Eindruck, inmitten der Handlung sei plötzlich ein anonymer Narrator aufgetreten. Es ist bis zum Schluß der Erzählung nicht auszumachen, wer dieser Erzähler sein könnte, und die Geschichte an sich endet ohne jeden nennenswerten Höhepunkt. Die Reisenden haben schließlich weder etwas erreicht, noch etwas gefunden. Bei diesem Märchen handelt es sich um einen modernen, zeitgemäßen Entwicklungsroman, in dem die Hauptfigur kein festes Ziel verfolgt und sich auf der Reise kaum entwickelt oder herausbildet. Es geht hier nicht etwa darum, eine wechselvolle Geschichte zu erzählen, sondern alles scheint darauf ausgerichtet zu sein, leere, klare und labyrinthische Landschaften anzubieten, in denen der Leser von sich aus etwas zu finden vermag.